«Dying Light 2», «Elden Ring» und «Horizon 2: Forbidden West» – das sind nur die Namen einiger Spiele, die in der ersten Jahreshälfte 2022 auf den Markt kommen sollen. Ihre Gemeinsamkeit: Es sind alles Open-World-Titel. Da scheint es geradezu wagemutig, dass Square Enix mit «Forspoken» eine neue Marke in den Ring wirft.
Das Action-Abenteuer ist das Erstlingswerk des erst 2018 gegründeten Studios Luminous Productions – angeführt von «Final Fantasy XV»-Director Hajime Tabata. Mit «Forspoken» geht man keine Cross-Generation-Kompromisse ein, sondern setzt das Projekt ausschliesslich für PlayStation 5 und PC um.
Aber garantiert das auch Qualität? Die ersten Gameplay-Präsentationen des Action-Rollenspiels geben Grund zur Hoffnung.
Luminous Productions setzt in «Forspoken» ganz bewusst auf eine weibliche Hauptperson: Die 21-jährige Frey Holland führt kein leichtes Leben. Ganz im Gegenteil, sie droht in der Grossstadt auf die falsche Bahn zu geraten. Ihr einziger Freund ist ihr Kater Homer. Aus bislang unbekannten Gründen wird sie durch ein Dimensionstor in die Fantasy-Welt Athia gesogen.
Doch auch dort droht Ungemach: Der so genannte «Bruch» zieht über Athia hinweg und korrumpiert Ländereien, Menschen und Tiere. Die finstere Macht verwandelt harmlose Bauern in willenlose Zombies. Frey wiederum widersteht dem «Bruch» als Einzige. Doch anstatt sie als Retterin zu feiern, wird sie als «Dämon» beschimpft und gerät in Konflikt mit den Tantas, den Herrscherinnen Athias.
Glücklicherweise ist sie nicht allein: Früh findet sie «Reif», einen sprechenden Armschmuck, der sie auf ihrer Reise begleitet. Die Autoren von Luminous charakterisieren Frey als eine Person, die Situationen immer wieder durch Humor entschärft. Die Diskussionen mit «Reif» dürften also mit einigen Gags aufwarten.
«Forspoken» präsentiert sich als Open-World-Actionspiel mit starkem Rollenspieleinschlag. Frey schwingt in diesem Fall aber nicht Schwert oder Axt. Stattdessen nutzt sie Magie, um ihre Feinde in ihre Schranken zu weisen.
Sie verzichtet ausserdem auf eine schwere Panzerung und zieht zu ihren alten Strassenklamotten einen Umhang sowie verzauberte Ketten an.
Eine besondere Rolle nehmen dabei Freys Fingernägel ein. Mit Mustern und Farben verziert, stärkt man bestimmte Charakterwerte wie beispielsweise Angriff oder Ausdauer. «Forspoken» weicht also durchaus von Rollenspiel-Plattitüden ab, münzt aber einige der typischen Rollenspiel-Bestandteile auf seine weibliche Protagonistin um.
Okay, eine junge Frau in der Hauptrolle und dann schaltet man Verbesserungen u.a. durch aufgehübschte Fingernägel frei? Das klingt im ersten Moment sehr seltsam und klischeebeladen. Allerdings möchte Luminous Productions an dieser Stelle gar nicht das Mädchen in Frey herauskehren.
Vielmehr bemüht man sich darum, diese Elemente auch entsprechend in die Geschichte von Athia einzubinden. Spielerinnen und Spieler erfahren also, wieso Magie und Fingernägel in «Forspoken» zusammenhängen. Diese Verbindung kommt nicht von ungefähr, schliesslich zieht Luminous in diesem Fall auch Inspiration auf die Kultur der alten Ägypter und Babylonier.
Eine virtuelle Geschichtsstunde wird «Forspoken» aber trotzdem nicht: Frey kommentiert diese Funktionen aus der modernen Perspektive und bildet somit ein Gegengewicht zum historischen Aspekt dahinter.
«Forspoken» basiert auf der ebenfalls bei «Final Fantasy XV» verwendeten Luminous-Grafik-Technologie. Das vorgeführte Gameplay-Material zeigt weite Landschaften, mystisch-mittelalterliche Bauten und vor allem Frey, wie sie geschwind durch die Luft huscht und rasend schnell Entfernungen überwindet.
Das Entwicklerteam nennt das Bewegungsschema «magic parkours». Frey verwendet also ihre Kräfte, um sich behände über Hindernisse zu katapultieren oder daran entlang zu hangeln. Das Ergebnis wirkt eindrucksvoll und macht Lust auf mehr. Gleiches gilt für die Kampfsequenzen. Hier feuert die Heldin aus allen Rohren, beschwört Wassersäulen, Energiebolzen und andere Waffen im Kampf herauf.
Die Fertigkeiten wechselt man über ein Befehlsrad. Der Einsatz wird durch ein Ausdauersystem limitiert. Der Fokus liegt in «Forspoken» auf Distanzkämpfen. Schliesslich ist Frey keine Superheldin. Trotzdem schaltet man über Stufen-Aufstiege neue Talente frei und stärkt so die Protagonistin.
Das ist auch bitter notwendig, schliesslich nimmt es Frey nicht nur mit 08/15-Zombies auf. In der Spielwelt entwickeln sich «Bruch»-Stürme, die besonders fiese Kreaturen anziehen. In der Demo zeigte sich hier eine gewaltige Boss-Kreatur – halb Giraffe, halb Tentakel-Ungeheuer. Bei diesen Endgegnern braucht es weit mehr als nur ein paar Zaubersprüche, sondern vor allem auch eine gute Taktik.
«Forspoken» erscheint am 25. Mai 2022 und muss sich der eingangs erwähnten Konkurrenz stellen. Das bislang präsentierte Material wirkt verheissungsvoll, aber bislang fehlt noch das eine grosse Verkaufsargument, das «Forspoken» wirklich abhebt. Vielleicht macht ja das «magic parkours» am Ende doch den Unterschied!