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Fed-Entscheid zu Leitzinsen: Wie wenn Ampeln die Farbe wechseln

Für Fussgänger lustig, für Investoren nicht: Farbwechsel bei den Verkehrsampeln.
Für Fussgänger lustig, für Investoren nicht: Farbwechsel bei den Verkehrsampeln.
Bild: HEINZ-PETER BADER/REUTERS

Die Verkehrsampeln der Weltwirtschaft wechseln die Farben – und das Chaos an den Märkten ist vorprogrammiert

Die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Notenbank die Leitzinsen erhöht, ist markant gestiegen. Das könnte die Märkte heftig durchschütteln.
17.11.2015, 13:5419.11.2015, 07:33

Seit mehr als sieben Jahren hat die US-Notenbank, die Fed, die Leitzinsen nicht mehr erhöht. Am 16. Dezember soll dies wieder der Fall sein. Die so genannten Fed-Watcher – Spezialisten, die jede Regung der Fed akribisch beobachten und analysieren – schätzen mittlerweile die Wahrscheinlichkeit einer Zinswende auf 70 Prozent ein.  

Warum vieles schiefgehen kann

Die Zinserhöhung wird moderat ausfallen, wahrscheinlich 0,25 Prozent. Trotzdem werden Wirkung und Aufregung gross sein. Der Grund liegt darin, dass die Leitzinsen der Fed nicht irgendeine Bagatelle darstellen. Sie sind die Verkehrsampeln der Weltwirtschaft und steuern die globalen Geldflüsse. Eine Änderung der Leitzinsen ist vergleichbar mit dem Wechseln der Farben an der Verkehrsampel: Wo grün war wird rot und umgekehrt.  

«Wer schwimmt nackt?», fragt sich Warren Buffett. 
«Wer schwimmt nackt?», fragt sich Warren Buffett.
Bild: Getty Images North America

Wenn gewaltige Geldströme umgelenkt werden, kann vieles schiefgehen. Niemand weiss genau, wer wo und wie hoch verschuldet ist. Wie der legendäre Investor Warren Buffett einst gewitzelt hat, ist die Wirkung ähnlich wie beim Baden im Meer: Bei Ebbe sieht man, wer keine Badehosen trägt.

Die Harvard-Ökonomin und Schuldenspezialistin Carmen Reinhart erklärte kürzlich ebenfalls, dass man erst dann, wenn etwas dumm gelaufen ist, erkennen kann, wo sich die Schulden verstecken und was die Folgen sein werden.

Sieben Billionen Dollar sind in die Schwellenländer geflossen

Die grösste Gefahr lauert derzeit in den Schwellenländern. Die Politik des billigen Geldes, das sogenannte Quantitative Easing, hat auch dazu geführt, dass geschätzte sieben Billionen Dollar in die Schwellenländer geflossen sind. (Wer's genauer wissen will: Hier der Link zur FT)

Mehr noch: Um eine massive Aufwertung zu verhindern, haben die Notenbanken von Ländern wie Brasilien und Malaysia ihre Geldmenge ebenfalls ausgeweitet. Das Resultat ist nun, dass die Schulden in alarmierende Höhen geklettert sind.

In den Schwellenländern haben die Unternehmen in den letzten Jahren von den tiefen Zinsen profitiert und im grossen Umfang Kredite aufgenommen. Die Zinswende führt nun aber dazu, dass die Investoren ihr Geld wieder abziehen. Das wiederum bringt die Unternehmen in Nöte. «Sie werden gezwungen, ihre Aktivitäten einzuschränken und ihre Kosten massiv zu reduzieren», schreibt die «Financial Times». «Der Abfluss des Kapitals schwächt zudem die lokalen Währungen und erhöht so die Kosten der (in Dollar notierten, Anm. d.Red.) Kreditschulden.»

Keine rasche Erholung

Die Schwellenländer bestreiten heute mehr als die Hälfte des Volumens der gesamten Weltwirtschaft. Wenn sie ins Trudeln geraten, dann sind die Folgen für alle spürbar. So ist beispielsweise die japanische Wirtschaft wieder in eine Rezession gefallen, weil das Geschäft mit China harzt. Ähnliches droht auch anderen Industrieländern.

Luis Oganes, zuständig für die Entwicklung der Schwellenländer bei der Bank JP Morgan, skizziert die Lage wie folgt: «Wir haben nicht Angst vor einer ausgewachsenen Krise. Wir fürchten jedoch, dass stark verschuldete Unternehmen und die Banken, die ihnen Kredit gewährt haben, in einen Teufelskreis von geringer Profitabilität, grösseren Schulden und verschärften Kreditbedingungen verfallen. Deshalb sollten wir keine rasche Erholung erwarten.»

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