Sechs in dunkelblaue Metallrahmen eingefasste Ecken besass das Kabäuschen der PTT (später Swisscom)-Telefonkabinen, die 1979 am Barfi zum Treffpunkt so vieler Basler:innen wurde.
Hier haben unzählige Lieben begonnen und geendet – bis 2019, 40 Jahre später, der primäre Nutzen des Kabäuschens niemandem mehr nutzt, weil jetzt alle ein Handy haben. Von der Zeit überholt und zum Urinal verkommen, werden die Telefonzellen abgebaut – und ein Stück Geschichte verschwindet (im Archiv des Historischen Museums Basel).
USA, 1960er:
Als CIA-Agent während der heissen Phase des Kalten Krieges hast du dieses Set bekommen. Der dicht verschlossene Behälter ist so rund, damit du, wenn du ihn in seinen dunklen, hoffentlich auch bei einer Leibesvisitation ungeschaut bleibenden Bestimmungsort einführst, keine Verletzungen erleidest.
Darin versteckt sich allerlei Fluchtinstrumentarium wie Messer, Bohrer, Sägen und Feilen für den Fall, dass man dich irgendwo einsperren sollte.
Seoul, Südkorea, Olympische Sommerspiele 1988:
Vielleicht ist es die Einfachheit, die die Faszination ausmacht. Rennen, das tut die Menschheit seit Urzeiten, es ist eine Art Urinstinkt, Flüchten, Vorwärtskommen, Gewinnen – ob nun das Leben oder einen Wettkampf.
Für Florence Griffith-Joyner war es wohl beides. Sie jagte bereits mit sieben Jahren Hasen hinterher, um schneller zu werden. Und sie wurde es.
So schnell, dass sie am 16. Juli 1988 bei den Ausscheidungswettkämpfen für die Olympischen Spiele in Indianapolis den Weltrekord im 100-Meter-Lauf aufstellte: 10,49 Sekunden brauchte die «erste Diva der Tartanbahn» dafür.
Flo-Jo wollte nicht aussehen wie alle anderen: Sie rannte mit Schmuck, langem Haar und 15 Zentimeter langen Nägeln, sie lief in Kapuzen-Bodysuits und grellen, einbeinigen Laufanzügen. Und sie sprang damit allen davon.
Dope fand man in ihrem Blut nie, aber man unterstellte es ihr. Es rauschte quasi direkt von Ben Johnsons Blut in ihres, der Kanadier hatte kurz nach ihrem Triumph die Leichtathletik verraten; sein Weltrekord-Olympiagold war ein Betrug, er hatte seinen Körper dafür künstlich mit Anabolika aufgepeitscht.
Der Skandal überschattete die gesamte Sportwelt; sechs der acht Männer, die in Seoul 100-Meter-Medaillen mit nach Hause trugen, wurden früher oder später positiv auf Doping getestet. Flo-Jo nicht, doch das Gerücht blieb an ihren Gold- und Silbermedaillen haften, die sie im 100- und 200-Meter-Lauf sowie in der 4-mal-100-Meter- und 4-mal-400-Meter-Staffel gewonnen hatte.
Am 21. September 1998 erstickte Florence Griffith-Joyner im Schlaf. Sie war erst 38 Jahre alt und hinterliess einen Ehemann und eine achtjährige Tochter. Ihr plötzlicher Tod löste eine rege Diskussion über Folgeschäden nach Missbrauch von Anabolika und anderen leistungssteigernden Mitteln aus. Auch nach ihrem Ableben wurde sie die Doping-Vorwürfe nicht los.
Der Gerichtsmediziner fand schliesslich ein kavernöses Hämangiom, eine Blutgefäss-Missbildung im Gehirn, das einen schweren epileptischen Anfall ausgelöst haben könnte.
Bis heute ist ihr 100-Meter-Rekord von 10,49 Sekunden ungebrochen.
Côte d'Azur, Frankreich, 1949:
Was man als waschechter spanischer Künstler halt so trägt.
Kronenwiese, Zürich, Schweiz, 1970:
Als die Kronenwiese im Strassendreieck Kornhaus-, Nord- und Kronenstrasse noch eine landwirtschaftliche Anbaufläche war.
Mitte der 80er stellte man die städtische Gassenküche auf die inzwischen brach liegende Fläche, die später von Hausbesetzer:innen übernommen wurde. Erst mit fahrbaren Hütten, dann mit Containern entstand eine eigene kleine Siedlung, ein Zuhause für Menschen, die von der Stadt bezahlbare Wohnungen forderten.
