USA, 1955:
Tsts, die Burlesque-Tänzerin Lilly Christine (1923–1965) lässt man nicht warten!
Frankreich, 1920er:
Das erste Kapitel der Modefotografie schrieben der französische Baron Adolphe de Meyer und der Luxemburger Edward Steichen 1907 mit ihrer geliehenen Handkamera: Sie fotografierten aussergewöhnlich elegant gekleidete Frauen auf der Pferderennbahn von Longchamp. Das war neu. Bis dahin hatte man in Modezeitschriften bloss handkolorierte Porträts von reichen Frauen in Designer-Klamotten zu sehen bekommen. Die Tageszeitungen aber begannen nun damit, jene «echte Kleidung» zu zeigen, wie sie in schicken Skigebieten oder angesagten Cafés getragen wurde. Und wie sie bald auch die «Frères Séeberger» lieferten; die Pariser Postkartenfotografen, die auch obiges Bild schossen.
Los Angeles, Kalifornien, USA, 1986:
Der in Rom geborene italienisch-amerikanische Künstler Dario Campanile besuchte nie eine Kunstschule, er brachte sich sein Handwerk selbst bei. Salvador Dalí nannte ihn den «römischen Meister»; aus Spass oder im Ernst, so genau konnte man das bei dem Surrealisten nicht sagen.
Seine Bilder bewunderte man in Paris, in London und in Beverly Hills, wo Campanile bald zahlreiche Angebote für die Gestaltung von Platten- und Buchcover erhielt.
Und dann, nachdem er über ein Jahrzehnt in Los Angeles gearbeitet hatte, wählte man ihn unter Hunderten von Künstlern aus, um das Logo zum 75-jährigen Jubiläum der Paramount Studios zu entwerfen.
Dafür verband er verschiedene Gebirgszüge miteinander, erschuf eine realistische Traumlandschaft, die künftig vor jedem Paramount-Film über die Leinwände flimmerte; ein magisches Tor sozusagen, das in die Kinowelt führte.
Bergen-Belsen, 19. April 1945:
Nachdem das Lager Bergen-Belsen von britischen Truppen befreit worden war, wurden die gefangenen SS-Lageraufseherinnen für die Bestattung der Opfer herangezogen.
Zu den Frauen gehörten Hildegard Kanbach (erste von links), Irene Haschke (Mitte, dritte von rechts), die Oberaufseherin Elisabeth Volkenrath (zweite von rechts, teilweise verdeckt) und Herta Bothe (erste von rechts).
Bergen-Belsen war zwar kein Vernichtungslager, Massen von Menschen starben darin trotzdem; an Hunger, Kälte und Krankheiten. Kurz vor Ende des Krieges wurden zehntausende Häftlinge aus anderen Lagern hierhin überführt, und als die Briten kamen, lagen überall Tote und solche, die es bald waren. Insgesamt kamen in Bergen-Belsen mehr als 50'000 Menschen ums Leben.
Die «Totenräumung» beschreibt Herta Bothe in einem Interview aus dem Jahr 2019 wie folgt:
«Erstmal auf Autos rauf, die Leichen und dann wir obendrauf und dann wurden wir ein paarmal durchs Lager gefahren. Die ehemaligen Häftlinge haben uns beschmissen mit was weiss ich nicht mit was, und dann wurden wir bei der Kuhle abgesetzt und dann mussten wir die Leichen in die Kuhle schmeissen. Das Gesicht, das war so, nur Knochen, da war vielleicht nur noch die Haut drauf, aber weiter nichts. Und die Finger waren, als wären die fürchterlich lang. Und die Arme so dünn. Wenn man da anfasst, dann ist das alles schon kaputt. Wenn man das hier anfasste, machte das oben schon Knacks und dann war's aus. »
Im Oktober 1942 erhielt sie im KZ Ravensbrück über zwei Wochen einen «qualifizierenden Lehrgang» im KZ Ravensbrück, dann war Herta Bothe Lageraufseherin im KZ Stutthof. Sie begleitete einen Todesmarsch von jüdischen Frauen aus Zentralpolen nach Bergen-Belsen.
Sie wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt und am 22. Dezember 1951 vorzeitig aus der Haft entlassen.
Auch Irene Haschke wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt und zusammen mit Bothe entlassen.
