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Austausch in Autralien: Wieso alleine Reisen super ist. Bericht aus Melbourne

Eine Nacht mit Fremden – darum liebe ich es, alleine zu reisen

Bild: daniel monteiro
09.06.2017, 19:5610.06.2017, 15:20
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Alleine zu reisen hat Vor- und Nachteile. Am besten sind die Begegnungen, die einem je nach dem entgehen, wenn man auf seinen Reisepartner fixiert ist.

  • Ich wäre damals in New York nicht vom schwulen Seniorenpärchen auf ein Schwätzchen an ihren Tisch rübergewunken worden.
  • Ich hätte an Heiligabend in Manhattan nicht mit meiner Hippie-Oma/AirBnB-Gastgeberin mit Popcorn auf dem Schoss «Kevin allein in New York» geschaut.
  • Ich hätte in dieser kleinen Bar irgendwo in Oregon nicht mit vier Trump-Supportern unsere politischen Differenzen beim Ping-Pong-Spiel ausgetragen. (Hab leider verloren, noch im selben Jahr wurde Trump gewählt. Sorry Welt, war mein Fehler.)
Ich in Oregon. Auch beim Fragen, ob jemand ein Foto von einem schiessen kann, ergeben sich Bekanntschaften. 
Ich in Oregon. Auch beim Fragen, ob jemand ein Foto von einem schiessen kann, ergeben sich Bekanntschaften. bild: grs

Der einzige Haken beim alleine Reisen, zumindest für mich, ist die Überwindung, die es braucht, um auf Menschen zuzugehen und sie kennenzulernen. Von Leuten, die mich ein bisschen kennen, höre ich oft: «Das glaube ich nicht. Du redest so viel und bist so laut. Und sowieso ... du machst Slam Poetry. Du kannst bestimmt gut mit Menschen reden und so.»

In Tat und Wahrheit bin ich aber ziemlich introvertiert – ich rede einfach nicht gern drüber (badabum, tschhh). Auf der Bühne schützen mich die blendenden Scheinwerfer vor den Blicken: Ich rede nicht mit einem Menschen, ich rede mit einem schwarzen Raum.

Das ist viel einfacher.

Mit Leichtigkeit Leute anquatschen kann ich nur unter zwei Bedingungen:

  1. Ich kenne den Angequatschten bereits sehr gut.
  2. Ich bin angemessen betrunken.

Wenn ich alleine unterwegs bin, kenne ich logischerweise niemanden und betrinken kann/will/sollte ich mich auch nicht andauernd. Ich reise liebend gern alleine, ich brauch dafür einfach immer erst einen Ruck.

Während meiner Semesterpause in Perth, ging ich für eine Woche alleine nach Melbourne. So ein Austauschsemester ist schliesslich anstrengend, da braucht's Ferien vom Urlaub.

Wie anstrengend, liest du hier. Achtung: Kann Spuren von Ironie enthalten.

In Melbourne angekommen, werfe ich mich ins kalte Wasser – ab in den Ausgang. Auf «Meetup», einer App für soziale Gemeinschaftsaktivitäten, sehe ich, dass sich eine Gruppe Expats im Ausgehviertel Fitzroy trifft. «Prima, andere Fremde – ein guter Anfang», denke ich mir und sage der Veranstaltung zu. Ich gehe hin und stell mich vor dem Club an. Was ich noch nicht weiss: Die Expats werde ich nie kennenlernen.

Eine besoffene Gruppe Australierjungs steht vor mir in der Schlange, oder besser gesagt um mich herum. Wir haben uns gleichzeitig angestellt und mit jedem Schritt, den es vorwärtsgeht, werde ich weiter in die laute Gruppe reingedrängt. Es wird immer unangenehmer und schwieriger so zu tun, als würde ich sie nicht bemerken und einfach lässig alleine in einer Menschentraube rumstehen. An dieser Stelle muss gesagt werden, dass ich stocknüchtern und deshalb zu 100 Prozent im Introvertierten-Modus bin.

Dieses komisch gefangene Herz da oben symbolisieret mein nüchternes Ich. 
Dieses komisch gefangene Herz da oben symbolisieret mein nüchternes Ich. bild: grs

Sie spielen ein Spiel, bei dem einer das Smartphone an die Stirn hält und die anderen umschreiben müssen, welcher Begriff auf dem Display zu sehen ist. Tabu für Millennials quasi.

«Chris Rock» steht da.

Die Schnapsnasen legen los:

«Ein schwarzer Comedian.»

«Macht auch Filme.»

«Hat den Esel bei Shrek gespielt!»

«Nein. Das war Eddie Murphy, du Depp. Chris Rock ist das Zebra von Madagaskar», denke ich still in mich hinein. Raus kommt nur ein schwächlich gemurmeltes „Nein ... Murphy ... Zebra.“

Die Hooliganhorde verstummt und blickt mich an: «Wie bitte?» – «Eddie Murphy war der Esel bei Shrek. Du meinst das Zebra von Madagaskar», formuliere ich mein Gestammel etwas verständlicher aus.

Aus irgendeinem Grund (vermutlich Alkohol) brechen die Jungs in schallendes Gelächter aus. Ab diesem Punkt sind wir scheinbar beste Freunde. Steve, Jake, Daniel und den vierten Namen habe ich bereits wieder vergessen. Sie beginnen mich über die Schweiz auszufragen. Und auch wenn nichts aus diesem oberflächlichen Interview hängen bleiben wird, ist’s doch sehr lustig. Im Club angekommen wird mir Drink nach Drink in die Hand gedrückt.

