London, 1986:
«Well, it's Big Bang, baby!»
Der 27. Oktober 1986 änderte in der Square Mile in London alles. Margaret Thatcher löste die staatlichen Fesseln jenes kleinen Fleckens, wo die Finanzgeschicke des britischen Reiches seit Jahrhunderten gelenkt werden.
Sie entliess jegliche Kapitalbewegungen in die Freiheit, sprach Devisen von ihren Kontrollen frei und ermöglichte den elektronischen Handel mit Wertpapieren. Normale Banken unterschieden sich nicht länger von Investmentbanken, jeder Banker konnte nun mit dem Geld seiner Kunden spekulieren.
Grosse Geldinstitute schluckten die kleinen, ausländische kamen und mischten mit bei den riskanten Trading Games, tätigten tollkühne Transaktionen, verwalteten, verschoben, verloren Millionen – und gewannen ein Vielfaches.
Eine finanzpolitische Revolution, die eine neue Spezies erschuf, jene der «Cityboys», wie sie der Ex-Investmentbanker Geraint Anderson in seinem Enthüllungsroman aus dem Jahr 2008 nennt. Er beschreibt jene Zahlenmagier folgendermassen:
Kowloon, Hongkong, 1989:
Auf der Halbinsel Kowloon in Hongkong stand bis 1993 die Stadt der Dunkelheit. Hak Ngam zi Sing. So dunkel, dass kein Sonnenlicht in ihre engen, dreckigen Gässlein fiel. So dunkel, dass sie auf keiner Stadtkarte eingezeichnet war. So dunkel, dass sich kein Polizist reintraute.
Ein Schandfleck in der Grösse von dreieinhalb Fussballfeldern, in den kein Sonnenlicht fiel, weil darauf 33'000 Menschen in 8800 Wohnungen auf bis zu 14 Stockwerken lebten. Umgerechnet sind das etwa 1,3 Millionen Einwohner pro Quadratkilometer. In der Schweiz wohnen 215 Einwohner auf derselben Fläche.
Nirgendwo auf der Welt lebten so viele Menschen auf so engem Raum zusammen.
Die ummauerte Stadt, wie man sie auch nannte, war einst ein chinesischer Militärposten. 1847, als Hongkong zur britischen Kronkolonie wurde, bauten ihn die Chinesen zum stark befestigten Fort aus und weigerten sich hartnäckig, es ans Empire zu übergeben. Bald wurde das Gelände zur chinesischen Enklave, in die nach dem Ende der japanischen Besetzung 1945 immer mehr geflüchtete Festlandchinesen strömten, weil sie hier bezahlbare Wohnungen fanden. Die Bevölkerung wuchs und wuchs, doch verantwortlich für diesen sich zunehmend verdüsternden Ort wollte jetzt niemand mehr sein, weder die britischen Behörden noch die Hongkonger Regierung und auch nicht die Chinesen. So wurde die Kowloon Walled City zur rechtsfreien Zone, in der die Triaden bald die Gesetze machten.
Im Schatten der modernen Stadt Hongkong wuchs da etwas heran, das «mehr Gerücht als Realität» war, wie es der kanadische Fotograf Greg Girard beschrieb, der diesen wie von einer Schrottpresse zusammengepressten Häuserklotz 1985 zum ersten Mal besuchte.
Er sah die meist 20 Quadratmeter grossen Wohnungen und die Familien darin, sah die Läden, die Handwerksbetriebe und die Zahnarztpraxen, die mit alter japanischer Ausrüstung und ohne Lizenz für die Mundgesundheit der Bewohner sorgten. Und er sah die vielen Heroinabhängigen.
1987 wurde entschieden, die Stadt der Dunkelheit abzureissen. Sie passte nicht ins saubere, gut organisierte Hongkong, war bloss ein unkontrolliert wucherndes Geschwür am Bein dieser feinen Weltstadt, welche die Briten den Chinesen 1997 zurückgeben wollten.
350 Millionen Dollar bekamen die Bewohner insgesamt, um an einem neuen Ort neu anzufangen. 1993 begann der Abriss. Und dort, wo die Dunkelheit war, ist jetzt ein Stadtpark im Stil der frühen Qing-Dynastie.
Grossbritannien während des Zweiten Weltkriegs:
Das Plakat warnt vor unvorsichtigem Geschwätz, das einem Mann umso leichter über die Lippen geht, je verführerischer sein Gegenüber ist. Diesem Schlafzimmerblick aber ist nicht zu trauen! Einer Prostituierten ist nicht zu trauen. Sie könnte eine Spionin sein wie Mata Hari!
