Der Albtraum aus Sicht von Huawei ging in der Nacht auf Montag weiter: Bloomberg berichtet nun, dass Intel, Qualcomm und Broadcom, drei der weltweit führenden Chipdesigner und -lieferanten, mit sofortiger Wirkung ihre Geschäftsbeziehungen mit Huawei unterbrechen.
Laut Bloombergs Quellen wurden Mitarbeiter der grossen US-Chiphersteller darüber informiert, dass ihre Unternehmen die Lieferverträge mit Huawei bis auf weiteres einfrieren werden. Intel versorge Huawei mit Serverchips und den Prozessoren für seine Laptop-Linie, während Qualcomm bei der Bereitstellung von Modems und anderen Prozessoren weniger stark vertreten sei, fasst Bloomberg zusammen.
Wobei bislang keine offiziellen Stellungnahmen der Akteure vorliegen. Weder von Huawei, noch der US-Regierung.
Update: Besitzer aktueller Huawei-Smartphones mit Google-Apps sollen weiterhin in der Lage sein, die von Google bereitgestellten App-Updates zu nutzen und herunterzuladen. Dies erklärt ein Google-Sprecher laut Reuters und er habe den früheren Bericht der Nachrichtenagentur bestätigt.
Zuvor hatte am Sonntagabend die Nachrichtenagentur Reuters über drastische Massnahmen von Google gegen Huawei berichtet. Da hiess es, der Android-Entwickler habe die Geschäftsbeziehungen mit Huawei mit sofortiger Wirkung eingestellt.
Google sei durch die US-Politik zu diesem Schritt gezwungen, und der Schritt werde dramatische Auswirkungen für Huawei-User auf der ganzen Welt haben, hiess es.
Dies bedeute praktisch keine weiteren Android-Sicherheitsupdates für neue und alte Geräte, einschliesslich der aktuellen Huawei P30 und P30 Pro, Mate 20 Pro und viele mehr.
Betroffen seien sowohl der Transfer von Hardware als vor allem auch von Software:
Grund ist der US-Wirtschaftskrieg gegen China.
Am Donnerstag hatte der US-Wirtschaftsminister angekündigt, dass der chinesische Telekommunikationskonzern Huawei auf die Schwarze Liste der USA komme. Damit müssen US-Firmen fortan die Genehmigung der Regierung einholen, um Geschäfte mit den Chinesen tätigen zu können.
Und nach den jüngsten Medienberichten erhöht die US-Regierung den Druck, indem sie US-Techunternehmen zwingt, die Zusammenarbeit vorübergehend zu stoppen.
Weiter heisst es, Huawei verliere sowohl Zugang zu Googles Play Store als auch zu allen grossen Anwendungen des Unternehmen. Darunter befinden sich etwa Gmail, aber auch Google Maps, die Google-Suche oder YouTube.
Sollte sich dies bestätigen, wäre dies ein kritischer Schlag für das Smartphone-Geschäft von Huawei, kommentiert der Tech-Blog Android Police. Das Unternehmen könnte zwar mit nicht-amerikanischen Unternehmen zusammenarbeiten, um Alternativen zu Google-Diensten anzubieten – oder das interne Betriebssystem verwenden, an dem es seit einiger Zeit arbeitet. Doch wäre der fehlende Zugang zum PlayStore ein grosser Nachteil für alle potenziellen Käufer.
Der Zugang zur Android-Betriebssteuerung soll Huawei jedoch weiterhin über die Open-Source-Lizenz möglich sein – wie es jedem ist. Technischer Support seitens Google wiederum ist für Huawei keiner gewährleistet.
Im schlimmsten Fall könnte das heißen, dass Käufer von Huawei-Smartphones von einem Tag auf den anderen keinen Zugriff mehr auf den Play Store haben. Unfassbar, was da angerichtet wird.
— Andreas Proschofsky (@suka_hiroaki) 19. Mai 2019
Huawei ist hinter Samsung der weltweit zweitgrösste Hersteller von Smartphones mit Android-Betriebssystem. Die Chinesen wollen die Südkoreaner dieses Jahr überholen.
Und Huawei ist nicht der einzige Hersteller aus China, aber sicherlich in Europa und USA der größte und bekannteste.
— Jan Johannsen (@noplacetohide) May 19, 2019
Am Ende könnte es auch Xiaomi, Oppo, Vivo, Oneplus, ZTE und selbst Nokia (HMD Global) oder Blackberry und Alcatel (beide TCL) treffen. Honor gehört eh zu Huawei. https://t.co/nmboctXKCL
Eine aktuelle Stellungnahme von Huawei lag am Sonntagabend nicht vor. Am Freitag hatte das chinesische Unternehmen via Twitter kritisiert, dass US-Schritte gegen Huawei auch den Ausbau der 5G-Netze verlangsamten.
Wie The Verge schreibt, sei Huawei gut auf die Lieferstopps von US-Chipherstellern vorbereitet: Zum einen baue das chinesische Unternehmen seine eigenen mobilen Prozessoren und Modems. Zum andern deute ein weiterer Bloomberg-Bericht darauf hin, dass sich Huawei für dieses Blockade-Szenario gerüstet habe, indem das Unternehmen einen Vorrat an Chips von US-Lieferanten angehäuft habe.
Dieser Vorrat solle mindestens drei Monate lang halten, was genügend Zeit sein sollte, «um festzustellen, ob es sich bei der aktuellen Massnahme um Panikmache oder eine dauerhafte Auferlegung durch die US-Regierung handelt».
Washington's actions against #Huawei will only serve to weaken competition, slow down #5G innovation and prevent U.S. consumers and businesses from accessing the world’s most advanced communications technology. #HuaweiFacts
— Huawei Facts (@HuaweiFacts) 17. Mai 2019
(dsc/bal)