Seit die Coronavirus-Pandemie die Schweiz erreicht hat, verändert sich unser Leben in ungeahnter Weise. Der Bundesrat hat einschneidende Massnahmen ergriffen, die unseren Alltag auf den Kopf und die Wirtschaft vor enorme Herausforderungen stellen. Noch können wir nur mutmassen, wie die Situation sich weiterentwickeln wird – ein Blick auf die Lage in Italien, wo es längst mehr Covid-19-Todesfälle gibt als in China, verheisst nichts Gutes.
Die Unsicherheit wächst. Während die einen bereits den Teil-Lockdown, den die Regierung verhängt hat, für übertrieben halten, rufen andere nach einer Ausgangssperre, um die Pandemie einzudämmen. Die Fragen, die uns allen unter den Nägeln brennen, sind: Was kommt noch auf uns zu? Wie lange wird diese «ausserordentliche Lage» noch andauern? Ist die Strategie des Bundesamts für Gesundheit (BAG) geeignet, um die Pandemie wirkungsvoll zu bekämpfen?
Eine mögliche Antwort darauf finden wir im Artikel «The Hammer and The Dance» von Tomas Pueyo. Der Amerikaner ist allerdings kein Wissenschaftler, sondern Mitarbeiter einer Bildungsplattform für Studenten; dennoch ist sein ausführlicher Beitrag millionenfach geteilt und in zahlreiche Sprachen übersetzt worden, darunter auch auf Deutsch.
Pueyo hat umfangreiche Zahlen und Fakten zur Corona-Pandemie zusammengetragen und aufbereitet. Werfen wir einen Blick darauf – ohne dabei zu vergessen, dass sich die Datenlage derzeit ständig ändert. Beispielsweise ist es nach wie vor unklar, wie hoch die Dunkelziffer ist (also die Zahl derjenigen, die infiziert, aber in der Statistik noch nicht erfasst sind).
Pueyo unterscheidet grob drei Optionen, die den Entscheidungsträgern zur Verfügung stehen:
Die erste Möglichkeit ist angesichts der tödlichen Wucht der Pandemie nicht zu verantworten und wird daher auch nirgendwo ernsthaft erwogen. Wir streifen deshalb dieses Szenario nur kurz. Über die Zweckmässigkeit der beiden anderen Strategien herrscht Uneinigkeit – Schweden verfolgt derzeit eine Verlangsamungs-Strategie, während die stark betroffenen Staaten Italien und Spanien nach dem Vorbild Chinas eine Strategie der Suppression fahren.
Nach wie vor gibt es weder einen Impfstoff gegen SARS-CoV-2 noch Medikamente zur Behandlung der vom Virus ausgelösten Krankheit Covid-19. Und es besteht keine Immunität in der Bevölkerung gegen das Virus, das sich daher nahezu ungehindert ausbreiten kann. Die sogenannte Basisreproduktionszahl R0 liegt nach derzeitigem Wissensstand bei etwa 2,5 – eine infizierte Person gibt den Erreger also an zwei bis drei Personen weiter. Innerhalb von acht Wochen kann ein einzelner Mensch so rund 3000 weitere infizieren.
Falls nichts dagegen unternommen wird, würde sich das Virus also ungebremst verbreiten und rund 75 Prozent der Bevölkerung infizieren. Von ihnen würden viele sterben – nicht nur an Covid-19 selbst, sondern vor allem auch durch den Zusammenbruch des völlig überforderten Gesundheitswesens. Da etwa 5 Prozent der Fälle Intensivpflege benötigen, wäre dieser Zusammenbruch unausweichlich.
Sehr viele Patienten mit einem schweren Krankheitsverlauf könnten dann nicht mehr die Versorgung erhalten, die sie benötigen. Die meisten von ihnen würden sterben. Überdies träfe die Knappheit der medizinischen Ressourcen – Betten, Geräte, Personal – auch Patienten, die aus anderen Gründen intensive Pflege erhalten sollten, zum Beispiel Unfallopfer oder Herzinfarkt-Patienten. Pueyo nennt dies den «Kollateralschaden».
Ein Land wie die USA müsste in diesem Szenario mit rund 245 Millionen infizierten Personen und mehr als 10 Millionen Todesfällen rechnen. Die Zahlen hängen allerdings von verschiedenen Variablen ab, darunter massgeblich von der Sterblichkeitsrate. Pueyo veranschlagt sie auf 4 Prozent, und zwar aufgrund des nicht zu verhindernden Zusammenbruchs des medizinischen Systems. Die Zahlen bleiben jedoch auch dann erschreckend hoch, wenn die Mortalität etwas geringer veranschlagt wird.