Japan, 1890:
Zwei Ainu-Frauen mit traditioneller Mund-Tätowierung, den «Anci-Piri» (Obsidian-Schnitt) oder «nuye» (von Schnitzen, Schreiben).
Diese lassen sich bis ins 5. Jahrtausend vor Christus zurückverfolgen und tauchen später in den Schriften englischer Missionare, niederländischer Seefahrer, britischer Ethnologen und japanischer Gelehrter auf.
Bis passierte, was Ureinwohnern auf der ganzen Welt passierte: Sie wurden unterdrückt und ihrer Kultur beraubt. In diesem Falle, um sie zu japanisieren. All jenen Ainu, die nach 1871 geboren wurden, verkündete die Regierung, sei es strengstens verboten, sich tätowieren zu lassen, weil der Brauch zu grausam sei. Zu sehr widersprach er dem vorherrschenden Konfuzianismus. Körperverstümmelung sei dies und ein Tattoo ein Mal, das nur Verbrecher trügen.
So wurde die Praxis der Ainu kriminalisiert und in die Illegalität gedrängt. Die Tätowierungen aber waren Voraussetzung für eine Eheschliessung und den Frieden mit den Göttern. Sie hielten ihrem Glaube zufolge böse Geister davon ab, in den Körper einzudringen. Und der Schmerz sollte die Mädchen auf die Geburt vorbereiten.
Seit Jahrtausenden tätowierten die Frauen ihre Nachfahrinnen, die Grossmütter ihre Enkelinnen, die Tanten ihre Nichten mit dem Russ aufgekochter Birkenrinde, Eschen- und Spindelholz. Fürs Stechen verwendeten sie ein scharfes Stück Obsidian – ein glänzend schwarzes, vulkanisches Gesteinsglas –, später ein traditionelles Messer aus Stahl.
Die Mädchen bekamen erst einen kleinen Fleck auf der Oberlippe, später wuchs das Tattoo und bekam seine Schnurrbart-ähnlichen Auswüchse. Das Ritual war Vorbereitung, Reinigung und Schutz in einem.
Das letzte Verbot brachte die Tätowierungen vollends zum Verschwinden. Die letzte Frau mit Anci-Piri nach Ainu-Tradition starb im Jahr 1998.
Ägypten, Tal der Könige, Februar 1923:
Wer hat sich denn da zum Mittagessen im Grab von Ramses XI. versammelt?
Lord Carnarvon, der Finanzier für die Ausgrabung des Grabes von Tutanchamun, hat dieses Foto geschossen. Sein Stuhl am Kopfende des Tisches ist leer. Links davon sitzen James Henry Breasted, Harry Burton und Alfred Lucas, am Kopfende sehen wir Arthur Callender, und rechts von diesem Arthur Mace, Howard Carter und Alan Gardiner.
Einige Stunden später betraten Carnarvon und Carter zum ersten Mal die Grabkammer von Tutanchamun.
Was macht der «Atem-Ballon» genau? «Develop your form» = er zaubert dir einen grösseren Busen – wenn du das willst. Nebenbei kannst du dank des Absperrventils gleich auch noch deine Lungenkapazität messen und lernst, tief durchzuatmen.
Ok! Nur noch eine Frage: Verhindert das Absperrventil auch eine abermalige Brustreduktion, wenn ich sie schon mühsam zur Wunschgrösse hinaufgeblasen habe?
Fort Detrick, Biomedizinisches Forschungslabor der US-Armee, Frederick, Maryland, 18. September 2001:
Ein Labortechniker hält einen mit Milzbrand verseuchten Brief in den Händen. Bei Anthrax, wie man die Infektionskrankheit auch nennt, bildet das Stäbchenbakterium Bacillus anthracis hochtoxische Sporen, die durch kleinste Verletzungen in die Haut gelangen und das Blut vergiften oder über die Luft in die Lunge gelangen und diese zum Erliegen bringen. Meistens sind Paarhufer von der Krankheit betroffen, doch auch Menschen können sich anstecken. Im Falle der amerikanischen Anthrax-Anschläge, die eine Woche nach 9/11 verübt wurden, infizierten sich 22 Menschen, fünf davon starben.
Der oben gezeigte Brief war an Senator Patrick Leahy adressiert. Ein anderer an Senator Tom Daschle, andere wurden an Zeitungen und Fernsehsender geschickt.
Das FBI begann zu ermitteln. Laut dem damaligen FBI-Direktor Robert Mueller war für das Weisse Haus der Schuldige bereits gefunden: Osama bin Laden. Mueller solle das schnellstmöglich beweisen. Nur war dem FBI schon früh klar, dass die für den Anschlag verwendeten Sporen in keiner Höhle hergestellt worden sein können. Dafür war eine hoch entwickelte Ausrüstung nötig, eine, wie sie im eigenen Land verfügbar war.
