Minderjährige sind nicht berechtigt, gegen die «Love-Life»-Kampagne des Bundes Beschwerde zu führen. Das Bundesgericht hat einen Rekurs von 35 Kindern und Jugendlichen abgewiesen und damit einen entsprechenden Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt.
Im Mai 2014 hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) seine Kampagne «Love Life – Bereue Nichts» zur Prävention gegen die Immunschwächekrankheit HIV gestartet. Nur wenige Monate später haben die 35 Kinder und Jugendliche, die von ihren Eltern vertreten werden, dagegen beim BAG eine Beschwerde eingereicht und die Einstellung der Kampagne gefordert.
Das BAG trat auf die Beschwerde nicht ein, worauf die Gruppe den Fall an das Bundesverwaltungsgericht in St.Gallen weitergezogen hat. Bereits die St.Galler Richter haben entscheiden, dass die Kinder und Jugendlichen, beziehungsweise ihre gesetzlichen Vertreter nicht berechtigt sind, Beschwerde zu führen.
Diesen Entscheid hat nun das Bundesgericht in Lausanne bestätigt. In ihrem Urteil von Mitte Juni, das am Mittwoch publiziert wurde, bezeichnen die Bundesrichter die «Love Life»-Kampagne als Handlung einer Behörde. Ein solcher Akt müsse Rechte einschränken oder zu einem Zwang führen, um juristisch auf den Prüfstand gestellt werden zu können.
Vor den Bundesrichtern haben sich die Beschwerdeführer auf den Artikel 11 der Bundesverfassung berufen, der Kindern und Jugendlichen ein besonders Schutzbedürfnis garantiert. Die Richter haben sich nun gefragt, ob die Kampagne des BAG von 2014 Kinder und Jugendliche erotisierenden und sexualisierenden Einflüssen aussetze, die über das übliche Mass hinaus gehen.
Die Bundesrichter kamen zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall sei: «Im öffentlichen Raum sind Kinder und Jugendliche heutzutage unweigerlich mit stark sexualisierten Darstellungen und erotischen Inhalten konfrontiert. Es ist vernünftigerweise unmöglich, sie davon fernzuhalten.»
Darüber hinaus seien die Bilder und Videos der Kampagne weder pornografisch, noch gäben sie sexuelle Praktiken wieder oder enthielten sexuell aufgeladene Botschaften, argumentierten die Bundesrichter. Die gezeigten Paare scherzten, umarmten sich und drückten Freude aus. Allerhöchstens könne man den sexuellen Akt vermuten.
Deshalb seien die gezeigten Darstellungen nicht Teil dessen, wovor die jugendliche Öffentlichkeit geschützt werden müsse, folgert das Bundesgericht. Mit einer angemessenen Erziehung seien Jugendliche in der Lage, das Gezeigte entsprechend zu deuten. Die Bedingungen für eine Verfügung gegen das BAG seien demnach nicht erfüllt. (Urteil 2C_601/2016 vom 15. Juni 2018)
Die Beschwerdeführenden, hinter denen die EDU Schweiz oder Organisationen wie «Christen für die Wahrheit» und die Stiftung Zukunft CH stehen, erwägen nun, das Bundesgerichtsurteil an den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg weiterzuziehen, wie es in einer Mitteilung von Mittwoch heisst.
Sie gehen davon aus, dass die Bildsprache der in der Kampagne gezeigten sexuellen Handlungen von homo- und heterosexuellen Paaren die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen – insbesondere von Mädchen – gefährden können.
Abweichend von dem Ziel, das die Kampagne zum Schutz vor Geschlechtskrankheiten auffordern solle, «musste sie allerdings verstanden werden als Aufforderung zu einer rein lustbetonten Sexualität», so die Beschwerdeführenden. Ihr Fazit: Der Bundesgerichtsentscheid stütze «Behördenwillkür anstatt Jugendschutz». (sda)