2006 räumte die Polizei das Areal, die Lärmbelästigungsklagen einiger Nachbarn Genüge tuend. Die Bagger kamen und rissen alles ab, schafften Platz für die Bewirtschaftung der Brache durch den städtischen Gutsbetrieb Juchhof.
Zwölf Jahre später wurde schliesslich dem Bau eines ökologischen Pionierbaus mit 99 Wohnungen, 5 Gewerberäumen, einem Doppelkindergarten und einem Hort stattgegeben: Nachdem erst die Grünen gegen eine Umzonung des Areals in Bauland gewesen waren, weil sie den Grünraum nicht verlieren wollten, und danach SVP und FDP gegen das Vorhaben wetterten, weil man die Tiefgarage aus dem Vorzeige-Projekt gestrichen hatte, stimmten die Zürcher:innen dem 64,8 Millionen Franken hohen Baukredit mit rund 75 Prozent zu.
Nochmal drei Jahre später, im Juni 2016: Die gigantische Schlange von Wohnungssuchenden am Besichtigungstermin für die Musterwohnung der neuen Siedlung wird zum Symbol für die in der Stadt herrschende Wohnungsknappheit.
USA, 1960er:
Ein toter Briefkasten getarnt als tote Ratte, wie genial ist das denn! Diese ausgefuchste Idee stammt wie das Rektal-Set vom guten alten Auslandsgeheimdienst der Vereinigten Staaten. Das Tierchen wurde ausgeweidet und präpariert und so zum diskreten Überbringer von Nachrichten, Geld oder Filmen gemacht.
Um zu verhindern, dass Aasfresser an den Ratten zu knabbern wagten, wurden sie mit Pfeffersauce übergossen.
Yorkshire, Grossbritannien, 17. Jahrhundert:
Dieser stachelige Kuchen, so sagte man sich in einigen Dörfern der historischen Grafschaft, habe die Kraft, Hexen abzuwehren. Also hängte man ihn an die Haustür oder verbrannte ihn gar, um in den hexerischen Harnwegen brennende Schmerzen zu verursachen.
Denkt daran bei der nächsten Harnwegsinfektion.
USA, Tennesse, 1945:
Alles muss geheim bleiben, wenn man Site X wieder verlässt. Site X ist irgendwo im Hinterland von Tennessee, auf der Landkarte ist es noch nicht verzeichnet.
Die ansässige Landbevölkerung wurde enteignet und vertrieben, sie musste der riesigen Werkssiedlung weichen, die das US-Militär 1942 aus dem Boden stampfte.
Was genau im Hochsicherheitskomplex Y-12 passiert, weiss keiner der nicht direkt beteiligten Wissenschaftlerinnen und Ingenieure und auch die Ärzte, Krankenschwestern und Fabrikarbeiter haben keine Ahnung. Man sagt ihnen nicht, dass sie an einer Atombombe arbeiten. Dass ihre geheime Stadt für die Uran-Anreicherung des Manhattan-Projekts zuständig ist. Und sie dürfen auch untereinander nicht über ihre Arbeit sprechen.
Dieter Gruen, ein Chemiker, dem man gesagt hatte, er solle Uran als «Rohrlegierung» bezeichnen, fand es irgendwann selbst heraus; Anne McCusick, die im Y-12 Uran reinigte, wusste nicht, was sie da tat, während andere viel mehr wussten, als sie jemals preisgeben konnten.
Die Wohngebiete waren nach Rassen getrennt; die Schwarzen bekamen die schäbigen Hütten an der Bahnlinie. Die Frauen waren in der Mehrzahl, 1945 wohnten in Oak Ridge bereits 75'000 Menschen.
Am 6. August 1945 um 8:16:02 Uhr werfen US-Streitkräfte die Atombombe «Little Boy» über der japanischen Stadt Hiroshima ab. 100'000 Menschen sind sofort tot. 130'000 sterben bis Ende des Jahres an den Folgeschäden, etliche weitere folgen. Am 9. August trifft «Fat Man» Nagasaki; noch einmal sterben 40'000 Menschen.
Der japanische Kaiser Hiroshito kapituliert, der Krieg ist vorbei – und am Jackson Square in der Innenstadt von Oak Ridge wird am 14. August der Victory Day gefeiert.