Präsident Bush aber spekulierte in öffentlichen Erklärungen über eine mögliche Verbindung der Milzbrand-Angriffe und Al-Qaida, die Medien (Guardian, Wall Street Journal, ABC News) zogen mit, bis es irgendwann auf magische Weise bewiesen war, dass die Quelle der tödlichen Sporen im Irak zu finden sei.
Und während Postzentren geschlossen wurden und Männer in Schutzanzügen die eingehenden Briefe kontrollierten, während die Gasmasken in New York bald ausverkauft waren und die Panik unzählige amerikanische Alltage zersetzte, führten die Spuren nicht in den Nahen Osten, sondern in ein heimatliches Forschungslabor.
Sieben Jahre später, am 6. August 2008, präsentierte das FBI das Ergebnis seiner Recherchen, in deren Verlauf sagenhafte 9100 Befragungen durchgeführt, 26'000 E-Mails ausgewertet, 75 Hausdurchsuchungen vorgenommen worden waren und Nachforschungen auf sechs Kontinenten stattgefunden hatten. Der alleinige Täter: Dr. Bruce Edwards Ivins.
Der Mann, der sein ganzes Leben lang Krankheitserreger erforschte.
Der Mann, der bei Festen die Nachbarskinder mit seinen Jonglierkünsten unterhielt.
Der fromme Katholik, der in der örtlichen Kirche in Frederick die Orgel spielte.
Der Mann, der seine Wochenenden gern mal dem Roten Kreuz schenkte.
Der Mann mit den zwei Kindern, die ihn immer so rührend grüssten, wenn er heimkam.
Der Mann, der sich kurz vor seiner Festnahme mit einer Überdosis Paracetamol umbrachte.
Denn er war auch der Mann mit dem infernalischen Hass auf die Regierung, das System, ja die ganze moderne Welt, ein Mann mit Depressionen und Allmachtsphantasien, mit einer Psychose und, wie er selbst sagte, einer «paranoiden Persönlichkeitsstörung».
Kurz vor seinem Suizid teilte er seinem Therapeuten mit, dass er vorhabe, seine Mitarbeiter zu töten und mit Ruhmesglanz abzutreten. «Ein Soziopath – mit klaren Absichten», wie dieser schloss.
Am Ende ergab sich ein bröckliges Bild, mit vielen zusammengetragenen Indizien, aber wenig eindeutigen Beweisen. Viele hielten Ivins nicht für schuldig oder glaubten zumindest nicht an die Theorie des Einzeltäters. Er sei nur einer von 100 Personen gewesen, die mit den für die Anschläge verwendeten Anthrax-Fläschchen gearbeitet haben könnten, hiess es aus Fort Detrick, wo er sein ganzes Forscherleben lang gearbeitet hatte. Man konnte ihm auch nicht nachweisen, dass er am Briefkasten in New Jersey gewesen war, von wo aus die infizierten Briefe losgeschickt wurden.
Mehr als 200 Kollegen nahmen an seiner Trauerfeier teil.
USA, 1950er, 60er:
Bikini vergessen? Kein Problem für den Bikini-Automaten! Ausser du hast Körbchengrösse C. Ist leider ausverkauft. Wie wär's mit D?
Und für den Fall, dass du deinen Angelausflug eher schlecht geplant hast, tadaaa! Hol dir die Würmchen hier.
40 dieser Ködermaschinen wurden 1965 im US-Bundesstaat Colorado aufgestellt.
Iran, Teheran, 1990er:
Entspannte Teheraner in einem nahegelegenen Skigebiet.
Gloucestershire, England, 1891:
Hydrotherapie war die Antwort auf so ziemlich jedes Gebrechen um 1850. Man labte sich an heilenden Quellen, schwamm in Seen, erholte sich in Kurbädern, liess sich nass abreiben, nahm therapeutische Halb- und Vollbäder.
Damit man dafür nicht extra an einen Wasserkurort reisen musste, wurde bald das luxuriöse Wellen- und Schaukelbad für zuhause erdacht.
Wippe dich gesund mit der «Niagara» oder der «Nautilus»! Ein Gefühl, als sässe man mitten im Meer!
Und das beste: Es gibt dabei «absolutely» keinen Wassertropfen, der aus der Wanne herausspritzt!
Ob je jemand darin von irgendwas geheilt worden war oder sich gar eine Nackenversteifung eingehandelt hat, muss offen bleiben.