Elisabeth Volkenrath kam nicht raus. Sie war Oberaufseherin in Bergen-Beslen, davor entschied sie im ehemaligen KZ Auschwitz-Birkenau darüber, welche Häftlinge in die Gaskammer geschickt wurden. Von den Tötungskammern will sie jedoch nichts gewusst haben, wie sie im Bergen-Belsen-Prozess in Lüneburg aussagte. Sie plädierte wie alle anderen Angeklagten auf «nicht schuldig».
Ohrfeigen gab sie zu, mit dem Hinweis auf die Aufrechterhaltung der Lagerordnung, andere Misshandlungen von Häftlingen wies sie als «verdammte Lüge» von sich. Zudem sei der Lagerdienst in Auschwitz für sie ebenso Strafe gewesen wie für die Häftlinge, weil die Aufseherinnen wie diese hätten hausen müssen.
Elisabeth Volkenrath wurde zum Tode verurteilt und am 13. Dezember 1945 gehängt.
Arizona, USA, 1908:
Die Kolb-Brüder Emery und Ellsworth, wie sie versuchen, ein Adlernest zu fotografieren. So liessen sie sich immer wieder ablichten: Sie nutzten das Bild für Werbekarten, für Souvenirbücher und Plakate, denn es zeigt sie so, wie sie sich selbst gesehen haben: als Eroberer des Grand Canyon.
Denn der Ort, seit Jahrtausenden von Walapai, Havasupai, Hopi, Navajo und Kaibab bewohnt, stand der Ausbeutung noch offen.
Von Goldgräbern und Bergbauleuten bald als unrentabler Ort verschrien, versprach zumindest der Tourismus Gewinn. Ab 1901 musste man dann auch nicht mehr mit der Kutsche anreisen, sondern konnte die Eisenbahn nehmen. Die eben noch für den Bergbau benutzten Trails wurden nun zu Wanderwegen, für deren Benutzung die Besitzer Zoll verlangten.
«You can't miss the abyss», pflegt man hier zu sagen. Die Schlucht ist etwa 440 Kilometer lang und an einigen Stellen 1800 Meter tief. Das Werk des Colorado River, der sich über Millionen von Jahren durchs Gestein gefressen hat.
Unmittelbar am Abgrund, an der Mautstelle des Bright Angel Trail am Südrand des Canyons, steht noch heute das Studio der Kolb-Brüder. Hier entwickelten sie die Fotos, die sie von den Touristen beim Abstieg zum Fluss geschossen hatten, um sie ihnen nach ihrer Rückkehr zu verkaufen.
Brücken gab es noch keine, also nutzte man eine Schwerkraft- und Kurbelseilbahn, ein wackeliger Käfig, der 18 Meter über dem Colorado River schwebte. Erbaut hatte sie der Unternehmer David Rust, der seit 1907 sein Zeltlager im Canyon aufgeschlagen hatte.
Zu Ehren Theodore Roosevelts wurde es in Roosevelt Camp umbenannt, der Präsident nutzte die Seilbahn immer wieder, er war ganz begeistert vom Grand Canyon. Unter ihm wurde das Gebiet 1919 als Nationalpark unter Schutz gestellt.
1906:
Vier junge Hopi-Frauen beim Maismahlen, fotografiert von Edward S. Curtis (1868–1952), der dreissig Jahre seines Lebens damit verbrachte, die Traditionen der Ureinwohner Nordamerikas für die Ewigkeit festzuhalten. Er schoss rund 40'000 Fotografien von ca. 80 verschiedenen Stämmen. Dazu gesellten sich Sprach- und Musikaufnahmen sowie Biographien.
Seine Bilder sind jedoch Produkte ihrer Zeit; keine reinen Dokumentationen, sondern vielmehr koloniale Projektionen: Curtis Ziel war es, die untergehende Lebensweise der Indianer festzuhalten, wobei er deren Authentizität anhand seiner romantisierten Vorstellungen des «Primitiven» inszenierte. Dafür liess er sie ihre traditionelle Kleidung tragen, auch wenn sie diese bereits abgelegt hatten, und tilgte moderne Elemente aus seinen Bildern.
Belgien, irgendwann im 19. Jahrhundert:
Heute pfeift hier niemand mehr rein, die Pfeife liegt im MAS, dem Museum aan de Stroom in Antwerpen. Mitte des 19. Jahrhunderts, als eine dritte Welle der Beulenpest – nach der Justinianischen Pest im 6. und dem «Schwarzen Tod» im 14. Jahrhundert – über die Welt rollte und besonders China und Indien traf, aber sich auch in den Hafenstädten auszubreiten drohte, die auf deren Handelsrouten lagen.
