Die amerikanische Bio-Supermarktkette «Whole Foods» erntete in den vergangenen Tagen einen Shitstorm. Auslöser war ein Tweet, der ein Bild einer geschälten Orange in einer Plastikbox zeigt. Der Tweet ging viral, und «Whole Foods» nahm den Verpackungsblödsinn kurzerhand wieder aus dem Sortiment.
If only nature would find a way to cover these oranges so we didn't need to waste so much plastic on them. pic.twitter.com/00YECaHB4D
— Nathalie Gordon (@awlilnatty) 3. März 2016
Doch der Konsument von heute ist mit seinen Wünschen viel näher an der geschälten Orange in der Plastikbox als bei einem krummen Rüebli mit Erdresten dran, das er erst noch waschen UND schneiden müsste.
Allein Coop macht im schnell wachsenden Bereich des Convenience-Food einen Umsatz von 700 Millionen Franken. Und ein Blick in die Supermarkt-Regale der Schweiz zeigt: Auch hier stehen immer mehr portionierte, verarbeitete oder vorgekochte Lebensmittel in den Regalen.
Die Kehrseite: Plastikabfall en masse. Hier eine Liste die zeigt, warum wir vielleicht bald alle gar nicht mehr kochen können.
Geschälte Orangen im Ami-Supermarkt? Bei uns sind die Orangen nicht nur geschält, sondern sogar geschnitten. Coop legt eine Dattel drauf und verkauft das Ganze als Znüni-Mix.
Als Sackmesserproduzent würde uns das zu Denken geben: Vorgeschnittene Salamis, nett portioniert in der Plastikbox.
Stell dir vor, du musst einen Plastiksack aufreissen, um an die Bananen zu kommen, die du aus ihrer Verpackung schälen musst ...
Drei (!) Kartoffeln. Schon weich gedämpft, und vakuumiert. Bestens geeignet für Gschwellti.
Yeah, let's cook! Mit diesen Champignons und dem Minestrone-Gemüse erübrigt sich auch das Kleinmachen mit einem Meffer Nesser, ach mit diesem scharfen Gegenstand, den man früher noch gebraucht hat.
In der Werbung für dieses Produkt würden wir wahrscheinlich eine total aktive Business-Frau sehen, die in die Küche stürmt, merkt, dass ihre Freundinnen in drei Minuten zum Apéro kommen, kurz sorgenvoll die Stirn in Falten legt, dann aber entspannt das Apéro-Gemüse aus dem Kühlschrank nimmt, sich umfrisiert und lächelnd die bewundernden Blicke der hereinkommenden Freundinnen entgegennimmt. Apéro-Gemüse – Mehr Zeit zum Leben.
Mal abgesehen davon, dass es wirklich schwierig ist, Kokosnussstückli (links) selber zu machen: Es gibt schon entkernte Granatäpfel. Für alle, die das doof finden: Hier eine Anleitung, wie Granatäpfel entkernt werden können.
Rüebli gibt's im Mix und schon gekocht. Schön farbig und 100 Prozent natürlich. Bei ganzen Rüebli ist das mit der Natürlichkeit ja immer so eine Sache.
Der Mix ist nix für dich? Es gibt die Rüebli gewürfelt auch in uni (hinten). Kürbisse natürlich auch.
Biberli im Plastik im Plastik. Weil zweimal auspacken besser schmeckt? Absurd. Und würde offensichtlich (rechts) auch anders gehen.
Dekorierter und zerstückelter Rührkuchen im Plastikbecher. Klar: An der Tramhaltestelle stehen und sich lässig ein Zitronenkuchen-Stückli in den Mund werfen sieht definitiv besser aus als das Gesicht in ein ganzes Stück Kuchen zu rammen. Sei es noch so hübsch dekoriert.
Brunoise ist der Fachbegriff für sehr klein geschnittenes Gemüse. Hier aus Spanien und der Schweiz, vereint in einer Zigarettenschachtel grossen Plastikbox.
Das mit bio ist ja so eine Sache*. Zwei Stück Artischocken in der Kartonschachtel in der Plastikhülle. Vielleicht hatte Nadine aus «Frauentausch» ja recht:
Plastikbesteck in einer Plastikhülle in der Plastikbox mit Plastikfächli für alles, was in den Salat gehört. Die Industrie freut sich vermutlich schon, wenn sie den Salat auch endlich aus Plastik herstellen kann.
*Nachtrag: Warum ist Bio-Gemüse häufig aufwändiger verpackt als konventionelles Gemüse? «Das Lamm» hat diese Frage der Migros gestellt. Würden Bio-Produkte nicht abgepackt, bestehe Kontaminierungs-Gefahr, so die Antwort. Ausserdem wisse der Konsument so, dass die Ware auch tatsächlich bio sei.
Mehr Infos zu den Verpackungsrichtlinien von Bio-Produkten gibt's hier.