Mit wie vielen Partnern hatten Sie in der Vergangenheit Sex? Auf diese Frage liefern Frauen und Männer erstaunlich unterschiedliche Antworten. Nun glauben Forscher, die Erklärung dafür gefunden zu haben.
Fragt man Männer und Frauen nach der Anzahl ihrer bisherigen Sexualpartner, unterscheiden sich die Antworten enorm: Durchschnittlich ist die Zahl bei Männern doppelt so hoch wie bei Frauen – und das in Untersuchungen weltweit. Statistisch lässt sich das kaum erklären.
In der Schweiz hat laut der 2016 veröffentlichten Sotomo-Studie «Sex in der Schweiz» ein durchschnittlicher Mann in seinem Leben mit sieben Menschen Sex gehabt, eine durchschnittliche Frau mit sechs. Bei den Männern hatten 23 Prozent der befragten 18- bis 64-Jährigen mit mindestens 20 Menschen Sex, bei den Frauen 14 Prozent.
Forscher der Universität von Glasgow sind nun der Frage nachgegangen, woher diese Differenzen kommen. Eine mögliche Erklärung: Während Männer schätzten, würden Frauen zählen, berichtet das Team im Fachblatt «The Journal of Sex Research».
Befragungen etwa aus den USA, Grossbritannien und Deutschland kommen immer wieder zu dem Ergebnis, dass Männer doppelt so viele Sexualpartner nennen wie Frauen. Die Gründe hierzu waren bisher weitgehend unbekannt. Eben jene Forschungslücke ist nun das Team um die Sexualforscherin Kirstin Mitchell von der Universität Glasgow angegangen.
Als Grundlage für ihre Untersuchung nutzten die Wissenschaftler Daten des dritten britischen National Survey of Sexual Attitudes and Lifestyles, kurz Natsal-3. Im Rahmen dieser Studie werden ungefähr alle zehn Jahre mehrere tausend Briten in persönlichen Interviews zu ihrem Sexualverhalten befragt. An Natsal-3 nahmen 15'162 Frauen und Männer zwischen 16 und 74 Jahren teil.
Der Befragung zufolge hatten die Männer im Schnitt Sex mit 14 Partnerinnen während Frauen mit durchschnittlich sieben Männern geschlafen hatten. Auf der Suche nach Erklärungen für diesen Unterschied stiessen die Wissenschaftler aus Glasgow auf verschiedene Gründe.
So verzerrten etwa Studienteilnehmer, welche besonders viele Sexualpartner angaben, die Durchschnittszahlen – dieses Phänomen war bei Männern häufiger zu beobachten als bei Frauen. Liesse man beispielsweise alle Männer weg, die von 110 und mehr Sexualpartnerinnen berichteten, oder alle Frauen mit mehr als 50 Partnern, werde der Unterschied zwischen den Geschlechtern insgesamt kleiner.
Dieser Unterschied wurde noch geringer, wenn die Forscher berücksichtigten, auf welche Weise die Zahlen zustande gekommen waren: So schätzten 24 Prozent der Männer die Anzahl ihrer Sexpartner, während es bei den Frauen nur 15 Prozent waren. Je höher die Zahl der berichteten Sexualpartner, umso wahrscheinlicher handelte es sich vor allem bei den Männern um eine Schätzung.
Insgesamt, so die Beobachtung der Forscher, zeigten Frauen zudem eine konservativere Einstellung gegenüber Sex. So gaben weniger von ihnen an, kein Problem mit One-Night-Stands zu haben, und sie verurteilten Fremdgehen von verheirateten Menschen schärfer. Kaum eine Rolle für das Studienergebnis spielte hingegen bezahlter Sex, die Angabe zum Sex mit Partnern ausserhalb Grossbritanniens veränderte die Zahlen ebenfalls nur geringfügig.
Für die beteiligten Forscher ist ihre Arbeit mehr als eine Erklärung statistischer Phänomene: «Die genaue Erfassung der Zahl von Sexualpartnern ist aus vielen Gründen von entscheidender Bedeutung, einschliesslich der Bewertung des individuellen Risikos sexuell übertragbarer Infektionen (STI) sowie der Schätzung der Übertragungsrate von STI- und HIV-Infektionen», so Sexualforscherin Kirstin Mitchell in einer zur Studie veröffentlichten Mitteilung. (sda/dpa)