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Nadal ätzt nach epischer Niederlage gegen Kyrgios

epa07403070 Nick Kyrgios of Australia celebrates his win against Rafael Nadal of Spain in their Mexico Tennis Open round of 16 match held in Acapulco, Mexico, 27 February 2019. EPA/David Guzman
Nick Kyrgios feiert seinen Sieg gegen Nadal etwas gar überschwänglich.Bild: EPA/EFE

Nadal ätzt nach epischer Niederlage gegen Kyrgios: «Ihm fehlt der Respekt»

Ein «Uneufe»-Aufschlag von Nick Kyrgios, drei vergebene Matchbälle von Rafael Nadal, Buhrufe aus dem Publikum, ein ziemlich frostiger Handschlag und Kritik vom Verlierer für den Sieger – der 3:03 Stunden dauernde Achtelfinal-Fight in Acapulco war an Drama kaum zu überbieten.
28.02.2019, 10:2301.03.2019, 06:26
Philipp Reich
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Rafael Nadal ist eigentlich keiner, der nach Niederlagen über den Gegner spricht. Nach dem epischen Achtelfinal in Acapulco gegen Nick Kyrgios konnte aber auch der Spanier nicht mehr anders. «Nick ist ein Spieler mit riesigem Talent, der Grand Slams gewinnen oder sogar an die Spitze der Weltrangliste kommen könnte», lobte Nadal zunächst, um seinen Besieger kurz darauf hart in die Kritik zu nehmen. «Aber ihm fehlt der Respekt vor dem Publikum, dem Gegner und auch vor sich selbst.»

Buhrufe gegen Kyrgios!

Der Matchball und der frostige Handschlag. Video: streamable

Was war passiert? Nadal und Kyrgios lieferten sich vor ausverkauftem Haus einen packenden Kampf, der über drei Stunden dauerte. Das Tiebreak im Entscheidungssatz wurde schliesslich zum grossen Drama: Nadal vergab bei 6:3 drei Matchbälle in Serie und schenkte Kyrgios danach mit einem Doppelfehler seinerseits einen Matchball. Diese Chance nutzte der australische «Bad Boy» und siegte mit 3:6, 7:6 (7:2) und 7:6 (8:6).

Nadals vergebene Matchbälle:

Die letzten Punkte des Tiebreaks.Video: streamable

Kyrgios liess sich auf den Rücken fallen und feierte seinen Sieg überschwänglich, am Netz kam es nur zu einem kurzen und ziemlich frostigen Handschlag. Das Publikum deckte die Weltnummer 72 daraufhin mit Buhrufen ein, doch das störte Kyrgios nicht. Er hielt sich nur den Finger ans Ohr, als wollte er sagen: «Lauter, lauter.»

Kyrgios trieb Nadal und das Publikum während des Matchs mehrfach zur Weissglut. Der 23-Jährige legte sich mit dem Schiedsrichter an, liess sich auf dem Platz behandeln, jubelte immer wieder ausgelassen und versuchte einmal sogar, den beim Service wie gewohnt weit hinten stehenden Nadal mit einem «Uneufe»-Aufschlag zu erwischen.

Der «Uneufe»-Aufschlag von Kyrgios.Video: streamable
Der Ball landet im Aus.Video: streamable

Das sagt Kyrgios zum Service von unten:

«Ist es nicht die Idee, den Ball dorthin zu servieren, wo ihn der Gegner nicht erreichen kann? Ein Ass zu schlagen?»
twitter

Alles für sich keine grosse Verfehlung, aber in der Summe eben doch eine gewisse Respektlosigkeit. Der TV-Kommentar fasste das Schauspiel zwischendurch gar als «Majestätsbeleidigung» gegen Nadal auf.

Nadal muss sich aber auch an der eigenen Nase nehmen, denn er hätte das Spiel eigentlich gewinnen müssen. Die spanische Weltnummer 2 gewann zehn Punkte mehr als der Australier, hatte zehn Breakbälle und musste nur einen abwehren. In 3:03 Stunden schlug er nur 17 unerzwungene Fehler, gegenüber 49 bei Kyrgios. Nur bei den Winnern hatte der Spanier mit 39:58 das Nachsehen.

