Hallo allerseits, Grumpy Old Man here, der selbstverständlich nicht wirklich versteht, was der Reiz am aktuellen Bubble-Tea-Trend sein soll.
Ja, vor einigen Jahren war da schon mal ein kleinerer Trend in dieser Richtung (ihr könnt euch die Kommentare sparen). Aber ob Boba-Tea (wie es auch genannt wird) ‹neu› ist oder bloss ‹zurück›, Fakt ist, dass seit ein paar Monaten sich überall in der Stadt Warteschlangen bilden, sobald ein Bubble-Tea-Laden aufmacht. Ich würde gar behaupten, sieht man in Zürich eine Schlange, in der vor allem unter 20-Jährige stehen, dann ist dort ein Bubble-Tea-Shop.
Und bevor ich nun das als einer dieser oberflächlichen Insta-TikTok-Trends niedermache, die einzig und alleine auf die Instagramability hinauszielen (ja, die farbigen Drinks mit ihren Perlbömbeli sehen tatsächlich hübsch aus), will ich erst mal bei der Zielgruppe vorstellig werden. Zwei passgenaue Vertreterinnen ebendieser sind Tallulah Baroni (12) und ihre Freundin Taruni Ambardar (13).
Und so spaziere ich mit den beiden jungen Damen ein paar Strassenblocks runter, wo es seit Neustem ein Bubble-Tea-Shop geben soll. Und siehe da: Es ist mitten am Nachmittag an einem stinknormalen Wochentag ... und es stehen Menschen an. Vorne beim Beck hat es keine Warteschlange. Auch nicht beim Sandwich-Laden – eigentlich nirgends. Ausser hier. Und ziemlich alle in der Reihe sind jünger als 20, schätze ich mal. Okay. Let's do this.
Taruni, Tallulah – wie habt ihr erstmals von Bubble Tea erfahren?
TALLULAH: Von TikTok. Dort ist es überall.
TARUNI: Von meiner Klassenkollegin. Und ja, auch von TikTok.
Und ihr seid Fan davon?
TALLULAH: Also ich find's überbewertet.
TARUNI: Ich hab's sehr gerne.
Ja, super, Tallulah. Ich habe dich hier quasi als ‹Expertin› eingeladen und du magst es nicht mal?
TALLULAH: Doch, doch, ich mag's. Aber man sieht es so viel auf TikTok und ich finde es ein bisschen überbewertet. Hey mach' doch eine ‹this or that›!
Aha, ich verstehe. Zum Beispiel, Bubble Tea ... oder Starbucks?
T&T: Starbucks.
Bubble Tea oder Ice Tea?
TARUNI: Eistee! Ich liebe Eistee.
TALLULAH: Bubble Tea. Ich mag keinen Eistee.
Bubble Tea oder Coke Zero?
T&T: Bubble Tea.
Bubble Tea oder Donuts?
T&T: DONUTS!
Ja, wann habt ihr überhaupt Bubble Tea lieber?
TARUNI: Anstatt normalen Tee, vielleicht? Ich habe Tee nicht gern. Aber Bubble Tee ist ja nicht Tee. Es ist eigentlich Chai. Chai mag ich.
Aber Chai ist doch Tee?
TARUNI: Ja schon, aber Milchtee. Masala Chai. Und Bubble Tea – also der originale Bubble Tea – ist glaub eben mit süssem Milchtee und den chewy Bubbles.
Also ihr mögt vor allem die Bubbles?
TARUNI: Ja. Und was ich vor allem mag, ist, dass man die Zutaten auswählen kann.
Aha, «ich will Tee X mit Bubbles Y» und so?
TARUNI: Genau. Dass man sich seinen Drink selbst zusammenstellen kann.
TALLULAH: Ja, vor allem das finde ich cool. Aber ich finde den Trend trotzdem überbewertet.
Du findest ihn überbewertet ... aber trotzdem stehen wir nun hier. Du hältst nicht allzu viel vom Trend ... aber du willst mitmachen.
TALLULAH: Nein. Ich will diesen einen neuen Laden hier ausprobieren. Und überhaupt: Dir wurde das Thema aufgedrückt, nicht mir.
