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Der Medaillensegen von Pyeongchang wird Sion 2026 wenig helfen

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Pirmin Zurbriggen, Christian Constantin und Staatsrat Christophe Darbellay werben am Matterhorn für Sion 2026.Bild: KEYSTONE
Kommentar

Der Medaillensegen von Pyeongchang wird Sion 2026 wenig helfen

Die Schweiz hat an den Winterspielen in Südkorea die Rekordzahl von 15 Medaillen geholt. Die Walliser Bewerbung für 2026 kann davon kaum profitieren. Dafür ist das Image der Marke Olympia zu schlecht.
26.02.2018, 19:3727.02.2018, 07:43
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Die ersten Tage der Olympischen Spiele in Pyeongchang verliefen aus Schweizer Sicht zäh. Es gab mehr Papier (in Form von Diplomen) als Metall. Umso berauschender war das Ende. Mit 15 Medaillen egalisierte die Schweizer Delegation den Rekord von Calgary 1988. Damals wurden weniger als halb so viele Wettkämpfe ausgetragen, dafür ist die Leistungsdichte heute wesentlich höher. Der Medaillenspiegel zählt 30 Nationen, so viele wie nie zuvor.

Obwohl die Zahl der Wintersportler in der Schweiz laufend abnimmt, bringt das Land noch immer viele Weltklasse-Athleten hervor. Nun soll der Medaillensegen von Pyeongchang die Pläne für Olympische Winterspiele in der Schweiz beflügeln und der Kandidatur Sion 2026 «Rückenwind» verleihen, wie einzelne Medien hoffen. Auf den ersten Blick gibt es Gründe für Optimismus.

Die Schweizer Medaillengewinner in Pyeongchang

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Die Schweizer Medaillengewinner in Pyeongchang
Wendy Holdener (Ski): Gold (Team), Silber (Slalom) und Bronze (Kombination).
quelle: keystone / jean-christophe bott
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In Korea haben sich vier Interessenten für 2026 herauskristallisiert. Neben den Wallisern sind es Stockholm, Calgary und Sapporo. Eine österreichische Bewerbung von Graz/Schladming könnte bis zum Ablauf der Meldefrist am 31. März hinzukommen. Die Konkurrenz ist stark, aber nicht unschlagbar. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) will die Spiele nach Pyeongchang 2018 und Peking 2022 an eine «klassische» Wintersportdestination vergeben.

Sportliche Erfolge sind relativ

Dennoch darf man sich im Wallis nicht zu grosse Hoffnungen machen. Die Olympia-Euphorie ist erfahrungsgemäss von kurzer Dauer. Dafür ist die Welt des Spitzensports zu weit weg vom «normalen» Leben. Eine nachhaltige Wirkung hatten wohl nur die «goldenen Tage von Sapporo» 1972, ohne die der damalige Skiverbands-Direktor Adolf Ogi nie Bundesrat geworden wäre.

Die erhoffte Schubwirkung für eine Schweizer Olympia-Kandidatur wird kaum eintreten. Schon die Spiele in Turin, Vancouver und Sotschi erbrachten zumindest bei den Goldmedaillen eine beachtliche Ausbeute. Das Bündner Stimmvolk sagte trotzdem zweimal Nein zu Winterspielen. Denn sportliche Erfolge sind relativ im Vergleich mit dem beschädigten Image der Marke Olympia.

Der Gigantismus und die ausufernden Kosten sind dabei nur ein Aspekt. Auch der Umgang mit der leidigen Doping-Problematik ist kein Ruhmesblatt für das IOK. Trotz massivem Staatsdoping durften vermeintlich saubere Athletinnen und Athleten aus Russland in Südkorea teilnehmen, wenn auch unter neutraler Flagge. Prompt blieben wieder zwei von ihnen in der Dopingkontrolle hängen.

Diese Schweizer gewannen die 15 Medaillen in Pyeongchang

Video: srf/SDA

Zu viele negative Emotionen sind heute mit der eigentlich schönen Idee der olympischen Spiele verbunden. Eine repräsentative Umfrage von Tamedia ergab, dass 60 Prozent der Bevölkerung sicher oder eher gegen Olympische Winterspiele in der Schweiz sind. Noch deutlicher wird die Bundesmilliarde für die Kandidatur von Sion 2026 abgelehnt. 65 Prozent sind dagegen.

Sportminister Guy Parmelin will das Geld ohne Volksabstimmung bewilligen. Er argumentiert mit dem Zeitdruck und hat nicht ganz Unrecht. Das IOK plant offenbar, bereits im Oktober die Zahl der Bewerbungen auf zwei oder drei zu reduzieren, damit chancenlose Städte sich keine unnötigen Kosten aufbürden. Es ist ein weiterer Versuch, die Spiele «nachhaltiger» zu gestalten.

Ob Sion dann überhaupt noch im Rennen ist, scheint zweifelhaft. Der eigentliche Stichtag ist der 10. Juni. Dann entscheiden die Walliser über einen Kredit von 61.8 Millionen Franken. Bei einem Nein wäre eine weitere Schweizer Olympia-Kandidatur erledigt. Die Promotoren von Sion 2026 lassen nichts unversucht, um das skeptische Volk zu überzeugen. FC-Sion-Präsident Christian Constantin liess die Medien per Helikopter zur Hörnlihütte am Matterhorn einfliegen. Skilegende Pirmin Zurbriggen entzündete auf dem Vorzeigeberg ein symbolisches olympisches Feuer.

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Bundespräsident Alain Berset und Fürst Albert von Monaco im Chalet von Sion 2026 in Pyeongchang.Bild: KEYSTONE

Allein, es dürfte wenig nützen. «Man braucht sich nur etwas umzuhören: das Volk ist dagegen», schreibt der Publizist Peter Rothenbühler in seiner Kolumne in der Aargauer Zeitung. Mit dem Geld für Olympia könnte man «viele nützliche, nachhaltige Projekte vorantreiben, die zurzeit blockiert sind». Auch die demütigende Niederlage von Sion 2006 gegen Turin ist nicht vergessen.

Vieles spricht für Olympische Winterspiele in der Schweiz. Sie sind ein tolles Sportfest, das in der «Wiege des Wintersports» weit weniger steril stattfinden würde als in Pyeongchang und vermutlich in vier Jahren in Peking. Dennoch deutet (fast) alles darauf hin, dass auf die Medailleneuphorie in weniger als vier Monaten der grosse Kater im Wallis folgen wird.

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28 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Beggride
26.02.2018 21:14registriert November 2015
Wenn man nur schon die Dimensionen der letzen paar Spiele anschaut, sollte jedem klar sein, dass das nicht nachhaltig sein kann...
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piedone lo sbirro
26.02.2018 20:03registriert November 2016
investieren wir in sportler und junge talente für ein medaillensegen auch an den nächsten olympischen spielen, statt in infrastruktur die nur wenige tage gebraucht wird.
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crik
27.02.2018 00:03registriert Dezember 2016
"Der Gigantismus und die ausufernden Kosten sind dabei nur ein Aspekt."

"Christian Constantin liess die Medien per Helikopter zur Hörnlihütte am Matterhorn einfliegen."

Nun ja...
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