Blogs
Sektenblog

Die Bischofsynode bleibt ein Feigenblatt, wenn auch ein buntes

epa10946962 Pope Francis leads a Holy Mass for Conclusion of the Ordinary General Assembly of the Synod of Bishops, in Saint Peter's Basilica at the Vatican City, 29 October 2023. EPA/GIUSEPPE LA ...
Die Bischöfe mögen schon diskutieren, am Schluss entscheidet nur einer: Papst Franziskus.Bild: keystone
Sektenblog

Wie nennt man es, wenn 300 Bischöfe mit 54 Frauen diskutieren? Ein Feigenblatt

Der vierwöchige Bischofssynode im Vatikan hat einen zahnlosen Papiertiger geboren. Denn: Die Entscheidungsgewalt liegt ausschliesslich beim Papst.
11.11.2023, 08:12
Hugo Stamm
Mehr «Blogs»

«Und sie bewegt sich doch», soll Galileo Galilei gemurmelt haben, nachdem er seine Erkenntnis vor der Inquisition widerrufen hatte, wonach sich die Erde um die Sonne drehe. In Anlehnung an diesen Ausspruch könnte man anfügen: Nein, sie bewegt sich nicht. Gemeint ist nicht die Erde, sondern die katholische Kirche.

Tatsächlich bewegte sich die Kirche nach der vierwöchigen Synode, die kürzlich in Rom zu Ende gegangen ist, nicht. Denn es ist klar, dass den vielen Worten keine Taten folgen werden.

Frauen und Laien waren gleichberechtigt

Allerdings muss man den Verantwortlichen zugestehen, dass das starre Prozedere der Bischofssynode – so heisst sie immer noch – aufgebrochen wurde. Denn für einmal blieben die Würdenträger nicht unter sich, sondern integrierten auch Laien und Frauen als gleichberechtigte Teilnehmer in die Diskussionsforen.

Pope Francis poses fora a family picture with the the participants of the Synod of Bishops' 16th General Assembly in the Paul VI hall at the Vatican Monday, Oct. 23, 2023. Pope Francis is conveni ...
Das Foto zur Eröffnung der Synode: Auch 54 Frauen nahmen teil. Bild: keystone

Konkret: Neben den rund 300 Kardinälen und Bischöfen durften Katholiken ohne Weihe und 54 Frauen die Anliegen der Gläubigen aus aller Welt einbringen und Reformvorschläge machen. Dieses Novum ist bemerkenswert. Es täuscht aber nicht darüber hinweg, dass den hehren Worten keine Taten folgen werden.

Denn die Synode hat lediglich den Puls der Gläubigen gefühlt. Die Vorschläge und Forderungen der Synodalen sind blosse Anregungen für den Papst und den Machtkreis im Vatikan. Und diese machen nicht den leisesten Eindruck, als seien sie gewillt, die Ergebnisse auch nur teilweise umzusetzen.

Papst Franziskus, der 2013 mit viel Reformeifer das Pontifikat antrat, wird deswegen als ewiger Ankünder in die Geschichte eingehen, der die Hoffnung auf überfällige Reformen zerstört hat.

Bericht über die Synode in Rom. Video: YouTube/katholisch1tv

Dabei hatten die Teilnehmer der Synode durchaus die richtigen Themen auf die Traktandenliste gesetzt. Diskutiert wurden Fragen zur Homosexualität, LGBTQ, Stellung der Frauen in der Kirche, Zölibat, Inklusion usw. Doch schon vor Beginn der Synode war klar: Das wird nix.

Denn die Entscheidungsgewalt liegt einzig beim Papst, der nach katholischem Dogma in Lehrmeinungen als unfehlbar gilt. Auch wenn man gelegentlich den Eindruck bekommt, dass seine konservative Entourage das Zepter schwingt. Wenn man es etwas weniger förmlich formulieren will: seine mächtigen Einflüsterer.

Der Heilige Geist hätte als Vertreter des dreieinigen Gottes schon längst die Möglichkeit gehabt, den Kirchenfürsten eine weibliche Inspiration einzuhauchen.

Der Synode war ein langer Meinungsprozess vorausgegangen. Interessierte Gläubige konnten im Vorfeld die heissen Themen diskutieren und Papiere schreiben. Daraus resultierten die Stellungnahmen der jeweiligen Ländervertreter. Der Bericht der Schweizer Delegation fiel eher lauwarm aus und enthielt nicht sonderlich kernige Aussagen und Forderungen zu den wichtigsten Themen.

Für Kritiker war schon vor dem vierwöchigen, gross angelegten Diskussionsmarathon klar, dass die Veranstaltung ein weiteres Feigenblatt für die katholische Kirche würde. Wenn auch dank der Laien und Frauen ein buntes.

Man kann die Synode anprangern, viele Ressourcen verschlissen zu haben. Schliesslich brachten die Synodalen lediglich die Ansichten auf den Tisch, die schon in den unzähligen Berichten standen.

