Jedes Jahr erscheinen in der Schweiz etliche neue Games, die originelles Gameplay, frische Stories und eine tolle Grafik bieten. Die meisten dieser Spiele stammen von Independent-Studios: Diese Indie-Entwickler haben oft kleine Teams von unter zehn Leuten, die aber umso engagierter ans Werk gehen – und oft auch mehrere Aufgaben (Konzept, Programmierung, Grafik, Sound etc.) gleichzeitig übernehmen.
Die jährlichen SGDA Swiss Game Awards sind eine hervorragende Gelegenheit, sich einen Überblick über die neuesten Schweizer Spielekreationen zu verschaffen. Veranstalter des Events ist die Swiss Game Developers Association (SGDA). Auch in diesem Jahr wurden die Swiss Game Awards – sie fanden am 15. November statt – live via Youtube gestreamt. Wir stellen dir die Preisträger der fünf SGA-Kategorien vor – und wenn du willst, kannst du dir natürlich auch die gesamte Preisverleihung im Re-Live-Video anschauen. Viel Spass!
Studio: LUAL Games (Zürich)
Genre: Text-Adventure
Plattformen: PC, Mac, Linux
Lang, lang ist's her: Die Frühzeit der Games-Geschichte wurde von textbasierten Abenteuerspielen wie «Zork» oder dem «Colossal Cave Adventure» geprägt. Der diesjährige SGA-Hauptpreisträger «I doesn't exist – a modern text adventure» knüpft an diese Tradition an, bereichert sie um wunderschöne Pixel Art – und fügt auch künstliche Intelligenz hinzu. «I doesn't exist» behandelt Themen wie Kontrollverlust, Isolation und mentale Gesundheit: Die Hauptfigur gerät in eine existenzielle Krise, in der die wohlbekannte Realität zusehends verschwimmt.
Eine Besonderheit des Spiels ist, dass es auf linguistische Datenverarbeitung setzt. Das bedeutet: Mittels künstlicher Intelligenz versucht das Spiel, die Texteingaben der Spieler auf Emotionen, Ziele und Ähnliches hin zu interpretieren. Das soll eine bedeutungsvollere Interaktion als in herkömmlichen Text-Adventures ermöglichen, die meist mit vorgegebenen Fragen und Antworten arbeiten.
Weitere Nominierungen
«Aestik» von Hooded Traveler Games
«Brotato» von Blobfish Games
«Ninza» von Klakmioch
«Plank Builders» von Diditopia Games
Studio: Oopsie Daisies Studio (Zürich)
Genre: Point-and-Click-Adventure
Plattformen: PC, Mac
In dieser SGA-Kategorie werden Spiele ausgezeichnet, die sich noch in der Entwicklung befinden – die aber auch zum aktuellen Zeitpunkt bereits äusserst vielversprechend daherkommen. 2024 hat die Jury das Spiel «Tom the postgirl» von den Zürcher Oopsie Daisies Studios ausgezeichnet: Ein handgezeichnetes 2D-Adventure über das Mädchen Tom, das in ihrem Dorf Pakete zustellt. Das wäre ja nichts Ungewöhnliches, hätte Tom nicht die Angewohnheit, ihre Mitmenschen auszuspionieren. In ihrem Zustell-Job nutzt die Voyeurin jede sich bietende Gelegenheit, die Wohnungen der Dorfbevölkerung auszukundschaften – und für den Inhalt der Pakete interessiert sie sich natürlich auch!
Aus dieser Prämisse entwickelt sich dann eine spannende Story: Tom macht nämlich bei ihren Spionage-Aktionen einige richtig gruselige Entdeckungen – und stellt fest, dass hinter den Kulissen des ach so harmonischen Dörfchens allerlei unerfreuliche Geheimnisse lauern.(Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten, spielt am besten mal die bereits verfügbare Steam-Demo.)
