Jüngst kam eine Freundin vorbei mit einer Flasche Jack Daniel’s. Und ich musste abermals feststellen: Mann, ich liebe dieses Zeugs. Nach all' den Jahren in denen ich vermehrt Scotch trank (Single Malts und Blends) und gerne obskure Bourbons und Ryes ausprobierte, bleibt die Erkenntnis: Verhebt eben doch, der Old No. 7.
Spätestens jetzt schaltet der eine oder andere selbsternannte Whiskey-Kenner auf Autopilot: Flugs zur Kommentarspalte springen und etwas schreiben im Stil von «ALSO ICH trinke nur Glenwanky McBalls Highland Single Malt, an den kommt EH NICHTS heran».
Nö, Single-Malt-Snobs können mich Mal. Ich mag ja Scotch Whisky. Sehr sogar. Aber ich mag jene gerade in unserer überreichen Schweiz häufige Tendenz nicht, nach superteuren Produkten zu greifen und nach deren Massstäben über Preiswerteres herzuziehen.
«Ich habe einen neuen Fiat Panda gekauft; ist ein super Auto.»
«Pah an meinen Ferrari kommt der nicht ran.»
Schön für euch Bevorteilten, wenn ihr auf den Edelbrand-Ledersessel-Kerzenlicht-Zigarren-Massanzug-Groove abfährt. Zu Jack Daniel’s passen eher Latzhosen, Trucker-Cap und ein Sinn für derben Humor. Das Schöne daran ist, dass es der Qualität des Getränks keinen Abbruch tut.
Weil er verdammt nochmal gut ist – deshalb mag man den hundskommunen Old No. 7. Und weil er beim Blindtest selbsternannte Whiskey-Kenner stets blöd aussehen lässt: Da sitzt jemand bei mir zuhause, der mal ein paar 80-fränkige Single-Malt-Flaschen gekauft hat und nun etwas von Barrel Aged Sherry Finishes schwafelt … dem gebe ich ein Glas Jack Daniel’s und frage, «Du was hältst du von dem hier?». Und siehe da: Jeder attestiert ihm Erlesenheit, Geschmacksvielfalt und weiswasich.
Zu Recht, denn Jack Daniels ist und war schon immer ein sorgfältig hergestelltes Destillat. Charcoal mellowed und so … ach, ich bring hier nicht den üblichen JD-Pressetext; sowas könnt ihr selbst googeln. Jedenfalls können Old No. 7, Gentleman Jack und Single Barrel geschmacklich problemlos mit sämtlichen kleinen Craft-Destillerien mithalten, die in den letzten Jahren für viel Aufmerksamkeit sorgten. Anders wie bei etwa Wein oder Bier, sind bei Bränden grössere Mengen eher ein Garant für Qualität als ein Hindernis. Und – logo – mengenmässig hat JD ohnehin gewonnen. In der Destillerie im Käffchen Lynchburg, Tennessee haben sie mehr als 70 mellowing vats – damit lässt sich ordentlich viel Schnaps herstellen. Und: 89 Barrelhouses befinden sich in den Hügeln in und um Lynchburg. Eines dieser Lagerhäuser beherbergt gut und gerne um die 20'000 Fässer. Ein Fass enthält um die 200 Liter. Rechne.
Aber, hey, ich will hier keine Micro-Distilleries bashen und schon gar nicht unsere Kumpels aus Schottland. Schliesslich ist Vielfalt des Geniessers Freund. Ich will nur nicht, dass man Jack Daniel’s alleine aufgrund seines Erfolges niedermacht. Die Firma ist nämlich über die Jahrhunderte ebenso beständig wie kauzig geblieben. Wie viele Hipster-Whiskies haben ihre eigene Wasserquelle in einer Höhle auf dem Grundstück ihrer Destillerie? Wie viele schreinern ihre Fässer selbst zusammen? Und verkaufen die benutzten Fässer an die schottisches Destillerien – oder bauen Schaukelstühle und andere Möbel daraus? Überhaupt – wie viele sind seit 1866 im selben 500-Seelen-Dorf beheimatet (Bulleit, etwa, hat seit seiner Lancierung 1987 bereits drei Mal die Destillerie gewechselt)?
Und zum Schluss noch dies: Jack Daniel’s ist der einzige Whiskey, der Rock’n’Roll ist. Es war eine Flasche Old No. 7, die Keith Richards auf seinem Verstärker stehen hatte. Lemmy trank Jack and Coke, nicht Scotch and Soda. Frank Sinatra liess sich gar mit einer Flasche Jack Daniel’s begraben.
Und wenn irgendwo auf der Welt eine Band auf einer Bühne steht, die ziemlich Krawall macht, dann ist die Chance gross, dass einer der Musiker ein schwarzes Jack-Daniel’s-T-Shirt trägt (jedenfalls wird’s kein Macallan-Shirt sein).
Und hier dürft ihr alle noch mitsingen: