Jep. Das gibt einem direkt ein wenig Höhlenmenschen-Feeling. Aber so weit wollen wir nun auch nicht wieder zurück. Um unser 100. Jubiläum zu feiern, reichen 100 Jahre. Ab ins 1924 also ...
Hitler hatte bereits am 9. November 1923 versucht, an die Macht zu kommen. Er stieg während einer NSDAP-Versammlung im bumsvollen, bayerischen Bürgerbräukeller auf den Stuhl, feuerte mit seiner Pistole in die Decke und verkündete, die «nationale Revolution» sei ausgebrochen. Und sie brach auch ein bisschen aus, sobald die Kunde des Putsches nach aussen drang, herrschte auf den Strassen Chaos, und die Scheiben der Münchner Hauptsynagoge scherbelten. Der geplante Marsch auf Berlin – nach dem Vorbild von Mussolinis Marsch auf Rom – aber endete vor der Münchner Feldherrnhalle in einer Schiesserei. Vier Polizisten, 15 Putschisten und ein Schaulustiger verloren dabei ihr Leben.
Der nur leicht verletzte Hitler wurde zwei Tage später verhaftet und in die Festung Landsberg gebracht, wo er sofort in eine schwere Depression verfiel. Als der Gefängnispsychologe Alois Maria Ott den Häftling zum ersten Mal sah, empfand er ihn als «eher enttäuschend». In der Zelle 7 des Gefängnisspitals begegnete er einem «finster blickenden, untersetzten, bürgerlichen Durchschnittsmenschen mit manieriert in die Stirn gekämmten schwarzem Haar und der sattsam bekannten gestutzten Bartfliege» mit einem «breitflächig, gewöhnlichem Mund und einer breit ausladenden, etwas eingedrückten Nase». Der «Hysteriker» und «krankhafte Psychopath» mit «Hang zu magisch-mystischer Denkweise» schrie und tobte mit «weisslichgelben Schaumflocken auf dem Mund». Das Volk hatte ihn verraten! Voller Verbitterung erklärte er dem Psychologen:
Aber er hatte keinen. Darum entschied er sich für einen Hungerstreik, von dem er schon am folgenden Tag wieder abliess, um seine «behaglichen Räume in der Festung» zu beziehen.
Und anders als der Psychologe hegte der Gefängnisdirektor Otto Leybold grosse Sympathien für seinen Gefangenen. So gross, dass er es zuliess, dass dieser seine Festung zur Schaltzentrale der braunen Bewegung umfunktionierte. Hier begann der spätere Führer auch damit, seinen Mithäftlingen Emil Maurice und Rudolf Hess die ersten Kapitel von «Mein Kampf» zu diktieren. Das Buch, das die Grundlage für die Vernichtung von sechs Millionen Juden schaffen sollte.
Dazwischen empfing er Hunderte von Verehrerinnen und Verehrern aus ganz Deutschland, während die Stösse von Post, Konfekt, Naschereien und Liebespaketen schon bald keinen Platz mehr in seinen vier Wänden fanden. Im Unterhaltungs- und Tagesraum traf er sich mit den anderen Putschisten, um unter einer Hakenkreuzfahne zu speisen, zu trinken und zu rauchen. «Nur selten» blieben die bis tief in die Nacht hinein Johlenden «nüchtern», beobachtete der Psychologe besorgt das für die Zukunft so verhängnisvolle Treiben der Häftlinge.
Hochverrat lautete die Anklage, mit der sich Hitler im Frühjahr 1924 konfrontiert sah, doch verherrlichte er sich und seine Absichten im Laufe des Prozesses so überzeugend, dass das Gericht es ausdrücklich ablehnte, den Mann, «der so deutsch denkt und fühlt wie Hitler» und der sich durch «rein vaterländischen Geist und edelsten selbstlosen Willen» auszeichne, als verurteilten Ausländer aus Deutschland auszuweisen, wie es § 9 des Republikschutzgesetzes zwingend vorsah.
Am 1. April 1924 wird die Mindeststrafe verhängt: Hitler bekommt fünf Jahre wegen des Verbrechens des Hochverrats. Doch bereits am 20. Dezember 1924, nach nur 264 Tagen Haft, kommt er wieder frei. Die Reststrafe von 3 Jahren, 333 Tagen, 21 Stunden und 50 Minuten wird ihm erlassen.
Man nannte es zwar Hängematte, aber das konnte den Besitzer wahrscheinlich auch nicht allzu lange über seinen Streckbank-Charakter hinwegtäuschen ...
Spätestens, wenn man Kopf und Füsse im Namen der Kreislaufanregung, Gewichtsreduktion und Muskeldehnung in die Schlingen gesteckt und das metallene Todesgerüst sich zu drehen begonnen hatte, musste einem ein Licht aufgehen.
Das Drehbuch zu diesem stummen Heldenstreifen schrieb seine damalige Frau, Thea von Harbou, unter freier Verwendung von Motiven des mittelhochdeutschen Nibelungenliedes.
Wer braucht schon Sprache, Held Siegfried sicher nicht, so virtuos wie der in seiner Höhle herumschmiedet ...
Mal schauen, ob sein Schwert auch etwas taugt ...
Happy Siegfried ...
Aber ernsthaft: Wenn man eine Kamera hat, die sich nicht bewegen lässt, erschafft man dafür halt solche Bilder:
Fritz Lang und seine beiden Kameramänner Carl Hoffmann und Günther Rittau haben mit ganz viel orangem Licht und Nebel gearbeitet und wunderbare geometrische Kunstwerke erschaffen:
Auch echter Schnee ist zu sehen, und die Blumen und Büsche wurden Monate vor den Dreharbeiten eigens dafür gepflanzt. Kein Wunder, war es zu diesem Zeitpunkt der teuerste Film überhaupt.
Und die Geschichte lohnt sich sowieso: sehr blonder, zuweilen sehr nackter Held, ausgiebiges Drachenblutbad, daraus resultierende, fast gänzliche Unverwundbarkeit, fieser Zwerg Alberich und seine Tarnkappe, ein ordentlicher Schatz, aus Charakterschwäche, Eifersucht, Neid und zurückgewiesener Liebe begangener Verrat, Mord, Selbstmord und ein unerbittlicher Rachefeldzug einer Dame namens Kriemhild.
Nicht von Henry, aber von Auguste Matisse (1866–1931) stammt das Plakat für jenes denkwürdige Ereignis, an dem ein elfjähriges Mädchen aus Norwegen teilnahm, um bald die mit Abstand erfolgreichste Einzelläuferin in der Eiskunstlaufgeschichte zu werden.
Sie hiess Sonja Henie.
Ihr Vater war Pelzhändler und gewann 1894 die Radfahrweltmeisterschaft in Antwerpen. Auch im Eisschnelllauf mischte er mit, während seine Tochter sich im Skifahren, Tennisspielen, Schwimmen und Reiten versuchte. Beim Eiskunstlaufen aber blieb sie, und als sie die Schule beendet hatte, liess der Vater sie zur Profisportlerin ausbilden. Selbst die russische Ballerina Tamara Karsawina wurde dafür aufgeboten.
Was dabei herauskam, waren drei Olympiasiege, zehn Weltmeisterschaftstitel und sechs Europameisterschaftstitel im Zeitraum von 1927 bis 1936.
Davor aber, an besagten Olympischen Winterspielen im Jahre 1924, fiel sie während ihrer Kür mehrmals auf den Po und rief «Hoppla». Dazwischen vergass sie, welche Figur sie als Nächstes zeigen sollte, und lief zu ihrem Trainer, um nachzufragen.
Vier Jahre später, in St. Moritz, gewann sie olympisches Gold.
