Segas blauer Rennigel feierte 2021 seinen dreissigjährigen Geburtstag. Anfang der Neunziger entwickelte das japanische Unterhaltungsunternehmen den Plattformer als Konkurrenz für Nintendos «Super Mario». Die kreativen Köpfe hinter «Sonic The Hedgehog» waren Programmierer Yuji Naja und Artist Naoto Ohshima.
Das 1991 erschienene Geschicklichkeitsspiel ist der Startschuss für eine der bekanntesten und beliebtesten Marken im Bereich der Computer- und Videospiele und verhalf dem Sega Mega Drive ebenfalls zu grossem Erfolg. Seitdem aber erlebte Sonic die Höhen und Tiefen der Branche: von der gescheiterten «Mario Party»-Kopie «Sonic Shuffle» bis zum gelungenen Action-Flitzer «Sonic & All-Stars Racing Transformed».
Ein dauerhafter Hit-Garant allerdings war der Stachelkopf leider nie. Mit dem am 8. November 2022 für PC, Xbox One, Xbox Series X/S und PlayStation 4/5 erscheinenden «Sonic Frontiers» wagen Sega und Sonic Team den erneuten Versuch, der Serie neues Leben einzuhauchen. Das Ziel: moderne, offene Spielwelten und klassische Geschicklichkeitsaufgaben zusammenbringen.
Für die Geschichte hinter «Sonic Frontiers» zeichnet Autor Ian Flynn verantwortlich. Der Schreiber arbeitete bereits an «Archie»-Comics, aber auch an anderen Produktionen wie «Mega Man», «New Crusaders» oder «Teenage Mutant Ninja Turtles». Die Story besitzt einen eher düsteren Unterton und dreht sich um das Finden der Chaos Emeralds.
Die spielerische Basis dafür sind die Starfall Islands. Denn im Gegensatz zu Titeln wie «Saints Row» oder «GTA 5» bietet «Sonic Frontier» nicht eine grosse offene Welt, sondern verschiedene, sich thematisch voneinander unterscheidende Inseln. Hier gilt es, neben der Suche nach besagten Steinen, als Super-Igel Sonic auch Freunde wie Fuchs Tails oder den roten Renner Knuckles zu retten. Als Gegenspieler dient erneut der traditionelle Bösewicht Dr. Eggman.
Die offenen Welten sollen dabei zu Spielwiesen für Sonic werden. Das Plattformer-Gameplay steht hier im Mittelpunkt. Wie man allerdings die Gebiete angeht, das bleibt jedem selbst überlassen. Denn die Hauptaufgaben bieten, ähnlich wie in Nintendos «The Legend of Zelda: Breath of the Wild», nur eine grobe Linie.
In Arealen wie dem kürzlich spielbaren Wüstenabschnitt Ares Island tummeln sich neben Eggmans umherziehenden Robo-Schergen vor allem Rätsel und Geschicklichkeitsübungen. Die Welt von «Sonic Frontiers» ist daher auf den ersten Blick vergleichsweise leer und gerade Ares Island wirkt längst nicht so einladend wie beispielsweise die helle und ausgesprochen detailreiche Kronos Island, welche Sega zuvor präsentierte.
Auch wenn die Welten zumindest bislang noch nicht vollends überzeugen, so gewinnt «Sonic Frontiers» merklich an Tempo dazu, sobald es ans Bewältigen der Aufgaben geht. Da schiesst der Rennigel mit einem Affenzahn über Gleise, hangelt sich an Wänden entlang oder weicht geschickt heranrauschenden Hindernissen aus. «Sonic Frontiers» ist zwar aufgrund der 3D-Umgebung komplexer, orientiert sich aber stark an der Spielbarkeit früherer Tage.
Und so macht das Aufsammeln der sogenannten Memory Tokens bei den servierten Aufgaben Spass. Noch besser wird es erst später, als man mit Sonic in den Cyberspace abtaucht. Hier nimmt Sega bewusst grossen Bezug auf die Retro-Vergangenheit und bindet 2D-Levels und -Übungen in «Sonic Frontiers» ein. Diese Vielfalt steht dem Titel ausgesprochen gut, könnte aber auf lange Sicht auch für ein gewisses Ungleichgewicht sorgen.
Allerdings unterfüttert Entwickler Sonic Team das Spiel auch mit einem Erfahrungs- und Kampfsystem. Auf Tastendruck drischt Sonic auf umherstreunende Roboter ein oder vollführt sogar Spezial-Aktionen. Diese basieren teils auf dem Kombo-System. Man muss also erst eine Reihe Treffer landen, ehe man die grossen Aktionen auspacken kann. Mit dem Shadow Rush beispielsweise attackiert Sonic derart schnell, dass es so aussieht, als würden gleich mehrere Sega-Maskottchen gleichzeitig attackieren. Natürlich gibt es auch Luft- und Energie-Specials, die entsprechend hübsch in Szene gesetzt sind.
Bosskämpfe wie etwa mit dem auftauchenden Strider löst «Sonic Frontiers» in einer Art Geschicklichkeits-Puzzle. Segas Maskottchen muss zunächst eine Reihe von Ringen mit seinem Boost abfahren und so einfärben, ehe sich der Reaktorkern öffnet und Sonic auf diesen einschlagen und so Schaden anrichten kann.
Sega und Sonic Team bieten insgesamt eine spannende Mischung aus Retro-Charme und modernen Ansätzen. Wie diese aber bei einer Spielzeit jenseits der 20 Stunden zündet, das bleibt abzuwarten. Zeit für ein erfolgreiches Comeback wäre es für das blaue Energiebündel aber allemal!