Welchen Wein zu welchem Weihnachtsmenu? Hier gibt es Tipps von den Profis
Was trinkt man zur Fondue Chinoise? Oder zur Weihnachtsgans? Zum Rollschinkli?
Schön festlich soll es sein – ein guter Wein also. Aber ... welchen?
Und je nach Weihnachtsmenu ... naja, man muss kein Weinkenner sein, um zu kapieren, dass ein Fischgericht – etwa – nach etwas komplett anderem verlangt als Raclette vom Tischgrill.
Hmm, besser, wir holen uns Rat bei jemandem, der sich auskennt! Watson hat bei drei prominenten Weinberaterinnen und Weinkennern nachgefragt, welche Weine zu welchen typischen Weihnachtsmenus passen:
Madelyne Eicher-Meyer: Geschäftsführerin beim Edwin Weine, Buchautorin und langjährige watson-Wein-Bloggerin. Mit ihrer unkonventionellen Weinwissensplattform Edvin machte sich die Aargauerin in der Schweiz erstmals einen Namen, indem sie stets für einen – in eigenen Worten – «unkomplizierten» Ansatz zur Weinwelt plädierte – «denn Freude soll am Ende des Tages nichts anderes als Freude machen.»
Nicole Genet: Weinakademikerin, Diploma WSET, Gastro-Profi und langjährige Weinhändlerin. Heute ist sie an nationalen Wein-Events und auf internationalen Weinreisen anzutreffen, bevorzugt es in Sachen Geschmack aber bodenständig: «Ich mag Wein unkompliziert und mit genug Säure».
Peter Jauch: Autor des ultimativen Champagner-Opus «Champagner – Das Buch», Gin-Historiker, Journalist und Gastgeber. Als Verfechter davon, Bubbles nicht nur als Aperitif, sondern auch als Begleiter zu Mahlzeiten zu geniessen, gibt er hier ausschliesslich Schaumweine-Empfehlungen.
Und hier also ihre Wein-Empfehlungen zu den folgenden typischen Weihnachtsmenüs. Let's go!
Fondue Chinoise, Fondue Bourguignonne
Madelyne Eicher-Meyer:
- Syrah Les Pierriers von Gérald Besse, Wallis.
Fondue Chinoise heisst Teamarbeit am Tisch. Der Syrah liefert dazu die nötige Harmonie: Die würzigen Pfeffernoten, saftige Frucht und frische Säure begleiten das zarte Fleisch aromatisch, ohne es zu überdecken.
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Nicole Genet:
- Wegen der intensiven Saucen, Essig- und Senffrüchte, unterschiedlichem Fleisch würde ich einen unkomplizierten Allrounder wählen, der bestenfalls unterstützt. Schaumwein wäre übrigens eine Idee, ... aber die Schweiz trinkt eher rot, weshalb ich zur Chinoise eine Stilistik wie Pinot Noir/Sangiovese wählen würde, rotbeerig und ohne zu viel Tannin: Chianti von Castello di Ama 2022.
Bei Bourguignonne geht es auch etwas kräftiger, dank mehr Fleisch-Röstaromen: Tinello Kopp von der Krone 2022, ein Barrique ausgebauter Merlot aus dem Tessin.
Weisswein geht natürlich ebenso: probiert mal La Frémine 2022, einen im Holz ausgebauten Chenin Blanc aus der Loire!
Peter Jauch:
- Mit den Saucen, der Brühe, dem vielen Umami – und bei Bourguignonne zusätzlich die fettgerösteten Geschmackskomponenten – wollen wir etwas mit Substanz, aber auch Frische: Bollinger Special Cuvée Brut – Pinot-dominiert, mit Reserveweinen. Passt sehr stark zu Fleisch und Röstaromen. Oder einen Charles Heidsieck Brut Réserve – ein reifer, Brioche-betonter Stil dank hohem Reservewein-Anteil.