Und nochmals 1936, in Garmisch-Partenkirchen. Hitler lud Henie und ihre Eltern danach zum Essen ein und überreichte ihr ein Foto mit Autogramm und Widmung. Ebendieses liess die in den USA weilende Eiskunstläuferin gut sichtbar aufstellen, als Wehrmachtssoldaten im Zuge der Besatzung Norwegens ihr Haus stürmten. Ihre Sachen überstanden die Sache schadlos. Im Jahr 1941 wurde sie US-amerikanische Staatsbürgerin.
Sie blieb kinderlos und erlag auf dem Rückflug von Paris nach Oslo im Alter von 57 Jahren ihrer Leukämie.
Zumindest in Chicago, Illinois, wo zwei Autos durch die «Wash Bowl» fahren, um sich ihres Schmutzes zu entledigen.
«I Sommervarmen», das heisst auf Dänisch: In der Hitze des Sommers. Und natürlich braucht man, wenn man dieser anständig begegnen will, einen Fächer. Das wusste auch Gerda Wegener. Die dänische Illustratorin und Malerin, deren Jugendstil- und Art-déco-Kunstwerke Zeitschriften wie Vogue, La Vie Parisienne, Fantasio und viele andere zierte.
Doch nicht nur ihr Talent sorgte für Aufsehen. Ihre Ehe interessierte die Menschen fast noch mehr. 1904 heiratete sie die als Einar Wegener aufgewachsene Lili Elbe, die gemeinsam mit Dora Richter zu den ersten Personen gehören wird, die sich 1930/31 in Deutschland einer geschlechtsangleichenden Operation unterziehen. Die Frau, die auch auf ihrem Sommerhitze-Bild und auf vielen weiteren Bildern erscheinen wird; ihre Geliebte, ihr Leben.
Als Folge von Lilis Geschlechtsangleichung erklärte der dänische König die Ehe der beiden für nichtig und Gerda heiratete einen jungen italienischen Offizier, ging mit ihm nach Marrakesch und Casablanca, bis sie erfuhr, dass Lili nach einer Gebärmutter-Transplantation in der Dresdner Frauenklinik gestorben war. Sie liess sich scheiden und kehrte nach Kopenhagen zurück.
Doch ihr Stil war inzwischen aus der Mode gekommen, am Ende zeichnete sie Postkartensujets und überlebte ihre Lili um neun einsame, verarmte und vom Alkohol durchtränkte Jahre.
Der internationale Schnellzug Nr. 51 Mailand–Basel rollt durch die Nacht des 23. April 1924. Ihm angehängt ist ein deutscher Wagen, der für seine damals schon veraltete Gasbeleuchtung unter dem Wagenboden 1200 Liter Gas in Tanks mitführt. Er ist es auch, der sofort brennt, als es um 2:30 Uhr beim Güterbahnhof San Paolo, 1,2 Kilometer nördlich des Bahnhofs Bellinzona, zum frontalen Zusammenstoss mit dem aus der Gegenrichtung kommenden Zug Nr. 70 kommt.
15 Menschen sterben; neun Reisende, fünf Eisenbahner und ein blinder Passagier, der sich im Heizwagen versteckt hielt.
Auch der ultrakonservative deutsche Politiker Karl Helfferich und seine Mutter befanden sich unter den Toten. Er war einer der Führer der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) – deren Programmatik einige Überschneidungen mit jener der NSDAP aufwies –, ehemaliger Vizekanzler und der Mann, der den Ersten Weltkrieg mitfinanziert hatte.
Und während in Deutschland die völkische Presse hinter dem Tod Helfferichs dunkle Mächte wie die «Freimaurerei» witterte, diskutierte man in der Schweiz eher auf sachlicher Ebene.
Was war geschehen? Unter dem Begriff «Menschliches Versagen» fasste man das Unglück auf den SBB-Schienen schliesslich zusammen. Der lokale Bahnhofvorstand in Ambri-Piotta liess Zug Nr. 70 einen verspäteten Güterzug überholen, ohne aber die veränderte Reihenfolge an den Bahnhof Bellinzona weiterzugeben. Und als der Zug schliesslich im Güterbahnhof San Paolo eintraf, ignorierte sein Führer das Haltesignal, weil er dachte, es gelte bloss für Güterzüge. Es galt aber auch für ihn. Und so krachte Zug Nr. 70 mit voller Wucht in den ihm entgegenkommenden Nachtschnellzug Nr. 51 – mit dem Gaswagen.
Eisenbahnwagen mit Gasbeleuchtung wurden danach komplett verboten. Zusätzlich arbeitete man an einer Zwangsbremsung für den Notfall – das Zugsicherungssystem Integra-Signum wird 1933 eingeführt.
Desiree Lubowska wurde als Winniefred Foote in Minnesota geboren. 1921 gründete sie die kurzlebige, aber ehrgeizige National American Ballet Company.
Und weil man als Tänzerin zu jener Zeit gern etwas exotischere Wurzeln erfand als die, von denen man in Wahrheit abstammte, fügte sie ein bisschen russisches Seelengut zu ihrem Künstlernamen hinzu, eignete sich einen fremdländischen Akzent an und arbeitete mittels rigoroser Diät und strammem Fitnessprogramm daran, an ihrem Körper möglichst viele scharfe Ecken und Kanten sichtbar zu machen. Sie wollte so geradlinig sein wie die Frauen auf den Tafeln des alten Ägyptens, «ein wiedergeborener Geist vom Nil». Leib und Tanz von Lubowska waren folglich jenem ästhetischen Vorbild verschrieben.
Und der Machtkampf zwischen dem herrschenden Triumvirat – bestehend aus Stalin, Sinowjew und Kamenew – auf der einen, und Trotzki und seinen Anhängern auf der anderen Seite losbrach. Wer sollte dem Begründer und Regierungschef der Sowjetunion nachfolgen?
Das Schreiben, das als Lenins «politisches Testament» in die Geschichte einging, ist eine Warnung. Eine Warnung vor Genosse Stalin und dessen unermesslicher Macht als Generalsekretär. Er sei nicht überzeugt, heisst es darin, dass Genosse Stalin es immer verstehen werde, diese Macht vorsichtig genug zu gebrauchen.
Und weiter:
Er schlug deshalb seinen Genossen vor, «sich zu überlegen, wie man Stalin ablösen könnte», um an seine Stelle einen anderen Mann zu setzen, der «toleranter, loyaler, höflicher und rücksichtsvoller gegenüber den Genossen und weniger launisch» sei.
Lenin selbst war die letzten zwei Jahre seines Lebens von mindestens acht Schlaganfällen so gezeichnet, dass er gar keine eigenen Entscheidungen mehr fällen konnte. Einmal noch hat man den dienstältesten Revolutionär im Rollstuhl in den Kreml gefahren, ansonsten blieb er in Gorki, in seinem Moskauer Vorstadtpalast, stets umringt von Ärzten.
Wegen seines desolaten Geisteszustands gilt Lenins Testament auch als umstritten. War er überhaupt noch dazu in der Lage, es selbst zu verfassen?
Vielleicht ist dies am Ende gar nicht die entscheidende Frage. Das Dokument erhält seine Bedeutung allein dadurch, wie es im Machtkampf um die Nachfolge genutzt wurde.
Dem Triumvirat gelingt es nämlich, es zurückzuhalten, so wird es nicht wie ursprünglich geplant auf dem Parteitag der Kommunisten im April 1923 vorgelesen, sondern bleibt bis weit nach Lenins Tod am 21. Januar 1924 nur einzelnen Delegierten bekannt.
Und so setzte sich Stalin am Ende durch. Der Rest des Politbüros – Kamenew, Bucharin, Sinowjew, Rykow, Tomski, Trotzki – wurde in den Folgejahren allesamt Opfer seiner Säuberungen. Letzterer endete in seinem mexikanischen Exil mit einem Eispickel im Schädel.
Lenins Testament aber holte erst Chruschtschow wieder aus der Schublade. 1956, drei Jahre nach Stalins Tod, vertraute er dessen Inhalt den Delegierten auf dem XX. Parteitag der KPdSU an. Damit weckte er die Erinnerung an Lenin, den Vater der Revolution, während er gleichzeitig den Diktator Stalin diskreditierte. Dessen grauenvolle Verbrechen und beispielloser Terror sollten als destruktive Abweichung verstanden werden, als gesondertes, dunkles Kapitel der sowjetischen Geschichte.
Na toll, jetzt will ich wieder rauchen.
Wenn, dann findet man die lebende Venus von Milo im West End von London, müssen sich die Wettbewerbsaustragenden gesagt haben, und massen die Gliedmassen der herbeigeströmten Damen, um sie mit denen der über 2000 Jahre alten und 2,02 Meter hohen, marmornen Liebesgöttin zu vergleichen, die seit Ende des 19. Jahrhunderts im Pariser Louvre herumsteht.
Ob sie sie gefunden haben, ist nicht überliefert.
Leonard Kip Rhinelander war ein Promi aus der New Yorker High Society. Er entstammte einer Familie deutschstämmiger Hugenotten, die in Frankreich nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes durch Louis XIV. nicht mehr sicher waren. Seiner religiösen und bürgerlichen Rechte beraubt, floh sein Vorfahre Philip Jacob Rhinelander 1686 nach Amerika und liess sich in der neu gegründeten, französischen Hugenottengemeinde New Rochelle nieder. Dort häufte er Grund- und Immobilienbesitz an, gründete die Rhineland Real Estate Company und wurde zu einem der ersten Schiffbauer der Nation.
Erbe dieses Imperiums war im Jahr 1924 Leonard Kip Rhinelander, der es im zarten Alter von 21 Jahren wagte, eine «gemischtrassige» Frau zu ehelichen. Eine aus der Arbeiterklasse stammende Tochter englischer Einwanderer – mit weisser Mutter und farbigem Vater. Eine solche Heirat war im Staat New York zwar legal, aber selten. Und für die Stadt und ihre feine Gesellschaft ein Skandal.
Denn dort blickte man ängstlich auf das Phänomen, das man heute unter dem Begriff «racial passing» kennt: Es kommt eine farbige Person in die weisse Gesellschaft und wird dort akzeptiert. Alice B. Jones passiert in diesem Fall also mittels Heirat in eine der angesehensten Familie der Stadt die Rassengrenze. Und was, wenn das nun zur Routine wird?
Was, wenn nun alle aus den Südstaaten herbeiströmenden Afroamerikaner (Great Migration) plötzlich die weisse Gesellschaft infiltrieren und sie regelrecht braun färben?
Doch Leonard und Alice liebten sich. Und sie gaben sich heimlich das Ja-Wort, nachdem er zurückgekehrt war von seiner zweijährigen Trennungsreise in die Bahamas, auf die ihn sein Vater geschickt hatte.
Irgendwann erfuhr die Presse doch davon und druckte die Ungehörigkeit trotz aller Versuche Leonards, sie davon abzuhalten. Die Boulevardzeitung «New York Daily Mirror» titelte: «RHINELANDER WEDS NEGRESS – Society dumbfounded» («RHINELANDER HEIRATET NEGERIN – Gesellschaft verblüfft»).
Auch Alices soziale Herkunft wurde darin eingängig besprochen; sie sei Wäscherin, Kindermädchen, Krankenschwester, ihr Vater Droschkenkutscher und ihr Onkel Butler, Berufe also, die fast ausschliesslich von Schwarzen ausgeübt wurden.
Zwei Wochen lang hielt Leonard standhaft zu seiner Frau. Dann brach er ob der familiären Enterbungs-Drohung und des gesellschaftlichen Drucks zusammen und unterschrieb die vom Anwalt des Vaters aufgesetzte Annullierungsklage.
Der Vorwurf: Alice B. Jones habe Leonard Rhinelander absichtlich getäuscht, indem sie ihre wahre Ethnie verheimlicht und sich als weisse Frau ausgegeben habe. Tatsächlich wies die Heiratsurkunde sie als «weiss» aus, was im Prozess als Indiz ihrer niederen Beweggründe diente.
Der Prozess dauerte ein ganzes Jahr. Man verlas öffentlich die Liebesbriefe des Klägers und entkleidete die Angeklagte, damit die weissen, männlichen Geschworenen ihre Haut ganz genau beschauen konnten.
Das führte dazu, dass sie zur Einsicht gelangten, Rhinelander, der bereits vor der Ehe geschlechtlichen Verkehr mit Jones gehabt hatte, müsse aufgefallen sein, dass diese farbig war und daher kaum versucht hatte, ihn über ihre rassische Identität zu täuschen.
Jones gewann den Prozess, die Klage wurde abgewiesen und Rhinelander verschwand aus der Öffentlichkeit. Im Juli 1929 fand man ihn in Nevada, mit Schnurrbart und falschem Namen, als Holzfäller.
Ein Vergleich trennte die beiden schliesslich auch auf Papier. Sie bekam ein bisschen Geld von ihm, verzichtete im Gegenzug aber auf alle Ansprüche auf das Rhinelander-Anwesen und erklärte sich bereit, kein Wort über ihre Geschichte zu schreiben oder zu sprechen, woran sie sich für den Rest ihres Lebens hielt.
Am 24. September rutschte die Erde über Someo, dem kleinen Tessiner Ort auf der linken Seite der Maggia, und begrub es unter sich. 10 Menschen verloren ihr Leben. Eine Kuh konnte man aus einem Stall befreien, nachdem sie 13 Tage lang eingeschlossen war.
Die häufigen Erdrutsche im Tessin waren eine Folge der grossflächigen Rodungen der Schutzwälder für den Holzhandel im 19. Jahrhundert.
Die Fotos stammen vom österreichischen Fotojournalisten Anton Krenn, der bis zu seinem Tod 1958 in Zürich lebte. Sein Nachlass befindet sich bei der Fotostiftung Schweiz.
Nachdem Odysseus, der griechische Held und König von Ithaka, den zehnjährigen Trojanischen Krieg überlebt hat, braucht er nochmal zehn Jahre, um nach Hause zu seiner schönen Frau Penelope zurückzukehren. Denn Poseidon, der Gott des Meeres, schickt ihm immer wieder widrige Winde, zerstörerische Wellen und unheilvolle Unwetter. Schliesslich hat Odysseus es gewagt, dessen Sohn, den einäugigen und menschenfressenden Riesen Polyphem, zu blenden. Hybris soll gerächt sein. So sehr, dass der Held nur noch weinend auf einem Felsen sitzen kann.
Katharina Brumbach (1884–1952), so hiess «die stärkste Frau der Welt» mit bürgerlichem Namen. Die Niederbayerin wird heute Arnold Schwarzenegger ersetzen, der für gewöhnlich immer den History Porn beschliesst. Aber da er 1924 noch nicht geboren war, wollen wir uns heute Katie Sandwina widmen. Der Frau, die Kanonenkugeln jonglierte, Hufeisen verbog, Ketten zerriss und Muskelmänner im Gewichtheben bezwang – auch hochschwanger noch.
Sie war die Antithese zum herrschenden Frauenbild und trotzdem oder gerade deshalb wurde ihr Körper, ihre Kraft, ihr ganzes schimmerndes Wesen begehrt, bejubelt und bewundert.
Katharina war 1,84 Meter gross und wog über 90 Kilogramm. Ihr Mann Max seinerseits wog «nur» rund 74 Kilogramm, weshalb sie ihn als eine ihrer Hauptattraktionen mit einer Hand über ihren Kopf zu stemmen pflegte.
Dass sie über enorme Kräfte verfügte, war unbestritten, aber ob sie tatsächlich einen 300 Kilogramm schweren Amboss heben konnte, nun ja.
Für die Show sicher.