Männer sind insgesamt weniger offen für Berührungen, aber im Gegensatz zu Frauen haben sie bei Berührungen durch eine fremde Person des anderen Geschlechts keine Tabuzonen (schwarz).
Bild: Universität Oxford
Männer lassen sich eher von Fremden anfassen als Frauen – vorausgesetzt, diese Fremden sind weiblich. Frauen dagegen sind toleranter, wenn es Freunde sind, die sie berühren. Eine neue Studie hat die Tabuzonen von Mann und Frau übersichtlich kartographiert.
Es ist eine Binsenwahrheit: Dieselbe Berührung fühlt sich sehr verschieden an, je nachdem, welche Beziehung wir zu der Person haben, die uns berührt. Augenfällig ist auch, dass es dabei geschlechtsspezifische – und in etwas minderem Masse kulturelle – Unterschiede gibt.
Wo genau wir uns von wem berühren lassen, ohne uns dabei ungemütlich oder gar belästigt zu fühlen, haben Wissenschaftler der Universität Oxford und der finnischen Aalto-Universität jetzt in einer Studie untersucht, die Ende Oktober publiziert wurde. Sie haben die Toleranz- und Tabuzonen kartographiert, die je nach Beziehung und Vertrautheit mit der berührenden Person unterschiedlich ausfallen.
Robin Dunbar, Universität Oxford
Insgesamt baten die Forscher um Juulia T. Suvilehto mehr als 1300 Versuchspersonen aus Grossbritannien, Finnland, Frankreich, Italien und Russland, die entsprechenden Zonen auf Körper-Silhouetten mit Farben zu markieren. Die Studienteilnehmer wurden zudem gebeten, die Gründe dafür anzugeben, warum sie sich von jemandem berühren lassen würden.
Ein Ergebnis der Befragung war, dass sich die britischen Versuchspersonen generell etwas weniger gern berühren liessen als jene aus den anderen Ländern. Ansonsten waren die kulturell begründeten Unterschiede jedoch eher gering. Als viel wichtiger erwies sich, wie eng die Beziehung zu der berührenden Person war.
Juulia T. Suvilehto, Aalto-Universität
Die Beziehung sei wichtiger als der Bekanntheitsgrad, präzisierte Studienautor Robin Dunbar von der Universität Oxford. «Ein Freund, den wir eine Weile nicht mehr gesehen haben, wird uns immer noch an Stellen berühren dürfen, die Bekannte, die wir jeden Tag sehen, nicht anfassen dürfen.»
Berührungstopographie: Frauen (obere Hälfte) und Männer tolerieren Berührungen durch unterschiedlich nahestehende Personen (rote Schrift = weiblich, blaue Schrift = männlich) nicht gleich. Je dunkler die Farbe, desto unerwünschter die Berührung. Umrandete schwarze Zonen sind tabu.
Bild: Universität Oxford
Frauen finden Berührungen von komplett fremden Personen in aller Regel nur an ihren Händen akzeptabel. Wenn es indes um nahestehende Personen geht – Verwandte oder enge Freunde –, sind Frauen durch Berührungen nicht so schnell irritiert. Männer dagegen fühlen sich auch dann nicht wirklich wohl, wenn sie von Freunden berührt werden – sie sind generell nicht sehr scharf auf physischen Kontakt mit Geschlechtsgenossen.
Handelt es sich bei der berührenden Person indes um eine Frau, sind Männer vergleichsweise tolerant. Sogar wenn es eine komplett fremde Frau ist, gibt es bei den Männern keine total verbotene Zone. Nicht einmal die Geschlechtsteile sind in diesem Fall völlig tabu.
Davon abgesehen gilt allerdings, was Studienautorin Suvilehto sagte: «Je grösser die Lust ist, die bei der Berührung einer spezifischen Region des Körpers entstehen kann, desto selektiver erlauben wir anderen, uns dort zu berühren.»