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Die Geschichte von Jesus hat die Welt verändert – nicht nur zum Guten

[KI-GENERIERT] Jesus steigt aus dem TV.
Wer an Weihnachten schon leuchtende Kinderaugen gesehen hat, zweifelt nicht daran, dass der Brauch weiterhin gepflegt werden soll. Mit Jesus hat das wenig zu tun.Bild: ki-generiert/watson/dall-E
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Die Geschichte von Jesus in der Krippe hat die Welt verändert – nicht nur zum Guten

23.12.2023, 08:04
Hugo Stamm
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Weihnachten sind das ultimative Fest am Ende des Jahres. Es sind die Tage, in denen Liebe, Hoffnung und Sehnsüchte in den Himmel wachsen. Gefeiert wird die Geburt eines Knaben aus einfachem Haus, der zur vermutlich populärsten und bekanntesten Figur in der Weltgeschichte wurde.

Niemand konnte ahnen, dass das Kind in der Krippe zum Sohn Gottes aufsteigen und die Welt 2000 Jahre lang prägen würde. Dabei spielt es keine Rolle, ob die etwas kitschige Geschichte mit den überfüllten Herbergen und dem Stall nur eine Legende ist. Und ob Jesus, wie er uns in den vier Evangelien präsentiert wird, tatsächlich existierte und der Sohn Gottes war, der den Kreuzestod erleiden sollte. Die Wirkung auf die religiöse, soziale und politische Geschichte bleibt die gleiche: Das Kind in der Krippe hat die Welt verändert.

Sicher ist hingegen, dass sich Jesus im Himmel umdrehen würde – dem Grab ist er ja angeblich entstiegen –, wenn er unseren Zirkus erleben könnte, den wir zu seinen Ehren veranstalten. Wir bringen nicht dem Geburtstagskind Geschenke dar, sondern uns selbst. Und es sind keine Präsente, die – symbolisch gesehen – einem bedürftigen Kind in der Krippe die Ankunft in der Welt vereinfachen würden. Nein, wir schenken uns die Luxusgüter, die unsere Wohlstandsgesellschaft produziert. Und wir schlagen uns vor der Krippe unter dem Weihnachtsbaum die Bäuche mit auserlesenen Speisen voll.

Die Krippe? Legende

Somit stellt sich die Frage: Wie viel christlicher Glaube steckt noch in Weihnachten? Geschichtlich gesehen wenig bis gar nichts. Das Fest am Ende des Jahres geht auf einen heidnischen Brauch zurück. Die Kirchenfürsten haben es nach der erfolgreichen Missionierung umgedeutet. Wie dies auch mit Ostern geschah.

Jesus wurde also nicht am 25. Dezember geboren, und die Geschichte mit der Krippe ist wohl nur eine Legende.

Die Säkularisierung der westlichen Gesellschaften hat Weihnachten nicht geschadet. Der religiöse Aspekt spielt nach wie vor eine zentrale Rolle. Bei den Mitternachtsmessen sind die Kirchen vielerorts zum Bersten voll. Die feierliche Stimmung zieht auch Leute an, die sonst mit dem Glauben kaum mehr etwas am Hut haben. Die Statistiken der Austritte zeigen es klar.

Der zelebrierte soziale Zwang zur Liebe

Was es auch immer mit den Ursprüngen, Traditionen und Zusammenhängen des Weihnachtsfestes auf sich hat: Es bleibt das Fest der Liebe. Doch auch damit ist es so eine Sache. Viele Menschen leiden an einem Mangel an Liebe. Für sie kann der zelebrierte soziale Zwang zur Liebe zur Belastung werden. Einsame und randständige Menschen erleben nie so sehr wie an Weihnachten, dass sie keine Hoffnung mehr auf Zuneigung und Geborgenheit haben. Bei jedem Weihnachtslied und bei den vielen Lichtern werden sie schmerzlich an ihr Schicksal erinnert.