Weitere Nominierungen
«Dungeon Clawler» von Stray Fawn Studio
«Projected Dreams» von Flawberry Studio
«Time Flies» von Playables
«The Guardian of Nature» von Inlusio Interactive
Studio: Atelier Sémaphore, DSM (Genf)
Genre: Serious Game
Plattform: Browser Serious
Games haben das Ziel, auf spielerische Weise Wissen zu vermitteln. Besonders gut gelungen ist das in diesem Jahr dem Genfer Studio Atelier Sémaphore: Sein Browser-Game «MedBay-418» vermittelt Spielern gekonnt die Problematik der Antibiotika-Resistenz. In dem rund fünfzehnminütigen Spiel legt ein Raumschiff eine Bruchlandung auf einem entlegenen Planeten hin. An Bord befinden sich medizinische Geräte und Medikamente, mit denen die Protagonistin nun die Bewohner des Planeten verarztet. Ziel ist, diese so lange am Leben zu halten, bis Hilfe aus den Weiten des Weltraums eintrifft. Das Problem: Zwar gibt es an Bord Antibiotika – doch wenn diese zu häufig eingesetzt werden, entwickeln sich multiresistend Bakterien, sogenannte «superbugs» ...
«MedBay-418» thematisiert ein ernstes Problem: Weltweit sind inzwischen mehr als eine Million Todesfälle auf antibiotikaresistente Bakterien zurückzuführen, Tendenz: steigend.
Weitere Nominierungen
«Explore Vevey» von Yuzzzu und dem Bezirk Vevey
«La Maison du Gruyère» von Yuzzzu und La Maison du Gruyère
«The Red Tape to Citizenship» von Blindflug Studios
Entwickler: Alex Häberlin, Adrian Bumann, Nabil Bhuiyan, Jonathan Beeler / Hochschule Luzern
Genre: Rätselspiel
Plattform: PC
Viele Gaming-Ideen entstehen an Schweizer Hochschulen – und daraus werden dann auch immer häufiger Studiogründungen. Ein besonders vielversprechendes Studentenprojekt ist «The Copperfield Department»: In dem textbasierten Rätselspiel übernimmst du die Rolle eines «Social-Media-Detektivs», der für einen riesigen Konzern arbeitet. Deine ethisch fragwürdige Aufgabe ist es, all jene Social-Media-Accounts ausfindig zu machen, die dem Image des Unternehmens schaden könnten. Ziel ist, die Account-Inhaber zu enttarnen und ihnen das Handwerk zu legen.
«The Copperfield Department» besteht im Wesentlichen aus zwei Gameplay-Loops: Zum einen die Recherche am Computer, zum anderen das Knüpfen von Zusammenhängen und das logische Deduzieren an der Pinnwand des Detektivbüros. Klingt spannend!
Weitere Nominierungen
«Absconder» von Janosch Büchi, Dominic Sutter, David Bock, Stefan Kraft, Florian Faller / Zürcher Hochschule der Künste
«Colorless Odyssey» von Alexis Haldy, Eliaz Quentel, Nicolas Balibouse / SAE Geneva
«Queuepidity» von Lea Wild, Asya Fischer / Zürcher Hochschule der Künste
«Shoe it All!» von Jan Hobi, Lilian Khov, Joel Gilardini, Ivo Keller / Zürcher Hochschule der Künste
Studio: Playables (Zürich)
Genre: Lebenssimulation
Plattformen: PC, Mac, PS5, Switch
Einen Preis gibt es bei den Swiss Game Awards auch für exzellentes Game-Design. Gewonnen hat ihn in diesem Jahr das Zürcher Studio Playables, das für seine experimentellen und humorvollen Projekte zwischen Trickfilm und Game bekannt ist. So auch «Time Flies», das mit dem Excellence Award ausgezeichnet wurde: Man spielt eine Stubenfliege, die in ihrer begrenzten Lebenszeit sehr unterschiedliche Dinge unternimmt: vom Gitarrespielen über das Lesen eines Buches bis zum Reichwerden!
Natürlich ist das Ganze (auch) eine Metapher auf die Endlichkeit des menschlichen Daseins. Die «Lebensziele» der Stubenfliege führen sie in bizarre Situationen, die aber stets mit einem Augenzwinkern inszeniert werden. Eine existenzielle Erfahrung – aber auch eine urkomische!