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Die Unterdrückung der Frauen gehört zur DNA vieler Religionen

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Menschen in Washington solidarisieren sich mit den Frauen im Iran, die für ihre Rechte kämpfen.Bild: www.imago-images.de
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Die Unterdrückung der Frauen gehört zur DNA vieler Religionen

In vielen islamischen Gesellschaften ist die Unterdrückung der Frauen eine tragische Selbstverständlichkeit. Doch auch bei uns gibt es noch Defizite bei der Gleichstellung.
19.11.2022, 08:48
Hugo Stamm
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Im Iran fechten zurzeit viele Frauen einen heroischen Kampf gegen die Mullahs aus. Sie riskieren täglich ihr Leben und kämpfen auf der Strasse gegen ihre jahrzehntelange Unterdrückung. Die religiösen Sittenwächter und die islamistische Regierung lassen Polizisten im Namen Allahs auf wehrlose Frauen schiessen.

Die Machtallüren und das Macho-Gehabe der Männerkaste kennen keine Grenzen. Religiöse Fanatiker zeigen wieder einmal ihre hässliche Fratze.

Mädchen können sich glücklich schätzen, wenn sie in einer westlichen Demokratie geboren werden, in der die Menschenrechte einigermassen eingehalten werden. Zwar weist das Gebot der Gleichstellung auch bei uns noch Lücken auf, doch die Entwicklung geht meist in die richtige Richtung.

Kampf für die Frauenrechte auch in der Schweiz

Aber auch in der Schweiz mussten fortschrittliche Frauen lang für ihre Rechte kämpfen. Sie mussten nicht nur das Bollwerk der privilegierten Männer überwinden, sondern sich auch gegen die Unterdrückung in der christlichen Welt wehren, denn diese war immer schon männlich. Schliesslich sind schon in der Bibel die Frauen minderwertige Geschöpfe. Gläubige wachsen auch heute noch mit diesem Frauenbild auf, denn revidieren lässt sich das angeblich heilige Buch nicht.

Die christlichen Geistlichen haben jahrhundertelang die Bibel als Richtschnur genommen und das «schwache Geschlecht» unter dem Hammer gehalten. Dabei ging es vor allem auch um die Macht über die Frauen.

Eine ZDF-Reportage über den Aufstand der Frauen im Iran.Video: YouTube/ZDFheute Nachrichten

Wie dies funktionierte, demonstrierten auch christliche Ikonen und Meinungsführer. Augustinus zum Beispiel betrachtete das Weib als ein minderwertiges Wesen, das von Gott nicht nach seinem Ebenbild geschaffen wurde. Es entspreche der natürlichen Ordnung, dass die Frauen den Männern dienen müssten, sagte er.

Ja, lieber Augustinus, Eva hatte – im Gegensatz zu Adam und offenbar auch zu Gott - keinen Penis. Nur: Ist dieser Wurmfortsatz ein Qualitätsmerkmal, das es dem Mann erlaubt, sich über die Frauen zu stellen und sie zu unterdrücken?

STABROEK, BELGIUM - JUNE 27, 2015: Stained glass window depicting Saint Francis of Assisi in the Church of Stabroek, Belgium.
Auch der Tierfreund Franz von Asisi vertrat ein eigenartiges Frauenbild. Bild: Shutterstock

Auch der gottesfürchtige Kirchenvater Franz von Assisi vertrat ein eigenartiges Frauenbild. Er behauptete, wer mit dem Weibe verkehre, beflecke seinen Geist. Seinen geliebten Tieren gegenüber entwickelte er mehr Empathie. (Dass ohne diesen angeblich geisttötenden Verkehr auch die christliche Welt rasch untergehen würde, sei am Rande erwähnt.)

Den Vogel schoss aber Thomas von Aquin ab. Er bezeichnete die Frau als einen Missgriff der Natur, als eine Art verstümmelter, verfehlter, misslungener Mann. Die volle Verwirklichung der menschlichen Art sei nur der Mann.

Für Augustinus war das Weib ein minderwertiges Wesen, das von Gott nicht nach seinem Ebenbild geschaffen wurde. Es entspreche der natürlichen Ordnung, dass die Frauen den Männern dienen müssten.

Aber hallo, lieber Thomas, immerhin hat dein Gott diesen «Missgriff der Natur» geschaffen. Und ohne ihn hättest du nie das Licht der Welt erblickt. Bei allem übersteuerten Glauben hättest du eins und eins zusammenzuzählen. Oder hältst du es mit der Bibel, wonach die Armen im Geiste selig sind?

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Auch der Reformator Luther vermittelte Jahrhunderte später noch ein eigenartiges Frauenbild. Er sagte, die grösste Ehre des Weibes sei es, dass die Männer durch sie geboren werden. Der Tod im Kindbett sei nichts weiter als ein Sterben im edlen Werk und Gehorsam Gottes. Ist dies die Quintessenz der christlichen Moral und Ethik? Oder die vielgepriesene Barmherzigkeit?

Heute würde es kein Geistlicher mehr wagen, solche Bilder öffentlich zu transportieren. Doch die Würdenträger der katholischen Kirche weigern sich immer noch standhaft, die Gleichstellung von Frau und Mann in der Kirche umzusetzen. Sie tragen zwar im Vatikan weite Roben wie manche Frauen, doch sie verbannen die weiblichen Gläubigen immer noch von den wichtigen Ämtern.

Lilith wehrte sich gegen die Unterdrückung

Da lobe ich mir die aufmüpfige Lilith, Hauptfigur eines spannenden Schöpfungsmythos, der in vielen Varianten in die Mythologie einging. Eine Erzählung geht kurz zusammengefasst so: Lilith wurde nicht wie Eva aus der Rippe von Adam geschaffen, sondern ebenfalls aus Lehm. Sie hätte sich Adam unterordnen müssen, doch sie weigerte sich, die Rolle der Untertanin anzunehmen. Schliesslich wurde sie in den alten jüdischen Schriften als Dämonin dargestellt.

Die Geschichte von Lilith ist in gewissem Sinn auch heute noch aktuell. Noch immer haben Frauen in der katholischen Kirche und in vielen Freikirchen nicht die gleichen Rechte und Möglichkeiten wie Männer.

Deshalb braucht es heute noch viele Liliths – speziell im Iran und vielen anderen islamisch geprägten Ländern.

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Hugo Stamm, Sektenblog
Bild: zvg
Hugo Stamm
Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig: Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
Mit seinem Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.

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563 Kommentare
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Brummbär
19.11.2022 09:06registriert August 2020
"Deshalb brauchts noch viele Liliths". Einfach grundsätzlich weniger Religion wäre der einfachere Weg zu mehr Gleichberechtigung.
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Antinatalist
19.11.2022 09:24registriert September 2019
"Die Unterdrückung der Frauen gehört zur DNA vieler Religionen"

oder Rechtskonservativen...
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Lullaby@20past
19.11.2022 10:50registriert April 2019
Ja, es braucht noch viele Lilliths, die bereit sind, ihr Leben für ein kleines bisschen Freiheit zu opfern.
Wieviele Töchter müssen noch sterben oder weggesperrt werden, bis in den Köpfen derer Väter ein Umdenken stattfindet? Und wie gross muss die Verzweiflung sein, dass junge Frauen ihr Leben aufs Spiel setzen, weil sie an die Demos gehen?
Ehrlich gesagt bin ich wenig zuversichtlich, dass sich im Iran und anderen Ländern in naher Zukunft etwas zum Positiven ändern wird. Im Gegenteil... 😪
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