Mitigation ist die Strategie der Verlangsamung der Pandemie, also der Versuch, durch geeignete, aber nicht extrem einschneidende Massnahmen die Ausbreitung des Virus zu bremsen. Das Ziel ist dabei, dass die Fallzahlen langsamer ansteigen als bei einer ungebremsten Ausbreitung, so dass es nicht zu einer Überlastung des Gesundheitssystems kommt. Die Massnahmen sollen die Verbreitungskette des Virus unterbrechen und so dafür sorgen, dass weniger Personen angesteckt werden. Dies ist es, was in den sozialen Medien unter dem Hashtag #FlattentheCurve propagiert wird.
Im Unterschied zur Suppressionsstrategie (siehe nächsten Punkt) nimmt die Mitigations-Strategie in Kauf, dass ein grosser Teil der Bevölkerung sich mit dem Virus infiziert; allerdings soll dies so langsam geschehen, dass das Gesundheitssystem durch die Zahl der schweren Krankheitsfälle nicht zu stark überlastet wird. Jene Teile der Bevölkerung, die besonders gefährdet sind – Alte und Personen mit Vorerkrankungen –, sollen jedoch geschützt werden, indem man sie isoliert.
Falls diese Strategie erfolgreich ist, führt sie zu einer allmählichen «Durchseuchung» der Bevölkerung. Wenn erst einmal 60 bis 70 Prozent der Population eine Infektion mit dem Virus durchlebt hat, so der Plan, ist eine «Herdenimmunität» erreicht: Das Virus findet kaum mehr neue Personen, die es anstecken kann, da die meisten potenziellen Kontaktpersonen bereits immun dagegen sind – wenigstens für einige Jahre. Dadurch flaut die Epidemie allmählich ab. Voraussetzung dafür ist freilich, dass das Virus nicht so schnell und stark mutiert, dass die im Körper gebildeten Antikörper nicht mehr dagegen wirksam sind.
So weit der Plan. Wird er im Kampf gegen SARS-CoV-2 erfolgreich sein?
Es sieht nicht so aus. Eine einflussreiche Studie des Imperial College London, die Mitte März erschienen ist, macht unmissverständlich klar, dass die Mitigationsstrategie zwar die Überlastung des Gesundheitssystems um zwei Drittel reduzieren und die Zahl der Todesopfer halbieren könnte. Doch für Grossbritannien rechnet die Studie gleichwohl mit hunderttausenden von Toten; in den USA wären es mehr als eine Million. Es waren vermutlich diese Zahlen, die in London und Washington ein Umdenken bewirkt haben – die britische und die US-Regierung verschärften jedenfalls ihre Massnahmen.
Das Team der Wissenschaftler um den renommierten Epidemiologen Neil Ferguson simulierte die Auswirkungen unterschiedlicher Massnahmen auf zwei Modellpopulationen, die auf den Verhältnissen in Grossbritannien und den USA basiert sind. Die untersuchten Massnahmen – sie werden «nicht-pharmazeutische Interventionen» genannt – rangieren vom Verbot aller Grossveranstaltungen bis zum Social Distancing für die gesamte Bevölkerung. Die Auswirkung eines kompletten Lockdowns mit Ausgangssperre wurden dagegen nicht untersucht.
Der Befund der Studie ist eindeutig: Sämtliche der untersuchten Massnahmen könnten nicht verhindern, dass der Bedarf an Intensivstations-Betten die Kapazität des Gesundheitswesens massiv übersteigen würde. Selbst die härteste der untersuchten Massnahmen, so warnt Pueyo in seinem Beitrag, könnte das Desaster nicht verhindern.
Ausserdem würde die Abflachung der Kurve zwar die Zahl der Todesfälle reduzieren, stellt Pueyo fest, aber zugleich die Überlastung des Gesundheitssystems in die Länge ziehen und damit den Kollateralschaden erhöhen – also die Zahl der Todesopfer, die aufgrund dieser Überlastung nicht adäquat behandelt werden könnten.
