Die gewünschte Etablierung an der erweiterten Bundesligaspitze gelang nicht, eine Serie von sieben Spielen ohne Sieg liess das Betriebsklima vorübergehend auf den Nullpunkt sinken. Was das 2:0 gegen Ingolstadt intern bewirkt, ist nicht abzusehen. Manager Klaus Allofs gestand in verschiedenen Interviews ein, derzeit «kein Spitzenteam mehr zu sein». Der Output ist ein eigentlicher Kontrast zu den hohen Ansprüchen der wichtigsten Sport-Equipe des wirtschaftlich angezählten VW-Konzerns.
Unter Druck stehen alle. Nicht nur die deutschen Hochlohnbezüger André Schürrle, Julian Draxler und Max Kruse haben Kritik auszuhalten – auch ihr Vorgesetzter Allofs steht vermehrt im medialen Fokus. Ihm wird vorgehalten, die Verkaufssumme von Kevin De Bruyne (rund 75 Millionen Euro) bereits zu einem erheblichen Prozentsatz reinvestiert zu haben. Der Erfolg lässt bis anhin aber auf sich warten.
Das vorwiegend zähflüssige Tagesgeschäft überschattet nun teilweise auch die erstklassige europäische Kampagne. Der Coup gegen Manchester United ist angesichts der aktuellen Probleme schon fast verblasst. Und die heikle Aufgabe im Hinspiel der Champions-League-Achtelfinals wird von Teilen der dem VfL zugewandten Öffentlichkeit nahezu als Pflichtprogramm interpretiert.
Dieter Hecking hält selbstredend wenig von der Geringschätzung des KAA Gent. «Wir brauchen zwei richtig gute Tage, um weiterzukommen», warnte der Wolfsburger Trainer am Vorabend. Er rechne mit einer schwierigen Atmosphäre. Dass mit Captain Diego Benaglio, Antreiber Daniel Caligiuri, Abwehrchef Naldo und dem defensiven Mittelfeldstrategen Josuha Guilavogui vier Stammspieler ausfallen, erschwert die Situation zusätzlich.
Von Schwermütigkeit ist Wolfsburgs Gegner nicht befallen. Im Gegenteil: Die «Koninklijke Atletiek Associatie Gent» hat 2015 bei der Premiere im wichtigsten Europacup-Wettbewerb die Schlagzeilen des Jahres produziert. Knapp zehn Monate nach dem ersten Meistertitelgewinn seit der Klubgründung 1900 steht für den Aussenseiter aus der Provinz Ostflandern die Partie des Jahrzehnts an.
Nach einem mässigen Auftakt verschaffte sich Gent mit drei Siegen in Folge gegen Valencia, Lyon und den russischen Titelhalter Zenit St. Petersburg das Achtelfinal-Ticket. Der frühere Schweizer U21-Nationalspieler Danijel Milicevic war beim beeindruckenden Finish mit drei Treffern hauptbeteiligt. Vom Cup-Halbfinal-Out gegen Brügge wird sich die Mannschaft des Tessiners kaum aus dem Konzept bringen lassen. Zu teuflisch gut ist die flächendeckende Euphorie in der reanimierten Fussball-Nation. «Jeder in Belgien ist stolz auf uns», sagt Milicevic.
Zwischen 1996 und 2001 orchestrierte Zinédine Zidane das meisterliche Spiel von Juventus und wertete die Serie A auf. Als Taktgeber von Real Madrid kehrt der französische Maestro abermals ins Rampenlicht zurück. Im Achtelfinal-Duell mit der AS Roma kann Zidane seine Trainerkunst vertiefen. In der Primera Division reihte der frühere Weltmeister vor allem im eigenen Stadion eine Gala an die nächste.
Der Enthusiasmus der Stars um Cristiano Ronaldo ist spürbar, derweil sich die Roma von ihrem fast dreimonatigen Tief seit der Ankunft des neuen Trainers Luciano Spalletti ebenfalls einigermassen erholt hat. Gegen den zehnfachen Titelträger sind die Römer auf dem Papier (fast) aussichtslos, die Statistik hingegen belegt Reals «Italien-Schwäche»: In den letzten drei Dekaden scheiterte der spanische Rekordmeister in acht von neun europäischen Knock-out-Begegnungen. (ole/sda)