Das Fest der Liebe ist auch für alle Väter und Mütter eine schwere Zeit, die nach der Scheidung um ihre Kinder kämpfen und sie an Weihnachten nicht besuchen dürfen. Schwermütig dürften auch viele Soldaten und Soldatinnen werden, die in der Ukraine, im Gazastreifen und in anderen Kriegsgebieten in einem Schützengraben kauern und ihre Kinder noch mehr als sonst schon vermissen. Auch Patienten, die mit schweren Krankheiten in einem Spital liegen, kommen nicht auf den Gedanken, «Stille Nacht, heilige Nacht» zu singen. Psychisch Kranke schon gar nicht.

Die überzogenen Erwartungen und der Weihnachtsstress sind aber auch für Paare und Familien eine Herausforderung. Schwelende Probleme brechen oft bei den Feierlichkeiten auf und enden im Streit. Das Fest der Liebe ist ein konfliktträchtiges Ereignis.

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Abschaffen? Auf keinen Fall! Aber …

Apropos Fest der Liebe: Für Opfer von übergriffigen Priestern sind diese Tage, in denen die Kirchen in den Mittelpunkt rücken, besonders bedrückend. Sie mögen wohl kaum ein Halleluja singen. Und sie werden sich fragen, wie viele von den Pfarrern, die mit Pomp und salbungsvollen Worten den Weihnachtsgottesdienst zelebrieren, sich an Ministranten vergangen haben.

Soll man Weihnachten deshalb abschaffen? Nein, auf keinen Fall. Wer an Weihnachten schon leuchtende Kinderaugen gesehen hat, zweifelt nicht daran, dass der Brauch weiterhin gepflegt werden soll. Aber es ist wichtig, all die Widersprüchlichkeiten rund um das Fest nicht auszublenden.

Es wäre deshalb sinnvoll, Weihnachten zu entmystifizieren und den religiösen Aspekt zu hinterfragen.

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Bild: zvg
Hugo Stamm
Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig: Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
Mit seinem Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.

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890 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Glücklich
23.12.2023 08:18registriert August 2022
‚Wie viel christlicher Glaube steckt noch in Weihnachten?‘

Für mich 0. Bei uns ist Weihnachten einfach eine Zeit der Familie. Wir kommen alle Zusammen und geniessen die gemeinsame Zeit.

In dem Sinn wünsche ich Allen schöne und harmonische Festtage …
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Schlaf
23.12.2023 13:42registriert Oktober 2019
Seit über 2000 Jahren beten Millionen von Menschen zu einem, ihrer Meinung nach, barmherzigen Gott.
Seit über 2000 Jahren hat sich die Barmherzigkeit Gottes noch kein einziges mal gezeigt.
X-milliarden Gebete, die nicht erhört wurden, so viel verschwendete Energie für nichts.

So viel Leid unter den Menschen und von einem barmherzigen Gott ist weit und breit nichts zu sehen, obwohl ihn millionen Menschen tagtäglich kontaktieren und um Hilfe bitten.

Wenn es einen Gott gibt, ist er alles andere als barmherzig!
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Muss ich mein Trinkgeld bei der Steuererklärung angeben?
Offiziell gibt es seit 1974 im Gastgewerbe kein Trinkgeld mehr und damit auch nichts zu deklarieren. In der Praxis ist es etwas komplizierter.

In den 70er Jahren einigten sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände auf die Formel «Service inbegriffen». Bedeutet, dass die Arbeitgeberin die Serviceleistung mit dem Lohn abgilt und der Gast diese nicht zusätzlich bezahlen muss. Klarheit geschaffen wurde damit aber nie, da das Trinkgeld nur theoretisch, nicht aber praktisch abgeschafft wurde. Mit der immer häufigeren digitalen Überweisung des Trinkgeldes kommt diese langjährige Praxis nun auch immer deutlicher ans Licht.

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