Käsefondue oder Raclette
Madelyne Eicher-Meyer:
- Pinot Noir 2023 von Cave Mandolé, Wallis.
Ein Raclette oder eine Fondue zu teilen bedeutet Geselligkeit und Herzhaftigkeit. Dieser Pinot Noir ist wie dafür gemacht: Am besten etwas kühl serviert, mit feiner Frucht, lebendiger Säure und ohne schwere Allüren schmiegt er sich mühelos an den schmelzenden Käse und hält den Abend leicht und lang.
Nicole Genet:
- Der Klassiker wäre natürlich ein Chasselas aus dem Waadtland oder Wallis. Man könnte auch mal etwas aus Fribourg ausprobieren: Alloy Chasselas Nature 2022 vom Demeter-Winzer Cru de l’Hôpital. Sauber, frisch – und etwas aussergewöhnlich.
Oder verlassen wir das Land und gehen gen Norden, der Heimat des Silvaners: Just Silvaner 2022 vom Weingut Horst Sauer.
Wer Rotwein möchte, der setzt am besten auf etwas Leichtes, frisches – natürlich ein Pinot Noir oder Gamay. Man könnte aber auch einen eleganten Grenache aus einer Höhenlage in Spanien wählen, etwa Microcósmico 2023 von Frontonio.
Peter Jauch:
- Hier geht es darum, das Fett des Käses quasi zu «schneiden», den Salz abzufedern, aber trotzdem «vinös» zu bleiben. Ich empfehle:
Champagne Delamotte Blanc de Blancs – kreidig und mineralisch, aber nicht zu zitronig. Und optimal zu Raclette mit Kartoffeln.
Champagne André Jacquart, Vertus Expérience: elegant, mit genug Rundung, und sehr verlässlich zum Käse.
Filet im Teig, Beef Wellington etc.
Madelyne Eicher-Meyer:
- Hier wähle ich einen Schaumwein – und zwar einen Rosé Brut von Bollinger, Champagne. Er bringt zum Filet Wellington oder Rindsbraten die perfekte Balance aus Kraft und Finesse: Feine Beerenaromen greifen das Fleisch auf, die Struktur und die Säure halten Butter, Jus und Teig elegant in Schach. Und die filigrane Perlage sorgt dafür, dass selbst ein opulenter Klassiker leichtfüssig wirkt.
Nicole Genet:
- Ein Rindsfilet mit buttrigem Teig und einer Umrundung aus würziger Farce/Pilze ist sicher das Vielseitigste im Pairing. Ein kräftiger Rotwein passt einwandfrei. Da findet ihr bei jedem kleinen Händler, in jedem Weinshop im Dorf die perfekte Empfehlung dazu. Ganz klassisch wäre sicher Bordeaux oder ein Bordeaux-Blend – auch aus der Schweiz – z.Bsp. Grand'Cour rouge von Pellegrin).
Ausgefallener? Champagner! Dort einen etwas gereiften, Pinot-lastigen Champagner wählen, wie zum Beispiel ein Grand Cru von Paillard aus Pinot Noir.
Peter Jauch:
- Schön, dass Nicole einen Champagner vorschlägt! Richtig – hier braucht es einen Champagner mit Körper. Ich schlage vor:
Cuvée des Jean, Champagne Extra Brut, Josselin – seine toastig, briocheartige Aromatik passt zur Reichhaltigkeit des Gerichts. Der Solera-Ansatz bringt zusätzliche Komplexität.
Champagne A. Leconte, La Terre Mère gibt Textur und erdige Tiefe – perfekt zu Duxelles-Pilzen und Teigbutter.
Rindsbraten
Nicole Genet:
- Hier kann man kräftigen Rotwein mit genug Gerbstoff trinken. Vor allem auch, wenn es ein Schmorbraten ist. Ich schlage mal diesen Langhe Nebbiolo 2022 aus dem Piemont vor.
