Der Hype war riesig am Sonntagmittag. Roman Josi und Kevin Fiala waren in Kopenhagen angekommen und würden am Abend gegen Schweden sogleich zum ersten Mal im Einsatz stehen. Auf sieben NHL-Spieler konnte die Schweizer Nationalmannschaft in diesem Spiel zählen – so viele wie noch nie. Dennoch gab es eine klare Niederlage, klarer als es das Resultat von 3:5 vermuten liesse. Wie schon gegen Russland blieb die Nati ohne Punkte. Ernüchterung.
Tatsächlich droht diese «beste Nationalmannschaft aller Zeiten» den WM-Viertelfinal zu verpassen. Wenn die Slowakei heute Nachmittag wider Erwarten Russland schlägt, könnte auch ein Sieg gegen Frankreich nicht mehr genug sein. Denn die Slowaken treffen in ihrem letzten Gruppenspiel auf das noch punktelose Weissrussland.
Willkommen in der neuen alten Hockey-Realität! Siege gegen die Top-Nationen werden wohl auch in Zukunft keine Regelmässigkeit sein. Von einer Medaille oder gar dem Titel träumen darf man. Sie zu erwarten wäre aber vermessen.
Ja, die Nati ist dieses Jahr so gut wie noch nie. Aber die anderen grossen Teams sind ebenfalls extrem stark. Sie sind sogar noch besser. Kanadas Team besteht komplett aus NHL-Spielern. Bei Schweden und den USA ist der Grossteil in Nordamerika tätig und auch die Tschechen und Finnen sind gespickt mit Spielern aus der besten Liga der Welt.
Die Schweizer Verstärkung aus Nashville heisst Josi und Fiala. Bei Schweden sind es Mattias Ekholm, Viktor Arvidsson und Filip Forsberg, die dazustossen. Drei Spieler, die über mindestens so viel Klasse verfügen wie die beiden Schweizer – im Fall von Forsberg sogar eher noch mehr.
Das Team von Patrick Fischer hat bewiesen, dass es in Bestbesetzung mit den grossen Nationen mithalten kann (3:4 gegen ein starkes Russland). Diese Partie und jene gegen Schweden haben aber auch gezeigt, dass immer noch etwas fehlt: Die Konstanz und Qualität über alle vier Linien.
Wäre dieser Mangel mit Nico Hischier im Kader kleiner? Vermutlich. Der Center, der von New Jersey leider keine Freigabe für die WM erhielt, bringt genau diese Konstanz im Spiel mit. Er hätte der Nati noch mehr Tiefe verliehen.
Doch dieses hypothetische Denken ergibt keinen Sinn, denn die anderen Nationen müssen auf viel mehr Starspieler verzichten. Bei den USA fehlen beispielsweise Auston Matthews und Jack Eichel. Kanada tritt ohne Sidney Crosby, Brad Marchand, Patrice Bergeron, Taylor Hall, Shea Weber oder Carey Price an. Russland hätte zusätzlich noch Alexander Owetschkin, Jewgeni Kusnetsow oder Wladimir Tarasenko, um nur einige Beispiele zu nennen.
Dennoch macht es derzeit viel Spass, der Schweiz zuzuschauen. Sie spielt offensiv und aggressiv. Das System von Nationaltrainer Patrick Fischer beginnt sich zu bewähren. Deshalb wäre es auch bei einem allfälligen Verpassen der Viertelfinals ein Fehler, den Trainer zu entlassen. Es macht keinen Sinn, alles wieder über den Haufen zu werfen, nun da es endlich funktioniert.
Auch wenn die Nati (noch) nicht auf Augenhöhe mit Schweden, Kanada und Co. ist, ein Sieg gegen diese Top-Nationen ist dennoch immer möglich. Wenn die Schweiz den WM-Viertelfinal erreicht, trifft man vermutlich auf die USA oder Finnland. Warum nicht genau dann für eine Überraschung sorgen?