Alibiübung trotz Meinungsfreiheit

Man kann die Monsterveranstaltung deshalb auch eine Alibiübung nennen, um die aufgebrachten Gläubigen zu beruhigen. Darüber kann auch der an sich positive Umstand, dass im Vatikan endlich Meinungs- und Diskussionsfreiheit herrschte, kaum hinwegtäuschen. Die Schweizer Vertreterin Helena Jeppesen-Spuhler nannte es «eine kleine kirchenpolitische Revolution». Na ja …

Sektenblog

Will die katholische Kirche den arg ramponierten Ruf retten, braucht es nicht nur Diskussionen, sondern den Tatbeweis. Diesen konnten Papst Franziskus und die Kurie trotz der vielen Versprechen und Ankündigungen nicht erbringen.

Und nun ist der greise Papst ohnehin zu schwach, um tiefgreifende Reformen auf den Weg zu bringen. Zumal der Machtzirkel im Vatikan ein Bollwerk der Konservativen ist, die ein zölibatärer Männerclub bleiben wollen.

Hoffnung auf den Heiligen Geist

Und Gläubige, die auf das Wirken des Heiligen Geistes hoffen, dürften auch weiterhin enttäuscht werden. Dieser Vertreter des dreieinigen Gottes hätte schon längst die Möglichkeit gehabt, den Kirchenfürsten eine weibliche Inspiration einzuhauchen.

Übrigens: All diese Themen waren schon bei der Schweizer Synode 72 diskutiert worden. Diese fand vor 51 Jahren statt. Bewegt hatte sich schon damals nix. Deshalb darf man auch die Prognose wagen: Profitieren von der aktuellen Synode im Vatikan wird nur der Archivar, der weitere Papierberge verstauen darf und deshalb nicht um seinen Arbeitsplatz bangen muss.

Es wäre wohl ein Akt christlicher Nächstenliebe gewesen, wenn die Synodalen aus Protest zu Hause geblieben wären und die gesparten Millionen von Dollars den weltweit Hunderttausenden von Missbrauchsopfern gespendet hätten.

Sektenblog

Hugo Stamm, Sektenblog
Bild: zvg
Hugo Stamm
Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig: Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
Mit seinem Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.

Du kannst Hugo Stamm auf Facebook und auf Twitter folgen.
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Watson-Chef schüttet den Kindern sein Herz aus – und lobt einen Mitarbeiter in den Himmel
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
536 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
MALUS
11.11.2023 09:09registriert Januar 2021
Gleiche berufliche Chancen für Mann und Frau
taxiert die Kirche gleichschwer wie Missbrauch.

Höchststrafe für katholische Priester,
die Frauen weihen oder
Sakramente an ausgeschlossene Personen spenden
ist so scharf wie für den sexuellen Missbrauch von Kindern.
Exkommunikation und Entfernung aus dem Klerikerstand.

CH-Firmen müssen für Frauen und Männer gemäss BV gleiche Chancen im Beruf einräumen. Aber trotzdem Kirchensteuern an eine Sekten zahlen, die sich ganz offen nicht an die BV hält.

CH-Politiker haben offenbar Angst vor der Hölle, sie drücken sich vor dem Thema.
765
Melden
Zum Kommentar
avatar
Amateurschreiber
11.11.2023 09:05registriert August 2018
Es wird immer so dargestellt, als wäre der Papst (besonders der jetzige) ein wohlwollender, weltoffener Mann, der aber leider von den konservativen Seilschaften innerhalb der Kirche kontrolliert witd. Der Papst wirkt aber nur so umgänglich, weil er in der Öffentlichkeit entsprechend auftritt.
Ich glaube aber keine Sekunde daran, dass die jemanden zum Papst wählen würden, der nicht im Kern zu 100% hinter den bisherigen Regeln und Ansichten steht.
Die wählen sicher keinen Revoluzzer, den man dann ständig unter Kontrolle halten muss!
696
Melden
Zum Kommentar
avatar
Schlaf
11.11.2023 09:14registriert Oktober 2019
«Der Heilige Geist hätte als Vertreter des dreieinigen Gottes schon längst die Möglichkeit gehabt, den Kirchenfürsten eine weibliche Inspiration einzuhauchen.»

Der heilige Geist hätte auch die Möglichkeit den Laden von den vielen Missbräuchen zu befreien.
Nur gibt es keinen heiligen Geist und das weiss die Kat.-Kirche auch und macht weiter wie bisher, ändern nichts Grundlegendes an den Problemen.

Waren halt schon immer nur Dummschwätzer und werden es immer bleiben.
Darum, austreten und den Laden zu Grunde gehen lassen.
638
Melden
Zum Kommentar
536
Der neue elektrische Jeep kommt in die Schweiz – das taugt er
Nach seinem Avenger, dem Auto des Jahres 2023, das auf unseren Strassen jedoch seltener anzutreffen ist, bringt Jeep mit dem Wagoneer S erneut ein Elektroauto nach Europa. Wir haben es vor seiner Markteinführung unter die Lupe genommen.

2022 revolutionierte Jeep mit dem Avenger den Elektrofahrzeugmarkt. Obwohl der Look gut war, hatte der Avenger in der vollelektrischen Version Mühe, Kundschaft zu finden. Das änderte nichts an der Entscheidung der amerikanischen Marke, erneut ein Elektroauto auf den Markt zu bringen – dieses Mal auf dem Weltmarkt, mit dem Wagoneer S.

Zur Story