Oder etwas aus Griechenland! Naoussa PDO Earth and Sky, der mich auch etwas an Nebbiolo erinnert – genug Tannin, würzig, pfeffrig – der Barolo aus Griechenland, quasi.
Peter Jauch:
- Röstaromen und Jus legen eine Pinot-Struktur und eine gewisse Reife nahe:
Champagne Pommery Brut Apanage 1874 – eine sehr sichere Kombination zu Braten und dunkler Sauce.
Eric Rodez Cuvée des Crayères liefert die Pinot-Noir-«Schulter», die ein Rindsbraten mit Jus braucht: Druck, Würze und dieses leicht Burgundische im Gaumen.
Weihnachtsgans, Ente etc.
Madelyne Eicher-Meyer:
- Blauer Zweigelt Fels am Wagram von Weinhof Waldschütz, Niederösterreich.
Zweigelt und Weihnachtsgans passen zusammen wie Myrrhe zu Balthasar. Leicht pfeffrig, warm und grosszügig. Mit einer ordentlichen Portion Frische nimmt der Wein der Gans das Fett ab, ohne ihr die Show zu stehlen. Rotkraut, Marroni, knusprige Haut? Alles easy, denn der Zweigelt macht es rund, unkompliziert und sehr genussvoll.
Nicole Genet:
- Auch wenn die Leute immer Rotwein zum Hauptgang trinken wollen, ich persönlich würde hier einen leicht gereiften Riesling öffnen: Hallgartener Hendelberg Riesling 2021. Ich glaube, das würde perfekt passen, da das Fett der Gans sich wunderbar mit der Säure zerteilt und auch die süssen Aromen der Füllung mit Reife harmonieren.
Da sich der Grossteil aber nicht für den Weisswein begeistern wird, hier eine Idee aus der Schweiz: Gamay Noir 2023 aus Genf – weniger Tannin und dafür mehr Frucht und mittlerer Körper.
Peter Jauch:
- Die Fett- und Röstaromen, die oft mit Frucht (Orange/Rotkohl) kombiniert werden, verlangen nach einem Rosé oder Pinot-lastigen Schaumwein:
Champagne AOC Laurent-Perrier Rosé Brut (100% Pinot Noir) passt mit seinen Fruchtkomponenten perfekt zu Ente.
Billecart-Salmon Brut Rosé, ein eleganter, feiner Rosé, wäre ebenfalls sehr treffsicher.
Christmas Turkey
Madelyne Eicher-Meyer:
- Pinot Grigio IGT von Cantina Andrian
Dieser elegante Pinot Grigio wirkt für Truthahn wie der beste Weihnachtself: unauffällig, macht aber alles besser. Frisch, fruchtig und elegant balanciert er das Festtagsfett aus und hält das Gericht leicht und die Konversation witzig.
Nicole Genet:
- Wir essen jedes Jahr einen Truthahn! Und ich tue mich jedes Jahr schwer mit der Weinwahl. Beilagen wie Süsskartoffel mit Marshmallows, und auch das intensive Stuffing sprechen am ehesten wieder für einen Allrounder. Die italienische Familie bevorzugt einen Ripasso. Ich wähle häufig einen Grenache-Blend, wie etwa dieser Rasteau 2021 aus dem Rhonetal.
Weisswein würde ebenfalls passen – dort eher etwas aromatisch und füllig wie dieser Heida Gletscherwein 2022 aus dem Wallis.
Peter Jauch:
- Das Fleisch ist eher mild, aber das Stuffing, der Gravy und die Beilagen sind komplex – also setzen wir auf einen Rosé oder reifen Brut.
Billecart-Salmon Extra Brut «La Rosé» AOC mit Pinot Noir als Rotwein-Anteil – passt mit seinen Cranberry-Noten super zu Kräutern des Stuffing.
