Hohl, naiv, oberflächlich und kosmetisch allerlei verschönert – das empfindet doch der Grossteil, wenn er an Spielerfrauen denkt. Neben der jubelnden Stiletto-Tussi mit fehlendem Intellekt werden die Partnerinnen der Fussballer auf «die Frau des Spielers» reduziert. Sie sind Accessoire. Bloss Anhängsel.
Während der Europameisterschaft werden nicht nur die Fussballer alle Blicke auf sich ziehen, auch deren Gattinnen werden im Blickfeld sein. Frauen sehen sie als Stilvorbild oder als Lästervorlage. Für Männer sind sie Hingucker und den Klatschheften bieten sie allerlei Futter.
Schon im Voraus fragten diverse Portale: Wer ist die heisseste Spielerfrau der EM? Doch woher kommt eigentlich der Begriff «Spielerfrau» und weshalb werden die meist schönen Begleiterinnen derart stereotypisiert (und das erst noch im 21. Jahrhundert)?
Das schlechte Image der Spielerfrau ist keine neumodische Erscheinung. «Die Anhängsel» waren quasi von Anfang an negativ konnotiert. Und der Anfang ist nicht etwa Victoria Beckham – auch wenn sie sozusagen als Mutter der Spielerfrauen hergenommen wird. Italia Walter (1921 bis 2001), die Frau von Fussball-Legende Fritz Walter, gilt als Ur-Spielerfrau.
Sie war seine Managerin, machte den schüchternen Fritz zur Werbe-Ikone, redete ordentlich mit. Die Spielerfrau-Typologie. Doch dann kam das Ex-Spice-Girl. Für die meisten ist Beckham der Inbegriff der Spielerfrau. In England gehören die «Wags» (wives and girlfriends, Frauen und Freundinnen) quasi zum Kulturgut. Die Berichterstattung über das Privatleben der Profis kennt auf der Insel kaum Grenzen.
Die Verschmelzung von Victoria und Fussballer David Beckham machte die beiden zu einer starken Marke, ähnlich wie Brangelina wurden sie zu einer Symbiose. Zusammen noch bekannter, pushten sie sich gegenseitig hoch. Der «Guardian» bezeichnet die Frau von Wayne Rooney, Coleen Rooney, als «nationaler Schatz». Im Buch «Im nächsten Leben werd’ ich Spielerfrau» schreibt die Journalistin Christine Eisenbeis: «Coleen Rooney ist die erste Frau, der es gelungen ist, ihr Dasein als Spielerfrau zum Beruf zu machen.»
Sie wurde vom Schulmädchen aus Liverpool zur Mode- und Stilikone. Es ist nicht abzustreiten, dass Fussballer auf schöne Frauen stehen. Und sie bekommen sie auch. Im Gegenzug dazu erhalten die jungen Damen ein Luxus-Jetset-Leben in der Öffentlichkeit. Volltreffer also für beide. Zynisch könnte man sagen, es harmoniert wohl, weil die anfangs erwähnten (klischeehaften) Attribute ebenso auf Fussballer zutreffen.
Müsste man die Spielfrauen typologisieren, gebe es wohl drei Gruppen. Die Berühmten sind jene Frauen, die eine eigene Karriere verfolgen und auch ohne ihren Fussballgott durchstarten. Hierzu gehören klar Victoria Beckham und Sängerin Shakira, die Frau vom spanischen Fussballer Gerard Piqué.
Die zweite Gruppe sind die Models und Moderatorinnen: Frauen dieser Kategorie schaffen es meist erst durch den Fussball-Partner, grösser rauszukommen. Insbesondere die deutsche Nationalelf hat ein grosses Faible für Models. Lena Gercke, Sarah Brandner, Ann-Kathrin-Brömmel. Die Freundin von Mats Hummels, Cathy Fischer Hummels, ist eine bekannte Moderatorin. Was mit diesen Frauen nach einer Trennung geschieht, sieht man bei Schweinsteigers Ex. Seit er mit dem Tennisstar Ana Ivanovic zusammen ist, fragt man: «Sarah wer?» Und Sylvie Van der Vaart schlägt sich seit dem Aus mit Rafael wieder als Sylvie Meis durch.
Die dritte Kategorie sind die unscheinbaren Frauen. Meist Typ Jugendliebe. Keine klassischen Spielerfrauen. Paradebeispiel ist die Frau von Thomas Müller. Lisa Müller ist Reiterin, kümmert sich um ihr Gestüt, Promi-Events sagen der jungen Bayerin nichts. Auch Robert Lewandowski heiratete seine Jugendliebe Anna. Sie ist Fitness-Model und hat zahlreiche Titel als Kampfsportlerin. Die Sportler-Sportler-Symbiose funktioniert also auch gut.
Und unsere Nati-Spieler? Die Frau von Valon Behrami posiert gerne und freizügig, aber bekannt ist sie nicht. In der Schweiz herrscht kein Spielerfrauen-Kult wie in Deutschland oder England. Dort wehren sich manche gegen die Stigmatisierung: «Fussball ist wie ein Gott. Der Mann lebt für ihn und die Spielerfrau ist Teil seiner Ausrüstung, wie die Schienbeinschoner», schreibt etwa die Ex-Fussballgattin Shelley Webb in ihrem Buch «Footballers’ Wives Tell Their Tales».
In Eisenbeis’ Werk meint eine Spielerfrau: Es könne sich ziemlich beschissen anfühlen, dieses Leben. Sie klagt: «Du gibst deine Pläne auf, hast Heimweh und die Leute denken, ein Burberry-Mantel könne alles heilen. Du bist einfach jemandes Frau. Sie nennen dich nach dem Namen des Mannes, du fährst sein Auto und die Kleider, die du trägst, hast du von seinem Geld gekauft.»
Die Frauen jetten mit ihrem Gatten um die Welt und müssen sich stets an neuen Orten niederlassen. Immer öfter sehen wir bei Sieger- Bussis und Umarmungen auf dem Rasen die Kinder der Spieler. Sie werden in die Höhe gehoben und strahlen. Vielleicht haben die Spieler gemerkt, dass die Kleinen immer für sie fanen werden. Während bei der nächsten Meisterschaft gut möglich schon die nächste auf der Tribüne kreischt.