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Sean Simpson (56) ist der grosse, verkannte Trainer unseres Hockeys. Keiner hat grössere Erfolge zu verzeichnen als er: Meister mit Zug (1998), Sieger der Champions League, Triumphator über die Chicago Black Hawks im Victorias Cup und schliesslich 2013 in Stockholm «Silberschmied» mit der Nationalmannschaft.
Wie kann es sein, dass der Kanadier in der Schweiz keinen Job mehr gefunden hat, der zu seiner Schuhgrösse passte? Dass er nicht einmal mehr richtig ernst genommen wurde?
Sean Simpson ist kein Diplomat. Und so ist er der verkannteste Trainer im Land geworden. Der Verband schaffte es nicht, seinen Vertrag nach dem Silber-Wunder von 2013 zu verlängern – eine der grössten der vielen Verbandstorheiten der letzten Jahre. Das Scheitern in der KHL (Jaroslawl) war programmiert, da konnte er nichts ausrichten und eine schöne Abfindung versüsste ihm das frühe Scheitern nach nur ein paar Wochen.
In Kloten ist Sean Simpson nie angekommen. Er ersetzte während der Saison den «Dorfheiligen» Felix Hollenstein und ist in dieser Organisation immer ein ungeliebtes Stiefkind geblieben. Von oben eingesetzt, von der Basis abgelehnt und vom Naturell her für die Kloten Flyers in der Doppelrolle Sportdirektor/Sportchef denkbar ungeeignet.
Sean Simpson ist ein Bandengeneral im besten Wortsinne. Ein grossartiger Taktiker (deshalb hat er unsere Nationalmannschaft ins WM-Finale gebracht), der alles dem Erfolg unterordnet. Will heissen: er bildet keine Spieler aus. Junge Spieler können bei ihm durchaus Karriere machen – aber dann müssen sie selbständig, selbstsicher und selbstkritisch zugleich sein. Wie Nordamerikaner. Aber Egos streicheln ist nicht Sean Simpsons Ding. Er will gewinnen und erwartet, dass auch alle anderen dies wollen und dafür alles tun. So gesehen ist er der perfekte Nationaltrainer – und der perfekte Coach für ein erfolgsorientiertes Hockeyunternehmen wie...die Mannheimer Adler.
In Kloten zerbrach er am Widerspruch, der diese Organisation fast ruiniert hat: Den arroganten, steinreichen Besitzern fehlte jegliche Sensibilität für unser Hockey (und für die dörfliche Kultur des Klubs) und die Geduld, die es im Sport nun eben braucht. Sie wollten den Erfolg kaufen (wie sie wohl auch sonst alles kaufen) und merkten nicht, dass in Kloten die Hege und Pflege der Nachwuchsorganisation und die Rücksicht auf die zahlenden Kunden (die Zuschauer) auch Teil der Unternehmens-Strategie sein müssten. Sean Simpson war, weil von diesen Besitzern ins Amt eingesetzt, so unbeliebt wie ein Wallstreet-Banker als Verlagsleiter der WOZ.
Mit den Mannheimer Adlern, dem SC Bern des deutschen Eishockeys, bekommt Sean Simpson endlich wieder ein Hockeyunternehmen, das auf ihn zugeschnitten ist. Ja, Mannheim ist sogar noch kompromissloser auf Erfolg ausgerichtet als der SC Bern. Die Deutschen werden mit seinem bisweilen grantigen Wesen und Wirken viel besser zurechtkommen als die Klotener, mit seinem Flair für schwarzen Humor hat er gar das Potenzial zum Kultstatus.
Den Zweijahresvertrag wird er mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erfüllen. Er wird den Adlern wieder Flügel machen. Die Hockeykompetenz des Kanadiers ist unbestritten. Es gibt ausserhalb der NHL nicht viele Coaches, die so viel über Eishockey und so viel über die Kunst des Siegens wissen wie Sean Simpson. So gesehen kann er in Mannheim durchaus so etwas wie ein «Ottmar Hitzfeld des Eishockeys» werden. Die Deutschen vergleichen ja sowieso alles mit dem Fussball.