Katholische Geistliche haben oft eine besondere Gabe, für Verwunderung zu sorgen. Als ob der Ruf ihrer Kirche nicht schon genug ramponiert wäre, treten sie offenen Auges in Fettnäpfe.
Tüchtig gestolpert ist in diesen Tagen der 41-jährige katholische Vikar Philipp Isenegger von der Pfarrei St.Katharina in Zürich-Affoltern. In stolzer Pose inszeniert er sich auf YouTube als selbstloser Hüter der sexuellen Moral. Der Titel seiner Internet-Predigt: «Selbstbefriedigung ist Selbstzerstörung».
Hoppla, eine klare Ansage. Ohne lang zu fackeln, legt Don Philipp, wie er sich selbst nennt, mächtig los. Er formt seine Hände zu Hörnern, und den Mund zu einem runden Loch. Die nonverbale Botschaft ist offensichtlich: Onanie ist des Teufels oder eine satanische Verführung.
Dann liefert er Zahlen zur Selbstbefriedigung und zum Pornokonsum. Fazit: «Eine ganze Gesellschaft ist krank, und zwar schwer.» Dann verkündet er: «Selbstbefriedigung ist Unzucht.»
Auch in der Ehe sei die Gefahr da, dass der andere «sehr schnell degradiert wird zum Objekt meiner Lust, meiner Begierde, meines Triebes». Mit andern Worten: Die Sexualität dient seiner Ansicht nach ausschliesslich dazu, Kinder zu zeugen, und zwar nur «im Rahmen der sakramentalen Ehe», wo sich die Liebe frei verschenke.
Wir zerstören uns selbst, wenn wir uns etwas nehmen, was wir uns gar nicht nehmen können, was uns eben nur geschenkt werden kann, erklärt der Priester. Für Don Philipp geht Selbstbefriedigung Hand in Hand mit der Pornografie. Und von da ist die Geisselung der Frühsexualisierung und Genderideologie nicht mehr weit.
Die Sucht auch nicht: Selbstbefriedigung schütte dieselben Hormone aus wie Kokain, doziert der Priester. Dadurch würden wir von der Gnade Gottes getrennt.
Laut Don Philipp würden Dämonen versuchen, uns zur Onanie zu verführen. Wenn man schon am hantieren sei, schreie der Heilige Geist, um uns vor der Sünde zu warnen. Der Priester rät den Versuchten, auf den Tisch zu hauen, um das Gewissen zu wecken und die Dämonen in die Flucht zu schlagen.
Was um Himmels Willen ist in den Priester gefahren? Was hat ihn geritten, mittelalterliche Ansichten und Ideen in die Öffentlichkeit zu tragen?
Der gute Hirte mag uns zwar als skurril erscheinen, er vertritt aber nur die Lehrmeinung der katholischen Kirchenfürsten. Denn Onanie gilt in seiner Kirche immer noch als Sünde. Vor dieser will Don Philipp sein Publikum warnen.
Nur: Ein katholischer Geistlicher ist der Allerletzte, der uns seine krude Sexuallehre verkünden muss. Wer im Glashaus sitzt, nimmt besser keine Steine in die Hand. Don Philipp sollte besser die Übergriffe und sexuellen Verfehlungen seiner Kollegen thematisieren und schnelle Aufklärung fordern. Und über homosexuelle Priester schreiben, die sich hinter der Fassade der Kirche verstecken.
Zu empfehlen wäre dem Vikar ausserdem, seinen Gott zu fragen, weshalb die Sexualität ein Trieb ist, den nur Übermenschen vollständig unterdrücken können? Weshalb der Zölibat gefordert wird, der eine unmenschliche Kasteiung darstellt, die zu psychischen Problemen und zu Zwangshandlungen führen kann?
Vielleicht würde Gott dabei seinem Priester in Erinnerung rufen, dass die Sexualität eine überlebenswichtige Körperfunktion wie Durst und Hunger ist. Ohne die drei Bedürfnisse wären wir nämlich längst ausgestorben.
In der Sexualität etwas Schmutziges, Verwerfliches und Sündiges zu sehen, ist die eigentliche Perversion.