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Die Christen protestieren nicht, wenn Migranten ausgeschafft werden

Republican presidential nominee former President Donald Trump is prayed over with Pastor Paula White during the National Faith Summit at Worship With Wonders Church, Monday, Oct. 28, 2024, in Powder S ...
Donald Trump wird von der freikirchlichen Pastorin Paula White gesegnet.Bild: keystone
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Die Christen in den USA protestieren nicht, wenn Migranten wie Tiere ausgeschafft werden

Die Gläubigen aus Freikirchen glauben immer noch in sektenhafter Verblendung, dass Donald Trump von Gott auserwählt wurde.
12.04.2025, 08:0012.04.2025, 12:37
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Es soll kein amerikanischer Christ sagen, er habe es nicht gewusst! Schliesslich hat es Donald Trump beim Wahlkampf angekündigt. Immer und immer wieder. Er werde die Migranten verfolgen und aus dem Land jagen. Zehntausende, Hunderttausende, ja Millionen. Die meisten frommen Christen der Freikirchen und die traditionalistischen Katholiken haben ihn trotzdem gewählt.

Zur Erinnerung: Trump hetzte mit seinem grobschlächtigen Vokabular gegen die Einwanderer, nicht nur die illegalen. Er bezeichnete sie als Tiere, die das Blut der Nation vergiften würden. Dabei verhalfen «diese Tiere» den USA zu Wohlstand, weil sie für einen Hungerlohn am Fliessband standen und die Drecksjobs machten.

Willkürliche Verhaftungen

Die Umsetzung des Wahlversprechens erfolgt nun ähnlich brutal wie die Ankündigungen. Polizisten durchkämmen ganze Wohnquartiere und verhaften willkürlich Migranten. Dabei trifft es nicht nur Menschen ohne gültige Papiere, sondern auch die «Feinde» von Donald Trump, die er als Ungeziefer bezeichnete, die es auszurotten gelte.

Das sieht dann so aus: Maskierte Polizisten, die wie Gangster oder Kidnapper aussehen, überfallen eine Frau auf offener Strasse und zerren sie in ein Auto. Obwohl sie eine gültige Arbeitsbewilligung hat, droht ihr die Ausschaffung. Ihr «Verbrechen»: Sie hat an einer Demonstration zugunsten der Palästinenser teilgenommen und sich in den sozialen Medien für sie eingesetzt.

Die frommen Christen blenden gern Dinge aus, die nicht ihrem starren Glaubenskonzept entsprechen. Sie passen ihr Weltbild ihren religiösen Sehnsüchten an.

Das alles haben sie gewusst, die frommen Christen der Freikirchen. Trotzdem wählten ihn laut einer Nachwahlumfrage von Edison Research 82 Prozent der weissen evangelikalen Wähler sowie 63 Prozent der Protestanten. Auch 58 Prozent der Katholiken gaben Trump ihre Stimme.

Wie reagieren die Frommen auf die unmenschlichen Razzien? Erinnern sie sich an die christliche Nächstenliebe und Barmherzigkeit? Setzen sie sich für die Verfolgten ein? Bereuen sie, dass sie Trump ihre Stimme gegeben haben?

President Donald Trump holds a Bible as he visits outside St. John's Church across Lafayette Park from the White House Monday, June 1, 2020, in Washington. Part of the church was set on fire duri ...
So gefällt es den frommen Christen: Donald Trump posiert mit der Bibel.Bild: keystone

Weit gefehlt. Es gibt kaum öffentliche Proteste der Christen, die meisten ducken sich weg.

Hier zeigt sich ein klassisches Sektenphänomen. Die meisten freikirchlichen Pastoren waren vor den Wahlen in sich gegangen und hatten Zwiesprache mit Gott gehalten. Dabei empfingen sie das himmlische Signal, dass Gott ein Wunder gewirkt und den Saulus Trump zum Paulus verwandelt habe. Vom Sünder zum Heiligen und Gesandten Gottes.

Vom Saulus zum Paulus

Und diesen Paulus oder «neuen Messias», der plötzlich Abtreibungen verurteilte, galt es zu unterstützen. Trump nannte die frommen Wähler «meine wunderbaren Christen». Da sie Gottes Wege als unergründlich betrachten, halten sie weiterhin zu Trump. Egal, wie unchristlich die Methoden der Abschiebung von Flüchtlingen ist.

Dabei wäre es für die amerikanischen Christen einfach, eine göttliche Richtschnur zu finden. Sie müssten nur die Bibel konsultieren, die für sie das authentische Wort Gottes enthält.

Auch die Juden und Urchristen mussten flüchten

Die Gläubigen der Freikirchen scheinen vergessen zu haben, dass das Buch der Bücher voll von Geschichten über Verfolgung, Flucht und Migration ist. Opfer waren damals die Israeliten, besonders das auserwählte Volk der Juden, das teilweise wegen des Glaubens verfolgt wurde.

Es musste aus Ägypten fliehen und Asyl suchen. Schon zu urchristlichen Zeiten gab es Gläubige, die aus wirtschaftlicher Not flüchten mussten.

Auch ihr Idol Jesus Christus war ein Flüchtling, sein Leben war geprägt von Verfolgung und Flucht. Um sein Leben zu retten, flüchteten seine Eltern vor Herodes. Sein Leben endete mit dem Tod am Kreuz.

Starres Glaubenskonzept

Die frommen Christen blenden gern Dinge aus, die nicht ihrem starren Glaubenskonzept entsprechen. Sie passen ihr Weltbild ihren religiösen Sehnsüchten an. Das sind sektenhafte Mechanismen.

Schöne Worte bei der Sonntagspredigt sind das Eine, christliche Taten etwas ganz anderes.

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Hugo Stamm, Sektenblog
Bild: zvg
Hugo Stamm
Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig: Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
Mit seinem Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.

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Die beliebtesten Kommentare
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Don't look up!
12.04.2025 12:40registriert Juni 2021
75 % der ohne Gerichtsverhandlung nach San Salvador deportierten hatten keine Straftaten begangen. Bei einem Fall verlangt das höchste Gericht die Rückführung.

Und alles was DOGE tut, ist auch dermassen verlogen.

Paula White verkauft Wunder für 1000 $.

Die Idiokratie hat die Macht ergriffen.
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Heinzbond
12.04.2025 12:54registriert Dezember 2018
Wenn man Religion, religiöse Schriften oder die Androhung von Himmel und Hölle braucht, um ein besserer Mensch zu werden, dann versucht man es aus dem falschen Grund und deswegen kann es auch nichts werden...
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CISG
12.04.2025 13:40registriert Oktober 2023
Der Artikel enthält meiner Meinung nach einen gravierenden Fehler. Diese strenggläubigen Christen wählten Trump nicht TROTZ sondern WEIL er so über Migranten, Transpersonen etc. herzog.

Dieses Phänomen ist nicht neu. Auch in Nazi-Deutschland verhielten sich Christen auffallend ruhig. Eine Mehrheit von ihnen wählte genau deshalb AH.

Wer mit Personen im horizontalen Gewerbe spricht der erfährt, die perversesten Dinge werden immer von den frommsten gebucht. Und wo es die häufigsten Fälle von sexuellen Kindesmissbrauch gibt liest man regelmässig in Zeitungen. Darf man diese Wahrheit schreiben?
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