Moussé Fils Eugène Rosé Extra Brut AC bringt rote Frucht, Würze und genug Struktur, um Bratenaromen und Gravy zu tragen, bleibt aber frisch genug, um das Gericht nicht schwer wirken zu lassen.
Ofenschinken, Schüfeli, Rollschinkli etc.
Madelyne Eicher-Meyer:
- Can Sumoi Garnatxa & Sumoll von Can Sumoi, Penedés, Katalonien.
Dieser Garnacha fühlt sich an wie eine Kuscheldecke: Weich und hält warm. Rollschinken und Garnacha sind das Fundament für einen gemütlichen Abend. Die Frucht harmoniert mit der leichten Süsse des Fleisches, während die weichen Tannine dafür sorgen, dass der Wein samtig im Mund liegt und den Geschmack des Schinkens abrundet.
Nicole Genet:
- Bier! Sonst wäre auch hier mit den Raucharomen und mehr Fett vom Schwein ein Weiss- oder Schaumwein angebracht.
Leichte Rotweine passen aber ebenfalls, etwa der sehr schöne, perfekt gereifte Champanel Pinot Noir 2021 von Cruchon am Genfersee.
Experimentell würde ich einen Pét-Nat 2024 von Anne-Claire Schott aus Twann probieren: sprudlig, erfrischend, leicht aromatisch. Das könnte eine tolle Combo sein.
Peter Jauch:
- Viel Salz, Rauch und Pökelaromen – ergo wollen wir einen reifen Brut mit guter Säure (Brut Nature aber eher nicht, da er zu kantig wirken könnte).
Philipponnat Réserve Perpétuelle: Die Kombo von Pinot-Noir-Dominanz (66 %), dem Solera-/Réserve-perpétuelle-System und Holz-Ausbau bringen den vinösen Grip. Und die fehlende Dosage (0 g/L) wirkt das sehr präzise gegen Salz, Rauch und fettige Komponenten.
Champagne Gosset – Grande Réserve (Brut): Die Cuvée bringt Körper, salzige Spannung und eine cremige, feinperlige Textur – ideal, um Salz, Rauch und Fett elegant zu kontern, ohne die Fleischigkeit zu verlieren. Besonders stimmig, wenn dazu Kartoffeln, Sauerkraut oder kräftige Säfte am Teller sind.
Weihnachtskarpfen oder andere Fischgerichte
Madelyne Eicher-Meyer:
- Riesling Gächlinger 2022 von Besson-Strasser, Laufen-Uhwiesen.
Dieser ruhige und ausgewogene Riesling passt perfekt zu leichteren Fischgerichte. Seine Dichte bietet genug Struktur, um dem Gericht noch eins obendrauf zu setzen. Ein Pairing, das für einen langen Abgang und leichtfüssigen Abend sorgt.
Nicole Genet:
- Den traditionellen Weihnachtskarpfen hatte ich leider noch nie. Würde ich aber gerne mal essen. Gebacken im Ofen mit Mandeln, stelle es mir etwas erdig vor, weshalb ein Grüner Veltliner aus Österreich ein schöner Essensbegleiter wäre. Etwa dieser perfekt gereifte Hirschenreyn 2021 von Herbert Zillinger.
Rotwein müsste wieder etwas Leichteres sein, wie etwa ein Pinot Noir. Oder aber etwas samtig-seidiges ebenfalls aus Österreich – die Königin aus dem Carnuntum Dorli Muhr: Prellenkirchen Samt & Seide 2022.
Peter Jauch:
- Passend zu Frische, Zitrus und salzige Präzision empfehle ich einen Ruinart Blanc de Blancs, ein Chardonnay-basierter BdB, der sehr gut zu Fisch, Butter und Zitrone schmeckt.
Wenn der Karpfen knusprig gebacken ist oder es ein Fischgericht mit kräftigerer Butter-/Kapern-Note ist, wäre Champagne Douge, Duodécim stark. Der Wein «schneidet» das Fett und bleibt trotzdem vinös.
