Über mangelnden Zuspruch können sich Microsoft und Sony nicht beklagen. Bereits im März 2021 vermeldete Sony beinahe acht Millionen verkaufte PlayStation-5-Konsolen weltweit. Bei Microsoft Xbox Series X/S schätzen Analysten derweil den Absatz auf über fünf Millionen Geräte.
Und auch wenn Sony im ersten Quartal 2021 laut der unabhängigen Analystengruppe Ampere Analysis fast doppelt so viele Next-Generation-Konsolen verkaufte wie Microsoft, so bleibt das Rennen zwischen PlayStation 5 und Xbox Series X/S enger als noch in der Vergangenheit.
Über Jahre dominierte die PlayStation 4 den Markt mit inzwischen über 115 Millionen verkauften Einheiten. Da kann Microsofts Xbox One mit um die 50 Millionen abgesetzten Plattformen nur neidisch hinterherblicken. Doch genau diese starke Pole Position könnte für Sony zum Verhängnis werden – gemeinsam mit Faktoren wie Liefer- und Materialengpässen.
Während Microsoft mit Abwärtskompatibilität, Cross-Generation-Gaming und Streaming in die Zukunft schaut, überraschte Sony zuletzt mit der Ankündigung, dass Titel wie «Horizon 2: Forbidden West» oder «Gran Turismo 7» nicht mehr exklusiv für PlayStation 5 erscheinen würden.
Man könne eine derart grosse Community nicht zurücklassen, hiess es immer wieder in Interviews. Ebenso oft aber betonte PlayStation-Boss Jim Ryan, dass man an Generationen glaube. Das Zurückrudern und Aufweichen getätigter Versprechungen ist in unruhigen Zeiten wenig verwunderlich. Schliesslich zog auch die Corona-Krise nicht spurlos an dem Tech-Hersteller vorüber.
Nachschubprobleme und Vorbestellerfrust bleiben auch Monate nach Erscheinen der PlayStation 5 ein Faktor. Das Ergebnis: Sony hätte viel mehr Konsolen verkaufen können als eingangs erwähnt. Die relativ kleine Hardware-Basis macht dem Exklusivkonzept einen Strich durch die Rechnung. Lange Entwicklungszeiten wollen schliesslich bezahlt werden. Und das gelingt mit der aktuell verkauften Anzahl an PS5-Konsolen kaum.
Doch Exklusivspiele stellten traditionell für eine neue Konsolengeneration den grössten Kaufanreiz für eine noch junge Plattform dar. Das zeigte zuletzt etwa «Ratchet & Clank: Rift Apart» eindrucksvoll. Kaum Ladezeiten, starke Technik und ein rundum gelungenes Spielerlebnis – für so etwas kaufen sich Gamer eine PlayStation 5 und geben ihr hart verdientes Geld nur allzu gerne dafür aus.
Solche Spiele zeigen, dass diese Investition es wert war. Dass jetzt grosse Produktionen wie «Horizon 2» generationsübergreifend kommen sollen, ist faktisch kein Problem, wohl aber emotional. «Wieso habe ich mir dann überhaupt eine PlayStation 5 zum Verkaufsstart geholt?», wird sich mancher fragen.
Andere wundern sich, ob nicht vielleicht das Entwickeln für mehrere Generationen negative Auswirkungen auf die PS5-Variante haben könnte. Von diesen subjektiven Gesichtspunkten abgesehen, ist es im Sinne aller, dass auch künftige grosse Produktionen für eine möglichst breite Zielgruppe zugänglich gemacht werden.
Bei der Ankündigung des Konzepts hinter der Xbox Series X/S wurde Microsoft vielerorts belächelt. Gerade den Mangel an Exklusivspielen zum Launch führten Spieler wie Experten als grosses Problem für die neue Konsolengeneration auf. Schliesslich fiel «Halo Infinite» glorreich im Vorfeld durch. Der Fokus lag daher auf dem Xbox Game Pass, dessen Spielebibliothek und dem Streaming von Videospielen auf nahezu alle Plattformen – sogar zukünftig per App über den Fernseher. Immer und überall zocken: Das ist die Vision hinter dem Abo-Service.
Im Herbst 2020 kaufte Microsoft für 7.5 Milliarden US-Dollar Zenimax und damit Bethesda sowie Studios wie id Software und andere. Das Resultat: Titel wie «Skyrim» oder «DOOM» bereichern inzwischen den Xbox Game Pass. Einen handfesten Konter in Bezug auf die Exklusivspiele setzte es in Form von «Starfield». Das Weltraumspiel erscheint 2022 exklusiv für Xbox Series X/S und Windows-PC. PlayStation-Besitzer gehen leer aus. Pete Hines, Senior Vice President für Global Marketing bei Bethesda, konnte sich im Rahmen der diesjährigen Electronic Entertainment Expo nur dafür entschuldigen.
Zeitgleich rüstet Microsoft auch im Streaming-Bereich stärker auf. Via Cloud sollen so selbst Xbox-Series-X-Spiele auf Xbox One möglich sein. Man verlängert damit nicht nur die Lebenszeit einer eigentlich alten Konsolengeneration, sondern hält auch die Community zusammen. Und das alles ohne Zusatzkosten.
Kurz gesagt: Microsoft setzt Sony aktuell mächtig unter Druck und investiert viel. Im Umkehrschluss aber ziehen auch die PlayStation-Macher nach. Zuletzt kaufte man mit Housemarque das Entwicklerteam hinter dem Roguelike-Abenteuer «Returnal». Kurze Zeit später erfolgte die Akquise von Nixxes. Das Studio machte sich in der jüngeren Vergangenheit einen guten Namen durch die PC-Umsetzungen von «Shadow of the Tomb Raider» oder «Deus Ex: Mankind Divided».
Da man zuletzt auch den eigenen Streaming-Dienst PlayStation Now auf dem PC stärker anschob, sieht es ganz danach aus, als würde Sony in diesem Bereich nach neuen Kunden Ausschau halten. Zudem verdichteten sich die Gerüchte, dass man auch das Entwicklerstudio Bluepoint Games übernehmen könnte, welches sich auf Remasters oder Remakes wie «Demon's Souls» spezialisierte.
Herman Hulst, Chef der PlayStation Studios, hielt in Interviews trotz deutlichem Expansionskurs bewusst «den Ball flach». Sony PlayStation wählt die Studios ganz bewusst aus, die man mit ins Boot holt. Schliesslich müssen deren Werte und Visionen zu der Ausrichtung der Marke passen. Hulst gibt sich diplomatisch, die Situation sieht anders aus. Die Entwicklungen zeigen, dass sich Sony nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen kann und wird. So erfolgreich frühere PlayStation-Generationen waren, so rapide verändert sich der Markt: Netflix steigt in Zukunft ebenfalls mit ein. Nintendo schreibt weiterhin starke Zahlen. Die Spielgewohnheiten der Community ändern sich.
Sony und Microsoft müssen sich weiterentwickeln, damit ihre Plattformen nicht auf der Strecke bleiben. So «langweilig» sich das ursprüngliche Konzept hinter der Xbox Series X/S anhörte, so wegweisend könnte es in Verbindung mit dem Game Pass sein. Sony dagegen passt sich stärker den Gegebenheiten an, als mancher erwartete.
Denn eins ist klar: So handzahm sich Sony und Microsoft zueinander gaben, so geht’s beiden Firmen doch um die eigenen Gewinne. Und die stehen und fallen mit dem Erfolg und Misserfolg des anderen. Sony muss sich in Acht nehmen, dass Microsoft in Zukunft nicht noch mehr Boden gut macht!