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Wenn die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Mindestkurs des Frankens gegenüber dem Euro aufhebt, heulen Industrielle und Gewerkschafter auf. Teile der SVP wiederum möchten ihr vorschreiben, wie hoch der Anteil des Goldes an ihren Reserven sein muss. Die lange unbestrittene Unabhängigkeit der SNB wird immer häufiger angekratzt, und zwar aus allen politischen Lagern und mit den unterschiedlichsten Begründungen.
Die SNB ist in bester Gesellschaft: In den USA muss sich die Fed, die bedeutendste Zentralbank der Welt, gegen ähnliche und immer heftigere Angriffe zur Wehr setzen:
Warum kritteln alle an den Zentralbankern herum? Die Antwort ist ebenso banal wie offensichtlich:
Seit dem Herbst 2008 hat das Image der Zentralbanker einen erstaunlichen Wandel vollzogen. Aus älteren Herren in grauen Anzügen sind Rockstars geworden, über die fast täglich in den Medien berichtet wird. Auch ihre Aufgabe hat sich geändert.
In der Nachkriegszeit mussten sie vor allem dafür sorgen, dass die Inflation nicht ausser Kontrolle geriet und deshalb ab und zu die Leitzinsen erhöhen. Seit der Finanzkrise sind sie – wenn auch unfreiwillig – zu Rettern der Weltwirtschaft geworden. Weil die Politik blockiert und im Dogma der Austerität gefangen ist, müssen die Zentralbanker mit ihrer Geldpolitik das Schlimmste verhindern.
Der neue Machtzuwachs bekommt ihnen schlecht. Oder wie Willem Buiter, Chefökonom der Citigroup und einer der bekanntesten Geldspezialisten, erklärt:
Tatsächlich ist es primär dem mutigen und richtigen Vorgehen der Zentralbanken zu verdanken, dass die Finanzkrise nicht in eine Depression ausgeartet ist. Ohne Ben Bernanke & Co. hätte es zu einer ähnlichen Katastrophe wie in den Dreissigerjahren kommen können.
Übrigens: Auch damals waren die Zentralbanker – Hjalmar Schacht (Deutsche Reichsbank), Montagu Norman (Bank of England) und Benjamin Strong (Fed) – wichtiger als die Politiker. Ihnen ist es jedoch nicht gelungen, den Absturz der Weltwirtschaft zu verhindern.
Zentralbanker neigen zu Verschwiegenheit und umgeben sich gerne mit einer Aura der Rätselhaftigkeit. Der ehemalige Fed-Präsident Alan Greenspan etwa sprach absichtlich so kompliziert, dass ihn kein Mensch verstehen konnte.
Auch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die Zentralbank der Zentralbanken, ist für die meisten ein Buch mit sieben Siegeln. Ursprünglich gegründet, um die deutschen Reparationszahlungen zu regeln, entwickelte sie sich zum wohl exklusivsten Gentleman’s Club der Welt. Im BIZ-Gebäude in Basel – es steht auf exterritorialem Gelände – treffen sich die wichtigsten Zentralbanker in regelmässigen Abständen. Worüber sie sprechen, bleibt streng geheim.
Erschwerend hinzu kommt, dass Geldpolitik – mit Ausnahme vielleicht der Quantenphysik – die wohl schwierigste Materie ist, die es gibt. Trotzdem fühlen sich viele Menschen als Geldexperten und dazu berufen, ihre oft exotischen Ratschläge mit sektiererischem Eifer zu verbreiten.
Gleichzeitig ist keine Verschwörungstheorie zu absurd, um nicht in den Zusammenhang mit der Macht der Zentralbanken, dem Grosskapital, dem Weltjudentum und was auch immer in Verbindung gebracht zu werden.
Die Macht der Zentralbanken jedoch ist real. Was die Fed demnächst mit den Leitzinsen unternimmt, wird wahrscheinlich gravierende Folgen für die Weltwirtschaft haben. Die Aufhebung des Frankenmindestkurses durch die SNB hat die Schweizer Wirtschaftslandschaft verändert.
So gesehen ist der Ruf nach einer stärkeren demokratischen Legitimation der Zentralbanken verständlich. Ob er sich unter den bestehenden Verhältnissen auch sinnvoll umsetzen lässt, steht auf einem ganz anderen Blatt.