Dank internationaler Zusammenarbeit und medizinischem Mehrwissen wurde Europa allerdings weitgehend von der Pandemie verschont. Und wer weiss, vielleicht hat die Hexenpfeife auch ihren Teil dazu beigetragen: Denn der sogenannte Verfrachter hatte in die Pfeife zu blasen, gemäss ihrer Inschrift – «Siffle un deux trois» – dreimal und dann folgten ihm die vom Bakterium verseuchten Ratten, die ganze quiekende Brut, und die Gefahr war vorbei.
Rettungskräfte verpacken und transportieren einen Teil des Kohleabraums ab, der den schlimmsten Bergbau-Unfall der britischen Geschichte verursacht hat.
Nach drei Wochen starken Regens rutschte die Halde 7 oberhalb des walisischen Bergbaudorfes – einer der menschengemachten Hügel an unbrauchbarem, weil nicht kohleführendem Gestein – am 21. Oktober 1966 um 9:15 Uhr den Merthyr-Berg hinab, auf den sie getürmt worden war.
Die Pantglas Junior School, in der gerade der Unterricht begonnen hatte, wurde unter zwei Millionen Tonnen Geröll, Schlamm und Russ begraben. Weiter verschlang der Gesteinsstrom zwanzig Häuser, eine Farm und Teile der benachbarten Mittelschule.
Insgesamt wurden 144 Menschen getötet, davon 116 Kinder.
Es dauerte fast eine Woche, bis das letzte Opfer geborgen war.
Die nachfolgende Untersuchung ergab: Das National Coal Board (NCB), welches die Kippstelle seit fünfzig Jahren betrieb, wusste über das dortige Vorhandensein der Wasserquellen Bescheid. Es waren sieben. Sie waren in der Karte des Ortes eingezeichnet. Und sie verflüssigten den dort lagernden Abraum so sehr, dass er hinunter ins Tal krachte.
Am Ende wusste jeder, dass die Halde instabil war, unternommen wurde aber nichts. Auch vonseiten der Arbeiter nicht; man fürchtete, dass zusätzliche Unkosten zur Grubenschliessung und Arbeitslosigkeit führen könnten.
Die staatliche Kohlebehörde wurde wegen «Ignoranz, Inkompetenz und fehlender Kommunikation» schuldig gesprochen und zu einer Ausgleichszahlung von 500 Pfund pro Kind (heute ungefähr 11'800 CHF) verurteilt.
Die verbliebenen Halden wollte sie nicht sichern, und entfernt wurden sie erst nach langem Kampf der Einwohner von Aberfan gegen das NCB und die Regierung, denen ein Abbau zu teuer war.
«Was damals in Aberfan passierte, war ein dunkles Geheimnis, über das wir Kinder nicht reden durften. Wir mussten stumm bleiben, vor allem auch um der anderen Leute willen, die ihre Kinder verloren hatten. Gleichzeitig haben sich die überlebenden Kinder aber auch nicht untereinander ausgetauscht. Wir haben das alles in uns weggeschlossen. Nach dem Unglück, als wir noch klein waren, war kaum noch ein Kind übrig. Und so wanderten wir durch die Strassen wie verlorene Seelen.»
Eine Überlebende
Figueres, Katalonien, Spanien, 1906:
Das ist der zweijährige Salvador Dalí (1904–1989), der genau neun Monate nach dem Tod seines Bruders geboren wurde – und dessen Namen er bekam. Als er fünf Jahre alt war, sagte ihm seine Mutter, er sei die Reinkarnation seines verstorbenen Bruders. Dieser Gedanke begleitete ihn ein Leben lang, liess ihn an seiner Identität verzweifeln und war auch Grund seines Dranges, der Welt zu beweisen, wie einmalig er sei.
Es ist ihm durchaus gelungen.
Obergesteln, Wallis, Schweiz, 1940:
Im Rahmen des obligatorischen Landdienstes während des Zweiten Weltkriegs hilft ein Schüler bei der Heuernte.
Vom Landdienst sprach man in der Schweiz erstmals in den 1920er Jahren. Die Technikfeindlichkeit manch eines Jugendlichen trieb ihn hinaus aus der Stadt auf die Felder, um den Bauern beim Heuen zu helfen. Während der Wirtschaftskrise wurde jene Hilfe dann institutionalisiert: Die Schweizerische Zentralstelle für freiwilligen Arbeitsdienst (ZEFAD) wurde gegründet und half fortan vielen arbeitslosen Jungen, eine Beschäftigung zu finden. Sie legten Bergwege an, halfen bei der Landgewinnung oder archäologischen Ausgrabungen im ganzen Land.
