Mit mehr als zehn Millionen Käufern, Top-Wertungen und regelmässigen Platzierungen in den Top-100-Charts der meistgespielten Spiele auf Steam gelten «Company of Heroes» (2006), «Company of Heroes 2» (2013) sowie die dazugehörigen Erweiterungen noch heute zu den beliebtesten Echtzeit-Strategiespielen für PC, Mac und Linux. Am 17. November 2022 soll nun der dritte Teil erscheinen. Wie die kanadischen Genre-Profis von Relic Entertainment «Company of Heroes 3» zum vielleicht besten Teil der Serie machen wollen, konnten wir erst kürzlich auf einer Presseveranstaltung herausfinden.
Was muss ein Spiel bieten, damit es zwei besonders beliebte Vorgänger noch einmal deutlich überflügelt? Auch Relic befasste sich im Vorfeld intensiv mit dieser kniffligen Frage und machte das, was heutzutage viele Studios tun. Sie holten die Community mit an Bord, um deren Feedback mit einfliessen zu lassen. «Bevor wir irgendwelche wichtigen Design-Entscheidungen trafen, liessen wir erst einmal zehn unserer vertrauenswürdigsten Community-Mitglieder hier nach Vancouver einfliegen, um dann zusammen mit ihnen alle möglichen Ideen zu diskutieren», so ein Sprecher des 1997 gegründeten Studios.
Doch das war erst der Anfang. Kurz darauf führte man Online-Umfragen mit mehr als 50'000 Fans durch, um herauszufinden, was sie sich wünschen. «Auf diese Weise sammelten wir eine unglaubliche Menge an Daten, die uns sehr dabei halfen, den Design-Fokus zu validieren», so Relic. Im Jahr 2017 gründete man schliesslich noch einen Community Council, der in alle wichtigen Entscheidungsprozesse eingebunden wurde.
Stand heute nähert sich «Company of Heroes 3» langsam, aber sicher seiner Fertigstellung und bietet zahlreiche Features, die sich Fans seit Jahren gewünscht hatten. Los geht es mit einer zweigeteilten Story-Kampagne, in welcher man das Geschehen erstmals auch aus der Sicht der Deutschen erlebt. Genauer gesagt aus der Perspektive des deutschen Afrika Korps, das zwischen Juni 1940 und Mai 1943 in Ägypten, Libyen und Tunesien kämpfte und sich dabei mit den von England angeführten Alliierten rund um Taktik-Genie Bernard Montgomery konfrontiert sah.
Dass man mit einer solchen Fraktion in zahlreiche Fettnäpfchen treten kann, war Relic schon im Vorfeld sehr wohl bewusst, weshalb man sich früh dazu entschied, Geschichtsexperten mit ins Boot zu holen. Relic weiter: «Wir wollen definitiv keine romantisierte Story erzählen, bei der dann von der sauberen Wehrmacht oder Gentleman-General Rommel die Rede ist. Vielmehr wollen wir eine authentische und geerdete Geschichte schildern».
Was aber heisst all das aus Gameplay-Sicht? Nun, auf den ersten Blick bleibt erst einmal alles beim Alten. Noch immer lotst man verschiedene Einheitentrupps in Echtzeit über vielseitig zerstörbare Schlachtfelder, versucht ihre Spezialfertigkeiten möglichst optimal zu nutzen und setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um ja keinen Trupp zu verlieren. Schliesslich sammeln die Einheiten mit jeder erfolgreichen Aktion Erfahrungspunkte und werden so immer effizienter.
Schaut man allerdings genauer hin, fallen interessante Detailverbesserungen auf. So können Spieler Infanterie erstmals dazu anweisen, auf der Oberseite von Panzern Platz zu nehmen. Vorteil: Schnelle Positionswechsel werden zum Kinderspiel und ermöglichen neue Taktiken beim Flankieren. Ebenfalls neu: Während schwere Artillerie in den Vorgängerteilen an festen Orten installiert war, kann man bestimmte Geschütze (wie etwa die 88mm-Panzerabwehrkanone) jetzt mittels LKW an einen anderen Ort auf der Karte schleppen und somit sehr flexibel einsetzen.
Im Fall der DAK-Fraktion erhalten Spieler zudem ab dem ersten Kampagnenlevel Zugriff auf ein Bergungsfahrzeug, das defekte Vehikel nach einigen Minuten wieder flott macht – Panzer inklusive. Stichwort Panzer: Die verfügen nun über ein überarbeitetes Trefferzonenmodell, das endlich auch empfindliche Bereiche an den Seiten berücksichtigt. Letzteres führt dazu, dass man noch akribischer acht geben muss, wie man die tonnenschweren Metallbestien in Gefechten platziert. Hinzu kommt, dass Panzer nun über Schützengräben (sofern eng genug) hinweg brettern können.
Nicht zu vergessen die Taktische Pause. Hiermit haben Strategen erstmals die Möglichkeit, die Action mit der Leertaste jederzeit einzufrieren, um die Situation dann im Detail zu analysieren, Befehle anzupassen etc. RTS-Kenner können diese Hilfe getrost ignorieren, Neulinge dürften jedoch speziell in unübersichtlichen Situationen regelmässig Gebrauch davon machen.
Im Rahmen der Demo wird dann allerdings auch deutlich, dass «Company of Heroes 3» zwar in vielen Bereichen Mut zu neuen Ideen beweist, in einigen Disziplinen aber noch eine Extraportion Feinschliff benötigt. Dies gilt speziell für die derzeitige Maximal-Zoom-Stufe. Denn selbst wenn man maximal herauszoomt, ist die Kamera immer noch viel zu nah dran am Geschehen. Das ist zwar gut für das Mittendrin-Gefühl, schmälert aber die Übersicht deutlich.
Noch mal ran müssen die Kanadier darüber hinaus in Sachen KI. Die agiert zwar bereits recht aggressiv, folgt aber noch zu oft den immer gleichen Mustern. Hat man diese einmal durchschaut, kann man Gegner viel zu leicht eliminieren – etwa, indem man feindliche Panzer bewusst in die Reichweite der eigenen Artillerie lockt.
Leider nicht Teil der Demo ist das Italien-Szenario. Das Highlight hier: Ähnlich wie bei Segas «Total War»-Reihe läuft die dortige Kampagne nicht linear wie im Afrika-Setting ab, sondern dynamisch. Möglich macht das ein zwischen den Echtzeit-Schlachten stattfindender Runden-Strategie-Part.
In diesem muss man nicht nur Einheitenverbände strategisch clever umpositionieren, um wichtige Orte wie Flughäfen oder Produktionsstätten zu erobern, sondern auch Nachschub in Auftrag geben, Treibstoff und Munition verwalten, Kriegsschiffen und Bombern Ziele zuweisen und vieles mehr.
Noch läuft «Company of «Heroes 3» nicht in allen Bereichen rund – vor allem bei KI, Detailanimationen und dem Thema Zoomstufen sind die Macher weiterhin nicht auf der Zielgeraden. Davon abgesehen zeichnet sich hier jedoch eine ambitionierte Weiterentwicklung ab.
Sei es nun die Ergänzung des deutschen Afrika Korps, die neuen Gameplay-Mechaniken, die Einführung der dynamischen Kampagnenkarte für das Italien-Szenario, die nochmals aufgepeppte Optik oder der anvisierte Umfang (der laut Relic den aller Vorgänger übertrifft) – Teil drei hat das Zeug zum Hit.