Wo sie recht hat, hat sie recht. Inzwischen sind wir an der Theke angelangt – es ging viel schneller als erwartet. Ja, in der Tat, das Auswählen, analog wie bei Barstucks und Co. («Ich nehme einen Latte Macchiato, aber mit Mandelmilch, bitte, und könnte ich als Topping zuckerfreien Karamelsirup bekommen?») scheint einen grossen Teil des Reizes auszumachen. Ich, indes, darf nicht wählen, denn Mademoiselle Tochter wünscht, ich solle «Peachy Raspberry» bestellen, damit sie davon probieren darf. Sie selbst ordert etwas namens «Galaxy Splendor», während Taruni sich für «Oreo & Bubbles» entscheidet. 26 Hämmer 70 kostet das. Nun gut, es sind insgesamt vier Leute am schuften hinter der Theke und wir sind in der Schweiz und wollen denen anständige Löhne und AHV bezahlen. Support small businesses und so.
Und siehe da: Sobald wir die Getränke ausgehändigt bekommen (die Bedienung ist ausgesprochen freundlich), stellt sich freudige Begeisterung bei der Jungmannschaft ein. Viel Gelächter, viel Bewegung, viele Faxen. Die Girls stellen mit Wohlwollen fest, dass die Röhren aus rezykliertem Karton sind. Und ich stelle alsbald fest, dass beide Sorten von Bubbles drin sind: Die Tapioka-Bällchen (chewy) und die aufplatzenden Gelkügelchen (sweet). Die saugt man mit dem Getränk durch den Trinkhalm auf (die Röhrchen sind entsprechend gross dimensioniert).
Und? Wie schmeckt's?
TARUNI: Mmh, ich LIEBE meins! Aber ich wusste es im Voraus, denn ich liebe Oreos.
TALLULAH: Hmm ... ich mag die chewy bubbles nicht.
Ja super – dein Bubble Tea schmeckt dir nicht?
TALLULAH: Geht so. Mit meinem Bruder und seiner Freundin hatte ich letzthin beim einen Laden in Oerlikon eine Strawberry Milk mit Strawberry Bobas! Das war uuh fein.
TARUNI: Ja, ich habe auch die milchigen Tees lieber – deshalb habe ich auch diesen Oreo and Bubbles bestellt. Fein!
TALLULAH: Dad? Darf ich mit dir tauschen?
Klar darf sie. Ich mag nämlich beide gleichermassen (die feinen Geschmacksunterschiede zwischen dem butterfly flower tea («Galaxy Splendor») und four seasons tea («Peachy Raspberry») sind für meine Nicht-Teetrinker-Geschmacksnerven kaum feststellbar). Sehr erfrischend, jedenfalls. Und erfreulicherweise nicht besonders süss. Und die Bobas munden gut. Die jungen Damen bedanken sich artig für ihre Bubble Teas und fachsimpeln dann alsbald über Ariana Grande und über Dance Moves, die sie letzthin gelernt haben, und darüber, wie die Jungs der Klasse sich dämlich verhalten hätten in der Pause.
So. Das wär's also. Nicht gerade ein ‹Erklärstück›, wie ich's mir vielleicht gewünscht hätte. Aber vielleicht eine Lektion darin, dass man nicht alles ‹verstehen› muss, um es zu akzeptieren. Besonders nicht, wenn es keines tieferen Sinns bedarf, sondern schlicht und einfach Spass macht (was nun mal auch wichtig ist). Und damit passt Bubble Tea tatsächlich bestens zum Zeitgeist: Es ist nichts weniger als eine Absage an den Bierernst beim Essen und Trinken. Allzu oft geht vergessen, dass Spass ein erheblicher Bestandteil kulinarischen Genusses ist. Nicht nur der Geschmack einer Speise ist massgebend, sondern auch die Art und Weise, wie man es isst oder trinkt; und ja, selbst auch der Bestellvorgang, das Gesamterlebnis, der Event. Gerade heute, wo viel mehr auf Gesundheit, Nachhaltigkeit und andere wichtige Faktoren beim Essen geachtet wird (das machen Sechstklässlerinnen übrigens auch – vielleicht gar mehr als der durchschnittliche Erwachsene), ist es immens wichtig, dass der Spass nicht zu kurz kommt. Danke also, Taruni und Tallulah. Und danke, Taiwan, für den Bubble Tea.