Und nicht genug damit: Das Ziel der Mitigationsstrategie, eine Herdenimmunität zu erreichen, steht und fällt gemäss Pueyo damit, dass SARS-CoV-2 nicht mutiert. Dies ist jedoch bereits geschehen – es gibt mittlerweile zwei Virenstämme, den L-Typ und den S-Typ (je nach Aminosäure, die an einer bestimmten Stelle des Viren-Genoms kodiert wird). RNA-Viren, zu denen die Coronaviren, aber auch die Grippe-Erreger gehören, mutieren laut Pueyo bedeutend schneller als DNA-Viren.
SARS-CoV-2 mutiert freilich langsamer als die Influenzaviren. Sein Genom ist während der Ausbreitung bisher relativ stabil geblieben, was die Aussicht verbessert, einen Impfstoff gegen den Erreger zu finden, der auf Jahre hinaus wirksam bleibt. Überdies müssen Mutationen nicht unbedingt dazu führen, dass ein Virus gefährlicher wird, denn der Konkurrenzdruck unter den Erregern sorgt dafür, dass die Selektion die bessere Übertragbarkeit fördert, nicht aber eine höhere Todesrate des Wirts – diese hemmt nämlich die Verbreitung des Virus, da lebende Infizierte das Virus viel eher weiterverbreiten.
Die Durchseuchung von grossen Teilen der Bevölkerung, die im Zuge der Mitigationsstrategie zur Herdenimmunität führen soll, führt allerdings dazu, dass der Erreger über ein Reservoir von Millionen Infizierter verfügen könnte, was die Möglichkeiten zur Mutation massiv erhöht. Pueyo warnt daher vor einer Situation wie bei den Grippe-Erregern: Diese tauchen saisonal in unterschiedlichen Stämmen auf, gegen die es nicht immer einen Impfstoff gibt. Nur wäre das neue Coronavirus tödlicher als die Grippe.
Die Suppressionsstrategie versucht die Ausbreitung des Virus möglichst vollständig zu unterdrücken. Mit äusserst strikten Massnahmen – wie sie in China, Italien, Spanien oder Frankreich ergriffen wurden – versucht man, Übertragungen des Virus von Mensch zu Mensch konsequent und komplett zu unterbinden. Im Idealfall gelingt es so, das Virus gewissermassen auszuhungern.
Zu den bei der Mitigationsstrategie ergriffenen Massnahmen muss daher bei der Suppressionsstrategie beispielsweise zusätzlich eine Ausgangssperre verhängt werden, um die Kontakte zwischen den Menschen auf ein Minimum zu reduzieren und so dem Virus die Möglichkeiten, sich zu verbreiten, möglichst zu entziehen. Das ist es, was Pueyo den «Hammer» nennt.
Ziel der Massnahmen ist es, die Basisreproduktionsrate R0 auf einen Wert zu drücken, der unter 1 liegt. Wir erinnern uns: Ein mit dem neuen Coronavirus Infizierter steckt im Mittel zwei bis drei weitere Personen an, das heisst, R0 liegt bei 2,5. Gemäss dem Robert-Koch-Institut (RKI) müssten bei einem R0 von etwa 3 rund zwei Drittel aller Übertragungen unterbunden werden, um die Pandemie unter Kontrolle zu bringen.
Warum, so fragt Pueyo, wenden denn die meisten Regierungen den «Hammer» nicht an? Er nennt drei Überlegungen, die dem Handeln der Entscheidungsträger zugrunde liegen:
Dem hält Pueyo entgegen, dass der «Hammer» nicht monatelang andauern müsste, sondern nur einige Wochen. Er verweist auf die Erfahrungen in der chinesischen Provinz Hubei, die mit knapp 60 Millionen Einwohner fast so gross ist wie Italien. Hubei war die Provinz Chinas, die am stärksten von der Pandemie betroffen war. Die Massnahmen, die dort ergriffen wurden, waren drastisch: Die Leute mussten zuhause bleiben und durften ihr Heim nur verlassen, wenn es einen Notfall gab oder sie Lebensmittel einkaufen mussten. Zudem gab es Reiseverbote und die Kontakte von Infizierten wurden nachverfolgt.
Nach dem «Hammer» beginnt die Phase des «Tanzes» – also der Lockerung und zeitweiligen Wiederverschärfung der Massnahmen, um die Pandemie am Wiederaufflammen zu hindern. Diese Phase müsste andauern, bis ein Impfstoff entwickelt ist oder zumindest wirksame Medikamente zur Behandlung der Schwerkranken zur Verfügung stehen. Während dieser Zeit wäre, wie Pueyo annimmt, über weite Strecken ein nahezu normales Leben möglich.