Sibiu, Transsilvanien, Rumänien:
Man sagt, Sibiu habe 1000 Augen. Es ist die Stadt, in der die Häuser nicht schlafen. Sie sind die Wächter, die die Leute vor Unheil schützen – und sie ebenso davon abhalten, etwas Schlechtes zu tun.
Hermannstadt ist der deutsche Name dieses Ortes, der um das Jahr 1147 von Siebenbürger Sachsen gegründet wurde. Die meisten noch stehenden, beäugten Häuser stammen aus dem 15. Jahrhundert, aber auch viel später kamen noch welche dazu. Ihre wahre und damit wenig magische Aufgabe bestand nicht darin, die Leute zu beobachten, sondern die Dachhäuser zu belüften.
1950er-60er:
Man nehme den morgendlichen Urin einer Frau und injiziere ihn in eine weibliche Maus. Reagierte das Tierchen mit einem Eisprung, war klar: Die Frau war schwanger. Das menschliche Hormon Choriongonadotropin (hCG), das von der Plazenta gebildet wird, regte auch die Eierstöcke der Versuchsmäuse an.
Nur mussten sie zur Feststellung dieser Reaktion – die man nach den zwei findigen Gynäkologen auch Aschheim-Zondek-Reaktion nennt – obduziert werden. Der Test galt als zuverlässig, mit einer Fehlerquote von weniger als 2 %.
Der Friedman-Test lief in derselben Manier, nur wurden dafür Kaninchen verwendet. Wenn die Frau den Satz «Das Kaninchen ist gestorben!» zu hören bekam, wusste sie, dass sie in anderen Umständen war. Auch wenn die Kaninchen in jedem Fall ihr Leben lassen mussten, wurden doch alle ihre Körper zum Nachweis geöffnet.
Schliesslich fand man eine weniger todbringende Alternative: den Hogben-Test oder Frosch-Test.
Dafür wurde der afrikanische Krallenfrosch verwendet, der bei hCG-haltigem Urin nach 12 bis 24 Stunden Laich absetzte oder, wenn es sich um ein Männchen handelte, Spermatorrhoe absonderte. Auf diese Weise musste das Tier nicht seziert werden, wurde dafür aber nach einer Erholungsphase für den nächsten Test verwendet.
Doch manche von ihnen, so heisst es, wurden danach wieder in die freie Wildbahn entlassen.
Brüssel, 1930er:
Geschaffen hat dieses Plakat der in Aarau geborene Leo Marfurt, der später nach Brüssel zog, wo er als Werbegrafiker Karriere machte.
«Mein erster Fernseher» hiess das Künsterprojekt von Anna Pilipyuk und Vladimir Shipotilnikov. Dafür sammelten sie Fotos von stolzen Fernsehgerät-Besitzern in der Sowjetunion.
In den späten 1920er Jahren kamen in den USA die ersten TVs auf. Im kommunistischen Osten kam das erste einfache mechanische Fernsehgerät 1932 auf den Markt, das noch über keinen Lautsprecher verfügte und am Radio angeschlossen werden musste.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann man in der UdSSR mit der Massenproduktion, in den 50er und 60er Jahren wurde das Gerät vom Radio getrennt und hiess von da weg «zentrales Fernsehen».
Bis 1970 besassen 61 Prozent der städtischen Familien einen Fernseher.
Die österreichische Eiskunstläuferin Herma Szabó (1902–1986) wurde im Einzellauf Olympiasiegerin und fünfmalige Weltmeisterin. Im Paarlauf wurde sie mit Partner Ludwig Wrede zweimal Weltmeisterin.
Frankreich, 1904:
Ein Werk des französischen Malers Julien-Adolphe Duvocelle (1873–1961). Mit Bleistift und Kohle hat er hier eine weniger strenge, moralische «Memento mori»-Szenerie erschaffen.
Edinburgh, Schottland, um 1900:
Die Familie Mather aus 16 Leamington Terrace in Edinburgh auf einer nicht identifizierten Achterbahn.
Berlin, 1930:
Die Berliner Feuerwehr beim Üben mit einem Sprungtuch am Übungsturm.
Boston, Massachusetts, USA, 1920:
Eingefrorene Feuerwehrautos nach einem Einsatz bei Null-Grad-Wetter.
Pittsburgh, Pennsylvania, USA, 1897:
Abfüllung von Ketchup in der Heinz-Fabrik, Pittsburgh, 1897.
Überraschung!
Früher hat man offensichtlich ganze Stühle allein fürs Streichespielen erfunden ...
Kitzbühel, Österreich, 2024:
Arnold Schwarzenegger guckt den Männern bei der Abfahrt zu.