Als dann der Zweite Weltkrieg ausbrach und alle wehrpflichtigen Männer einberufen wurden, fehlten allerlei Hände auf dem Land. Erst halfen die Schüler freiwillig aus, ab 1941 wurde der Dienst dann obligatorisch für alle Frauen und Männer, Flüchtlinge und Emigrant:innen, selbst für Auslandschweizer:innen, die in ihre Heimat zurückgekehrt waren.
Die Landwirtschaft verfügte so über zusätzliche 100'000 Arbeitskräfte. Als der Dienst mit dem Ende des Krieges aufgehoben wurde, bestand er aber noch lange als Teil der Lehrpläne in verschiedenen Schulen. Man wollte die jungen Städter:innen mit dem Leben auf dem Land vertraut machen.
Bis heute melden sich über 1000 Jugendliche jedes Jahr für einen freiwilligen Einsatz auf dem Bauernhof.
UdSSR, 1922:
Die russisch-orthodoxe Kirche, die seit 1700 unter staatlicher Verwaltung gestanden hatte, war vor allem ab den 1920er Jahren Repressalien ausgesetzt. Auf dem Bild ist zu sehen, wie sowjetische Arbeiter die Einrichtung einer Kirche schrotten.
Die Bolschewiki beriefen sich in ihrem Kampf gegen die Religion auf die Aufklärung, in deren moderner Ausführung der Glaube keinerlei Daseinsberechtigung besass. Man etablierte Atheismus als wissenschaftliche Disziplin, gründete Zeitschriften wie «Der Gottlose», man öffnete Reliquienschreine und Heiligengräber, um sie als «faulen Zauber» zu enttarnen.
Und dann kam die Gewalt. Man zerstörte Kirchen und tötete tausende Geistliche, mit und ohne Urteil. Unter Stalin, der einmal selbst Priesterkandidat gewesen war, erlebte die Verfolgung der Priester ihren Höhepunkt.
Agra, Indien, 1876:
Sanichar, das heisst Samstag, weil Sanichar an einem Samstag ins Waisenhaus kam. Jäger hatten den sechsjährigen Jungen im Februar 1876 in einer Wolfshöhle in Bulandshahr gefunden.
Über zwanzig Jahre lang lebte er unter Menschen, ging anfangs auf allen Vieren und ass rohes Fleisch. Auch sprechen lernte er nie. Die Laute, die er von sich gab, ähnelten denen der Wölfe.
Sanichar starb 1895 im Alter von etwa 34 Jahren an Tuberkulose. Womöglich war er die Inspiration für die Figur Mogli in «Das Dschungelbuch» von Rudyard Kipling.
Riederalp, Wallis, 1966:
Entspannt sieht irgendwie anders aus. Aber wer kann es den Passagieren verdenken ... Der Sesselift Greicheralp-Blausee anlässlich seiner Einweihung am 30. Juni.
1995 wurde er aufgrund ungenügender Sicherheitsanforderungen ersetzt durch die moderne 12-er-Kabinenbahn Riederalp-Moosfluh.
New York, USA, 1976:
So hiess das Restaurant auf der 107. Etage des 110-stöckigen Nordturms des World Trade Centers.
Es wurde am 12. April 1976 eröffnet und bei den Anschlägen vom 11. September 2001 zerstört. Alle 79 Mitarbeiter, die am Tag der Katastrophe anwesend waren, starben, dazu kamen 91 Gäste.
London, 1910:
Koloriertes Bild einer festgenommenen Suffragette.
Santa Maria, Kalifornien, USA, 2003:
Arnie als 38. Gouverneur Kaliforniens in spe.
So, wir müssen reden.
Es ist so: Mir gehen langsam aber sicher die guten Bilder von Arnold Schwarzenegger aus.
Es muss jemand anderes her. Aber natürlich wird uns das nicht davon abhalten, ihn ewiglich im Herzen mit uns rumzutragen! Oder was meint ihr? Wer oder was wäre ein würdiger Ersatz?
Ihr dürft sehr gern eure Ideen in den Kommentaren kundtun und dann stimmen wir beim nächsten History Porn darüber ab!
Bis dahin: He'll be back!