Eine frühzeitig ins Werk gesetzte Suppressionsstrategie könnte so die Zahl der Infektionen deutlich senken, dadurch das Gesundheitssystem entlasten und in der Folge auch die Sterblichkeitsrate und den Kollateralschaden reduzieren. Die Suppression soll durch extrem strikte Massnahmen die Pandemie ersticken und dadurch wertvolle Zeit gewinnen. Zeit, die wir laut Pueyo wie folgt nutzen sollten:
Pueyo ist wie erwähnt kein Wissenschaftler, aber sein Beitrag stützt sich auf zahlreiche Studien, die er zusammengetragen hat. Allerdings ist deutlich spürbar, dass er etwas bewegen will – was durchaus legitim ist. Er hat dabei vor allem die Situation in den USA und in Grossbritannien vor Augen, und es scheint ganz so, als ob ihm die Zahlen dort Recht geben.
Allerdings ist die Datenlage nach wie vor sehr dünn. Die Zahlen der bestätigten Fälle beruhen auf Tests, die in verschiedenen Ländern nach unterschiedlichen Algorithmen vorgenommen werden und daher weniger gut vergleichbar sind, als es zunächst den Anschein macht. Auch gibt es Hinweise darauf, dass externe Faktoren die Fallzahlen und die Mortalität beeinflussen – so legt eine neue Studie der Universität von Oxford nahe, dass kaltes und trockenes Wetter die Ausbreitung des Virus begünstigt. Auch die Luftqualität scheint eine Rolle zu spielen: Smog dürfte eine Rolle als Virenschleuder spielen.
An der Mitigationsstrategie, wie sie auch die Schweiz fährt, lässt Pueyo kein gutes Haar. Das ist verständlich, wenn man sich die Politik vor Augen führt, die zu Beginn in den USA und in Grossbritannien verfolgt wurde und die nahezu einem Laissez-faire gleichkam. Die Schweiz hat vergleichsweise früher und entschiedener reagiert, insbesondere hat sie viel mehr getestet, als dies in den USA der Fall war. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt, sie in einen Topf mit den angelsächsischen Ländern zu werfen.
Kehren wir zu den eingangs dieses Artikels gestellten Fragen zurück. Lassen sie sich nun beantworten?
Die Mitigationsstrategie, die in der Schweiz verfolgt wird, ist bereits vergleichsweise strikt. Der Bundesrat könnte die Schraube eigentlich nur noch weiter anziehen, indem er eine Ausgangssperre verhängen würde – etwa dann, wenn sich die Bevölkerung nicht ausreichend an die erlassenen Verhaltensregeln hält.
Für Pueyos «Hammer» dürfte es indes zu spät sein – das konsequente Nachverfolgen der Kontaktpersonen von Infizierten ist angesichts der Zahlen nicht mehr möglich. Wenn wir der unter Epidemiologen gehandhabten Faustregel folgen, wonach die Todesfälle in einem bestimmten Zeitpunkt ca. 1 Prozent der tatsächlich Infizierten etwa 15 Tage zuvor entsprechen, dann gab es in der Schweiz vor rund zwei Wochen bereits mehr als 24'000 Infizierte.
Südkorea hat zwar bisher mit dieser aggressiven Nachverfolgung den Anstieg der Infektionen erfolgreich im Zaum gehalten, aber das ostasiatische Land hat viel und früh getestet. Und es hatte zudem mit einem Cluster zu tun; das heisst, sehr viele Infizierte stammten aus den Reihen einer Sekte, was die Eingrenzung erleichterte.
Wünschenswert wäre, wenn hierzulande viel umfangreicher getestet würde. Dafür setzt man in der Schweiz Abstrichtests ein, die das Virus direkt über eine Genanalyse nachweisen. Sie sind jedoch teuer – und knapp. Zudem benötigt man für die Analyse teure Maschinen. Aus diesem Grund wird nicht getestet, wer kaum Symptome aufweist. In ostasiatischen Ländern sind dagegen bereits billige Antikörper-Tests mit Blut im Einsatz, mit denen sich auch die Fälle mit einem leichten Verlauf eruieren lassen. Erfahrungen aus China zeigen zwar, dass diese Tests eine Fehlerquote von etwa 10 Prozent aufweisen, aber sie eignen sich dazu, einen Überblick über die Pandemie-Situation zu gewinnen.
