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Kürzlich fand im Hallenstadion der Kongress der Zeugen Jehovas statt. Für Beobachter eine Tortur. Bei solchen Monsterveranstaltungen salbadern die Redner ihr Mantra vom richtigen Glauben an Gott, von der bösen Welt und dem nahen Weltende stundenlang herunter.
Was für Erwachsene schon eine Geduldsprobe ist, muss für Kinder auch in den langen Gottesdiensten im Königreichssaal quälend sein. Denn es ist schlicht nicht kindgerecht, stundenlang still zu sitzen und sich Dinge anzuhören, die sie nicht richtig verstehen.
Trotzdem sitzen sie wie brave Lämmer da und regen sich kaum. Das hat nichts mit Gott oder dem Glauben an ihn zu tun, sondern mit der rigiden Erziehung. Die meisten Kinder der Zeugen Jehovas werden darauf konditioniert, still zu sitzen, wenn Gott ins Spiel kommt. Sie müssen lernen, die eigenen Bedürfnisse zu unterdrücken, wenn es um ihren Jehova geht.
Zehntausende Kinder wachsen in der Schweiz in einem Sektenmilieu auf. Sie haben keine Wahl. Niemand schaut hin, wenn die Indoktrination die Qualität eines seelischen Missbrauchs hat. Selbst die Behörden greifen in der Regel erst ein, wenn körperlicher Missbrauch hinzukommt und nachgewiesen werden kann. Sie berufen sich auf die Religionsfreiheit der Eltern.
Doch was ist mit der Religionsfreiheit der Kinder? In diesem Punkt gilt das Kindswohl nichts. Dabei garantiert die UNO-Kinderrechtscharta den Kindern Glaubensfreiheit. Sie dürfen also den Glauben selbst bestimmen. Übrigens garantiert uns auch unsere Verfassung die Glaubens- und Kultusfreiheit.
In der Kinderkonvention heisst es wörtlich:
Diese Artikel sind für die Katz'. Kaum ein Land hält sie ein. Ich erlebe es immer wieder bei Scheidungen, bei denen ein sektenhafter Hintergrund eine Rolle spielt.
Konkret: Driftet eine Mutter in eine radikale esoterische oder religiöse Bewegung ab, bewirkt dies oft eine Trennung. Konfrontiert beispielsweise ihr Ehemann sie mit kritischen Argumenten, hintertreibt die Sekte die Beziehung des Paares, indem sie religiöse Kriterien ins Spiel bringt.
Ihr Mann hindere sie mit seiner Ignoranz an ihrer spirituellen oder religiösen Entwicklung. Die einzige Lösung, um ihr Seelenheil zu retten, sei die Trennung, argumentieren sektenhafte Gruppen.
Vor Gericht versuchen die geschockten Männer meist, ihre Kinder vor der religiösen Indoktrination zu schützen. Sie verlangen von den Scheidungsrichtern, der Mutter diesbezügliche Auflagen zu machen.
Dies ist aber in den allermeisten Fällen ein hoffnungsloses Unterfangen, wie die Erfahrungen zeigen. Es gibt auch den umgekehrten Fall. Mütter wollen verhindern, dass der Vater nach der Trennung seine Kinder bei den Besuchswochenenden in die esoterische oder religiöse Gruppe mitnimmt. Auch in dieser Situation scheuen sich die Richter in der Regel, Auflagen zu machen, die zum Kindswohl beitragen würden.
Religion und Glauben sind bei uns immer noch heilige Kühe. Auch wenn darunter Kinder leiden. Auch wenn die Kinderkonvention missachtet wird. Kinder sind der religiösen Indoktrination der Eltern schutzlos ausgeliefert.
Natürlich braucht es die Glaubensfreiheit. Natürlich gehört die religiöse Erziehung ins Elternhaus. Es bräuchte aber dringend eine Ombudsstelle mit Weisungsgewalt, an die sich Kinder oder Jugendliche wenden könnten.
Bei Verdacht auf eine religiöse Radikalisierung müsste den Kindern ein Beistand zur Seite gestellt werden. Auch Verwandte, Lehrer oder Nachbarn müssten die Ombudsstelle auf gefährliche Entwicklungen aufmerksam machen können.
Doch solche Vorschläge bleiben eine Illusion. Es sei denn, dass immer mehr Jugendliche von Islamisten für den heiligen Krieg rekrutiert werden und als Attentäter heimkehren. Nur dies könnte den politischen Willen fördern, endlich etwas zu unternehmen.