Sie stellen mich euphorisch allen vor, die sie kennen, und auch allen anderen. Es stossen weitere Ethanol-Hünen dazu. Sie scheinen sich alle aus einer Football-Mannschaft zu kennen. Ich beginne, mir ein Spiel daraus zu machen, die Jungs irgendwelchen Promis zuzuordnen, an die sie mich erinnern. John zum Beispiel sieht aus wie Special Officer Doofy aus Scary Movie, Steve wie ein blonder Zach Woods (der Typ aus Silicon Valley).

Das ist der hier.
Das ist der hier.bild: wikimedia

Nach einer Weile wird beschlossen, weiter zu ziehen. Eigentlich möchte ich endlich mal die Expats aufsuchen, aber die Football-Jungs lassen mich nicht. Unterwegs erfindet meine neue Gang Fanchor-Gesänge mit meinem Namen. Es schauen alle schon schräg, eigentlich ein grosser Fremdschäm-Moment. Aber was soll's. Mich kennt zum Glück ja keiner und bald bin ich wieder weg. Wir ziehen von Bar zu Bar, wo es mehr und mehr Bier gibt. Einige der Jungs verlassen uns, ein paar neue Leute schliessen sich an. Unter anderem Barbara Schöneberger in jung.

Zum Schluss tanzen wir in einem leeren Pub zu einer Live-Band, die Indie-Covers von 90er Hits spielen, bis der Laden schliesst. Steve, der einzige nüchterne an diesem Punkt, fährt die verbliebene Crew nachhause. Im Auto werden zum letzten Mal die «Greg»-Gesänge angestimmt. Dann setzt er mich netterweise direkt vor meinem Hostel ab.

Ich mit den verbliebenen Schauspielerdoubles, gezeichnet von einer langen Nacht. Guckt hinten steht Zach, seht ihr? Nicht schlecht, oder?
Ich mit den verbliebenen Schauspielerdoubles, gezeichnet von einer langen Nacht. Guckt hinten steht Zach, seht ihr? Nicht schlecht, oder?bild: grs

Die Moral der Geschichte? Nichts Weltbewegendes, nur, dass es Vor- und Nachteile hat, alleine zu reisen. Es braucht Überwindung. Manchen mag dies wohl leichter fallen, anderen schwerer. Aber es entstehen Geschichten – spannende und unbedeutende, erzählenswerte und langweilige, tiefgründige und alberne. Manche bleiben in Erinnerung, manche geraten in Vergessenheit und manche landen auf watson.

Was ist eure liebste Geschichte vom Treffen mit Fremden?

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Seine Lehrer sagten früher: «Wenn du ständig überall deinen Senf dazugeben musst, wird nie etwas aus dir.» Diese Herausforderung nahm er dankend an. Heute ist Gregor Stäheli als Slam Poet vor allem auf Bühnen anzutreffen. Ein Austauschsemester in Perth zwingt ihn, diese für ein halbes Jahr zurückzulassen. Da er es dennoch nicht bleiben lassen kann, sich ständig mitteilen zu müssen, nutzt er diese Reise, um für mint zu schreiben. Seien dies Erlebnisse, Begegnungen mit Schweizern, Gespräche mit Freunden oder grundsätzliche Themen, die ihm unterwegs in den Sinn kommen. Das ist KEIN Reiseblog. Deshalb solltest du ihn nicht zu ernst nehmen – das tut er nämlich selbst schon nicht.

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30 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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sevenmills
09.06.2017 22:49registriert Oktober 2014
Um alleine zu reisen, muss man der Typ dafür sein. Für mich beispielsweise ist das nichts. Dafür bin ich einfach zu wenig der Typ, der offen genug auf andere zugeht und schnell Freundschaften schliessen kann. Fühle mich nicht wohl, im Gegenteil. Dann ist während der Reise ständig irgendwie ein Druck da, jemanden kennenlernen zu müssen.
Für mich persönlich ist Reisen zu zweit ideal. Man ist noch flexibel genug in den Entscheidungen, hat immer Begleitung aber trotzdem noch die Chance, andere Leute kennenzulernen. Ich weiss, dass das Geschmackssache ist. Viele Bekannte Reisen auch lieber allein.
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Lümmel
09.06.2017 20:28registriert Mai 2016
Evelyne, bisches du?
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henk
10.06.2017 02:22registriert Februar 2014
Völlig aus der Seele gesprochen. War 4 Monate alleine im südlichen Afrika unterwegs, hab Menschen kennengelernt, die mich teilweise sogar spontan aufgenommen haben und mich an ihrem Leben teilnehmen liessen. Dadurch kommt man den Menschen so viel näher. Auch wenn man als Backpacker unterwegs ist, wird man nie alleine sein. Backpacker-Hostels sind glaub der beste Ort um gleichgesinnte oder ganz verrückte Menschen kennenzulernen.
Mein Fazit: Ich war zwar alleine unterwegs, aber einsam wurde ich nie. Bin auch eher introvertiert (Schweizer-Gen?) aber man lernt so oder so neue Leute kennen.
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Ziplining zwischen Trauma und Speichel
Es passieren wieder Dinge. In knappen Kostümchen und anderen Kleidern.

Es war jetzt nicht unbedingt eine Profifotografenleistung, die der liebe Greg da abgeliefert hat. Aber die Ladys sind ja auch keine Profimodels, mal abgesehen von Mabel und Michèle.

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