Pueyo geht anhand der Zahlen aus der chinesischen Provinz Hubei von einem Zeitraum von 5 bis 7 Wochen aus. Danach müsste der «Hammer» allmählich Wirkung zeigen. Britische und deutsche Epidemiologen prognostizieren freilich eine längere Dauer. Da es in der Schweiz für den «Hammer» zu spät ist, muss man wohl damit rechnen, dass die ergriffenen Massnahmen über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden müssen. Genaue Angaben lassen sich allerdings nicht machen, ohne vollends in Spekulation abzugleiten. Gesundheitsminister Alain Berset zumindest erwartet, dass die Corona-Krise in der Schweiz mindestens noch bis Mitte Mai andauern wird.
Auch wenn wir uns auf die Auswirkungen der Pandemie auf das Gesundheitswesen beschränken und ihre wirtschaftlichen, politischen und psychologischen Folgen ausser Acht lassen, kommt eine Beantwortung dieser Frage dem sprichwörtlichen Lesen im Kaffeesatz gleich. Die angespannte Lage im Tessin lässt befürchten, dass es auch bei uns zu dramatischen Verhältnissen kommt, wie sie in Norditalien – das uns im zeitlichen Verlauf der Pandemie voraus ist – herrschen. Doch die Verhältnisse in anderen Ländern lassen sich nur mit grosser Vorsicht auf die hiesige Lage übertragen. Die Entwicklung der Fallzahlen gibt aktuell Anlass zu leiser Hoffnung, aber dabei kann es sich auch nur um eine kurzfristige Abflachung der Kurve handeln. Laut BAG sind die schlimmsten Prognosen jedenfalls nicht eingetreten.
Anlass zur Sorge gibt dagegen die Anzahl der Intensivbetten in der Schweiz. Aktuell stehen gemäss der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) zwischen 950 und 1000 Betten zur Verfügung, die im Notfall noch aufgestockt werden könnten. 800 bis 850 davon verfügen über Beatmungsgeräte. Im Vergleich zu den Nachbarländern ist der Bestand an Intensivbetten allerdings nicht beruhigend. Die Schweiz liegt mit 11 Intensivbetten pro 100'000 Personen weit hinter Deutschland und Österreich, aber auch hinter Italien und Frankreich.
Da nach Schätzungen der SGI 7,5 bis 10 Prozent aller mit SARS-CoV-2 infizierten Personen auf eine Behandlung auf der Intensivstation angewiesen sein werden, dürfte dieser Bestand nicht ausreichen, wenn er nicht massiv aufgestockt werden kann. Wir müssen also damit rechnen, dass es auch in unseren Krankenhäusern zu Engpässen kommt, die für einige Patienten tödlich sein werden. Wie massiv sich diese Überlastung gestalten und wie viele Opfer sie fordern wird, wissen wir jetzt nicht.
Ohnehin wissen wir sehr viel noch nicht. Nach wie vor ist SARS-CoV-2 ein Feind, den wir nur ungenügend kennen. Die Forschung läuft zwar auf Hochtouren, aber substantielle Ergebnisse dürften erst in zwei, drei Monaten vorliegen.
medmi
Für den Hammer ist es nicht zu spät, denn wir sind mitten im Hammer! Seit 10 Tagen sind die neuansteckungen pro Tag konstant bei ca. 1'100 pro Tag. Das ist ein riesen Erfolg! Und nein, das hat nicht nur mit der restriktiven Testung zu tun, die war schon damals so. Und der Druck auf Tests nimmt eher ab (subjektives empfinden von der Front).
Wir werden die Neuansteckungen in den nächsten zwei Wochen auf <300 pro Tag bringen. Und dann beginnt der Tanz - am besten regional. Ich bin hoffnungsvoll.
Primus
@Dani, auf dich ist Verlass, danke für den Beitrag.
medmi
In unseren Spitälern gibt es viele sogenannte IMC (intermediate care) Stationen. In anderen Länder würden die locker als "Intensivstationen" durchgehen. Wir haben viele Beatmungsgeräte (z.B. pro Operationssaal 1 bis teilweise 3), mit welchen wir die IMCs ausstatten können. Wir haben top Anästhesisten die in den OPs aktuell nicht gebraucht werden die auf neuen Corona-Intensivstationen eingesetzt werden. Nur: Intensivstationen sind nicht die Lösung der Krankheit. (Sterblichkeit auf IPS =50%). Nein, man muss eindämmen!