Jetzt erfuhren die Menschen in Oak Ridge, woran sie die ganze Zeit gearbeitet hatten.
Und einige sind stolz drauf, so wie der Chemiker Bill Wilcox, der den Abwurf der Atombomben zwar grausam fand, die daraus erfolgte Kapitulation dafür begrüsste. Nur sei es ein bisschen schade, dass beim Thema Manhattan-Projekt immer nur von Los Alamos die Rede sei, nicht aber von Oak Ridge.
Dieter Gruen wiederum beteiligte sich unmittelbar nach dem Krieg an der Gründung der Oak Ridge Scientists and Engineers, einer Gruppe, die sich für die zukünftige Verhinderung des Einsatzes von Atomwaffen in Kriegen einsetzte.
Wer mehr über die Geschichten der am Atombombenbau beteiligten Personen erfahren will, der klicke sich mal durch «Voices of the Manhattan Project», eine Online-Sammlung aus 600 audiovisuellen Interviews.
Schweiz, 1919:
Die Schöllenen-Bahn, geschaffen von Otto Baumberger (1889–1961), dem geistigen Vater des Schweizer Plakats.
Gattschina, UdSSR, 1944:
Die Stadt wurde kurz nach Beginn des Deutsch-Sowjetischen Krieges von der Wehrmacht besetzt und in Lindemannstadt umbenannt, zu Ehren des Oberbefehlshabers der 18. Armee, Georg Lindemann. Anfang 1944 eroberte die Rote Armee Glattschina wieder zurück.
Seoul, Kaiserreich Korea, 1904:
Ein koreanischer General auf einer einräderigen Sänfte.
Irgendwo in der Schweiz, 1965:
Die Personenbeschreibung und der Fingerabdruck bekamen im Ministerium für Staatssicherheit in der DDR ab den 1970er Jahren Unterstützung in Sachen Spurensuche: Die Methodik der sogenannten Geruchsdifferenzierung wurde eingeführt.
Die verdächtige Person musste sich auf einen Stuhl setzen, dessen Sitzfläche mit einem sterilen Tuch bespannt war. Dieses nahm nun den vom Verdächtigen ausgehenden Duft auf. Die direktere Variante bestand darin, die Probe direkt vom Intimbereich zu nehmen.
Der Stofflappen wurde dann in einem luftdichten Glas verschlossen, das wiederum mit Namen, Delikt, Dienststelle und der zwölfstelligen Personenkennzahl beschriftet wurde.
Das Gegenstück waren die extra ausgebildeten Differenzierungshunde, die im Bedarfsfall die Gesuchten aufspüren sollten. Fing man beispielsweise ein regimekritisches Flugblatt auf, galt es für den Hund, den Urheber ausfindig zu machen. War der Geruch am Papier vielleicht schon in einem der Geruchskonserven – kurz GKs – verwahrt worden?
Die Stofflappen dienten der Stasi also dem Hinterherschnüffeln ihrer Bürger:innen, als Beweismittel in Strafverfahren aber durften sie nicht zum Einsatz kommen.
Atlantic City, New Jersey, USA, 1921:
Die Teilnehmerinnen des ersten Miss-America-Wettbewerbs.
Stalingrad, UdSSR, Februar 1943:
Ein sowjetischer Soldat verlässt das Grab seiner Waffenbrüder am Ufer der Wolga in Stalingrad. Insgesamt starben in jener brutalen Schlacht rund eine Million Soldaten; etwa die Hälfte davon waren Sowjets.
Brienz, Bern, Schweiz, November 1969:
Zwei Wanderer auf einem Gipfel des Brienzergrats blicken hinunter auf das Nebelmeer über dem Brienzersee.
Weisses Haus, Washington, D.C., USA, 30. Januar 1934:
Die Römerparty kann steigen! Der US-amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt feiert seinen 52. Geburtstag als Caesar, umgeben von jungfräulichen Vestalinnen, Senatoren, Feldherren und Legionären.
USA, 1944–45:
Um den deutschen Spionen vorzugaukeln, dass während des Zweiten Weltkriegs mehr Truppen für die Invasion Frankreichs bereitstanden, als tatsächlich vorhanden waren, schuf die US-Armee mehrere gefälschte Militäreinheiten mit entsprechenden falschen Uniformabzeichen.
Japan, 1920:
USA, 1970er:
Auch Arnold Schwarzenegger hängt manchmal in den Seilen.