Diese Woche hätte Brett Kavanaugh vom Senat als Richter am Obersten Gerichtshof der USA bestätigt werden sollen. So sah es der Plan der Republikaner vor. Ihr Parteikollege Jeff Flake aus Arizona machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Er sprach sich im Justizausschuss für Kavanaughs Ernennung aus, worauf ihn zwei Frauen in einem Lift in den Schwitzkasten nahmen.
Der Trump-Kritiker, der bei den Wahlen im November nicht mehr antreten wird, machte darauf eine (halbe) Kehrtwende. Flake forderte, dass die Vorwürfe gegen den erzkonservativen Richter wegen sexueller Übergriffe vom FBI untersucht werden. In einem Interview am Sonntag sagte Flake, er sei als Konservativer für Kavanaugh, doch das Erlebnis im Lift habe ihn nachdenklich gemacht.
"You're telling me that my assault doesn't matter...and that you're going to let people who do these things into power"
— NBC News (@NBCNews) 29. September 2018
Two women confront Sen. Jeff Flake with their stories of sexual assault before the Senate Judiciary Cmte meeting on Judge Kavanaugh. https://t.co/vzYqMXZGji pic.twitter.com/bLNunIRHLd
Nun hat die Bundespolizei eine Woche Zeit für ihre Ermittlungen. Präsident Donald Trump betonte am Samstag, das FBI habe «freie Hand». Hinter den Kulissen aber wirke sein Rechtsberater Don McGahn darauf hin, dass die Untersuchung «so eng wie möglich» durchgeführt wird, wie zwei Quellen dem Sender CNN sagten. So sollen nur einige wenige Personen einvernommen werden.
Bereits am Sonntag fand laut CNN die Befragung von Deborah Ramirez statt. Sie beschuldigt Kavanaugh, ihr während eines Trinkgelages an der Universität Yale seinen entblössten Penis ins Gesicht gedrückt zu haben. Nicht aufgeboten werden soll hingegen Julie Swetnick. Sie behauptet, an einer Party in Anwesenheit von Kavanaugh vergewaltigt worden zu sein.
Die Absicht des Weissen Hauses ist durchschaubar: Die FBI-Untersuchung soll glaubwürdig wirken, aber kein Belastungsmaterial gegen Trumps Wunschkandidaten für den Supreme Court zu Tage fördern. Kavanaugh selbst wird laut Politico von seinen Unterstützern zu einer «aggressiven und proaktiven» Kampagne gedrängt, im Stil seines Auftritts vor dem Justizausschuss.
Im Visier sind vor allem die «Wackelkandidaten» im Senat, zu denen neben Jeff Flake die beiden Republikanerinnen Susan Collins und Lisa Murkowski gehören, aber auch einige Demokraten, die im November in rechtslastigen Bundesstaaten zur Wiederwahl antreten. Damit verbunden ist die Befürchtung, die erneute Verzögerung könnte zu weiteren unangenehmen Enthüllungen führen.
Unbegründet ist sie nicht. Nachdem Brett Kavanaugh im Interview mit Fox News und vor der Justizkommission behauptet hatte, sich in seiner Jugend nie bis zur Besinnungslosigkeit betrunken zu haben, meldeten sich mehrere Personen, die ihm widersprachen und ihn als Lügner bezeichneten. Sie zeichnen ein Bild von ihm als Kampftrinker und Komasäufer:
In seinem von der «New York Times» veröffentlichten Statement spricht Ludington Klartext: «Wenn er über seine früheren Handlungen im Fernsehen und vor allem unter Eid vor dem US-Senat gelogen hat, dann glaube ich, dass solche Lügen Konsequenzen haben sollten.» Er erklärte sich bereit, seine Informationen dem FBI zu übermitteln.
Weitere Übergriffe von Kavanaugh auf Frauen sind bislang nicht bekannt geworden. Bereits die bisherigen Anschuldigungen sind für die Republikaner ein Grund zur Sorge. Der Auftritt der Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford, die Kavanaugh der versuchten Vergewaltigung beschuldigt, vor dem Justizausschuss hat viele Amerikanerinnen aufgewühlt.
Die Republikaner bemühten sich, im Unterschied zur Befragung von Anita Hill 1991 nicht frauenfeindlich zu wirken. Für die Befragung von Blasey Ford boten sie die Staatsanwältin Rachel Matthews aus Arizona auf, die einen eher überforderten Eindruck hinterliess und in ihrem Bericht zum nicht ganz überraschenden Schluss kam, die Anschuldigungen liessen sich nicht beweisen.
Zwei Umfragen zeigen, dass eine relative Mehrheit der Amerikaner die Aussage der Professorin für glaubwürdiger hält als jene des Richterkandidaten. Unklar bleibt, ob sich dies bei den Kongresswahlen in einem Monat für die Demokraten auszahlen wird. Manche Republikaner glauben, dass die Angriffe auf Brett Kavanaugh eher die eigene Basis motivieren könnten.
Die Angst vor einem Verlust der Senatsmehrheit dürfte ein Grund sein, warum die Trump-Partei den umstrittenen Richter um jeden Preis durchdrücken will. Fast noch wichtiger ist die Erwartung, dem Obersten Gericht der USA auf Jahre hinaus eine solide rechte Mehrheit zu verschaffen. Falls keine neuen schweren Anschuldigungen publik werden, könnte es ihnen gelingen.