Trotz der Niederlage nahm sich Nadal nach der Partie viel Zeit, die übergrossen Tennisbälle der Fans zu signieren. «TennisTV» lobte ihn in den sozialen Medien ausdrücklich dafür. Twitter-Fan Kyrgios reagierte auf seine Weise und retweetete – sicher nicht ohne Grund – ein Video der ATP, das ihn nach dem Match beim Signieren von übergrossen Tennisbällen zeigte.

Trotz aller Kritik an seinem Verhalten muss man dem Australier aber auch zu Gute halten, dass er gegen Nadal eines seiner besten Matches aller Zeiten zeigte. Der 1,93-Meter-Hüne bewies eindrücklich, dass er nicht umsonst als eines der grössten Talente auf der ATP-Tour angesehen wird. Häufig stand er sich bislang jedoch selbst im Weg: Immer wieder schleichen sich bei Kyrgios Unkonzentriertheiten ein und er gilt als trainingsfaul. Umso beeindruckender ist es, wenn er einmal sein volles Potenzial abruft.

Die zwei schönsten Punkte von Kyrgios:

Was für ein Gefühl mit der Rückhand.Video: streamable
Kyrgios hat den Schläger genau am richtigen Ort.Video: streamable

Kyrgios zeigte sich von seinem Überraschungssieg überwältigt: «Das ist unfassbar. Ich habe in diesem Jahr viel zu kämpfen gehabt, daher ist es etwas Besonderes, eine solche Leistung gegen Rafa abrufen zu können», sagte er an der Pressekonferenz. «Ich habe da draussen alles gegeben. Das ist ein enormer Vertrauensschub für mich.» Natürlich hatte er auch eine Antwort auf Nadals Kritik parat: «Das ist die Art, wie ich spiele. Er hat seine Art zu spielen. Er weiss nichts von mir, was ich durchgemacht habe. Deshalb höre ich da gar nicht hin», so Kyrgios.

Das Post-Match-Interview mit Kyrgios.Video: YouTube/ATP Tour

Im Viertelfinal trifft Kyrgios nun auf Stan Wawrinka. «Es wird unglaublich hart werden. Ein weiterer mehrfacher Grand-Slam-Champion, der weiss, wie man Spiele gewinnt», schaute der Nadal-Bezwinger voraus. «Es sieht so aus, als würde er wieder in Form kommen. Seine einhändige Rückhand ist eine der besten, die es gibt.»

Im Head-to-Head führt Wawrinka mit 3:2. Und ja, da gab es auch noch diese Geschichte …

Federers Niederlagen, bei denen er Matchbälle vergab

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Federers Niederlagen, bei denen er Matchbälle vergab
2019 im Final von Wimbledon: 2 Matchbälle beim 6:7 (5:7), 6:1, 6:7 (4:7), 6:4, 12:13 (3:7) gegen Novak Djokovic.
quelle: epa / laurence griffiths / pool
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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Kese01
28.02.2019 11:40registriert September 2016
Irgendwie schon recht unsympathisch, der Dude... Anderseits halt ein Badguy, der die ach so cleane Tenniswelt ein wenig aufmischt und sich nicht gross anpasst, was mir wiederum gefällt.
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Damorino
28.02.2019 11:36registriert Juli 2017
Ist es denn vorgegeben, wie der Aufschlag erfolgen muss? Ist der "Uneufe"-Aufschlag regelkonform? Bin nicht so im Tennis :/
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christof.artho
28.02.2019 13:14registriert April 2015
Kyrgios hat sich schon einige Male daneben benommen und ich mag ihn desshalb auch nicht besonders. Schade, denn: spielen könnte er nämlich. Aber in einem Punkt muss ich im Recht geben: Einen Aufschlag von unten zu spielen, ist sein gutes Recht (mit allen Risiken und Nebenwirkungen).
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