Huaweis Honor 9 ist der Beweis: Ein Top-Smartphone für 400 Franken ist möglich
Wenn mich jemand fragt, ob ich ein gutes und nicht zu teures Smartphone empfehlen könne, hört sich die Antwort seit rund zwei Jahren ähnlich an: «Schau dir mal die Honor-Geräte an.»
Hierzulande ist die Günstigmarke von Huawei relativ unbekannt. Das dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass Huawei vermutlich lieber seine teureren Smartphones verkauft und das Honor 9 daher ein Schattendasein fristet. Während die hochpreisigeren Modelle in jedem Handy-Shop ausgestellt sind, findet man das Honor 9 (und andere Honor-Modelle) fast nur in Online-Shops.
Ob es Sinn macht für ein Mobiltelefon gegen 1000 Franken zu bezahlen, muss jeder mit sich selbst ausmachen. Wer ein Top-Gerät zu einem moderaten Preis von rund 400 Franken sucht, darf nun gerne weiterlesen.
Bei uns gibt es das Honor 9 in Blau, Schwarz und Grau
Der erste Eindruck: Das Handy liegt sehr gut in der Hand
Das Honor 9 hat ein 5,15 Zoll grosses Full-HD-Display. Das Gerät ist ziemlich schmal und daher auch für relativ kleine Hände nicht zu gross. Für die Rückseite hat Honor Glas gewählt, wie übrigens auch Apple und Samsung beim iPhone 8 bzw. Galaxy S8. Glas ist zwar fragiler als Aluminium, aber auch weniger rutschig.
Design und Verarbeitung sind genau so gut wie bei weit teureren Smartphones
Die Rückseite aus Glas gefällt, zumal auch die beiden Kameras nicht hervorstehen
Allerdings ist im Sonnenlicht jedes Stäubchen auf der Rückseite zu sehen
Das Full-HD-Display ist sehr gut, für die Spitzenklasse reicht es aber nicht ganz
Für mich und alle anderen Otto Normalverbraucher ist das Full-HD-Display (428 ppi) im Honor 9 mehr als ausreichend, da der Unterschied zu 4K-Displays abseits von VR-Anwendungen mit dem blossen Auge kaum auszumachen ist. Viel wichtiger ist der Kontrast und die Helligkeit und in beiden Kategorien überzeugt das Handy.
Ist der Touchscreen im Sonnenlicht problemlos lesbar? Check. ✔️
Die beiden Kameras auf der Rückseite knipsen für ein relativ günstiges Handy sehr ansprechende Fotos
Wie die meisten aktuellen Top-Smartphones kommt auch das Honor 9 mit einer Dual-Kamera auf der Rückseite. Die Farb-Kamera schiesst Fotos mit 12 Megapixel, sie soll vor allem eine gute Farbsättigungen liefern. Die Monochrom-Linse hat einen 20-MP-Sensor und kann laut Huawei mehr Details einfangen. Die Software berechnet aus den Aufnahmen beider Sensoren das optimale Foto. Die Kamera macht dabei nicht nur am Tag, sondern auch bei wenig Licht gute, wenn auch nicht überragende Handy-Fotos. In der Preiskategorie von 400 bis 450 Franken dürfte es aktuell schwierig sein, eine signifikant bessere Kamera zu finden.
Die Dual-Kamera bietet auch einen Portrait-Modus. Zusammen mit dem Bokeh-Modus (Tiefenschärfe-Effekt) können so Fotos mit verschwommenem Hintergrund geschossen werden. Solche Aufnahmen mit Tiefenschärfe funktionieren wie eigentlich bei allen aktuellen Top-Smartphones mal besser, mal schlechter.
Im Vergleich zu anderen Smartphones überzeugt vor allem der Zoom
Im Vergleichsfoto wurde der Digital-Zoom vollständig ausgereizt. Das Ergebnis ist natürlich eine Katastrophe, aber trotzdem besser als beim 200 Franken teureren Nokia 8.
Der von Huawei beworbene 2-fache Hybrid-Zoom des Honor 9 ist brauchbar, Wunder sollte man aber keine erwarten.
Gespart hat Huawei beim optischen Bildstabilisator, der bei schlechten Lichtverhältnissen helfen würde. Im Dämmerlicht ist das Honor 9 daher im Nachteil. Wer aber sowieso fast nur bei Tageslicht fotografiert, kann dies verschmerzen.
Auch bei Aufnahmen im Dunkeln macht das Honor 9 eine ordentliche Falle
Den fehlenden optischen Bildstabilisator versucht das Handy mit Software zu kompensieren: Beispielsweise hellt das Honor 9 Nacht-Fotos im Automatik-Modus automatisch auf. Auf einem Handy-Display sieht dies ok aus, auf einem grossen Bildschirm wäre aber starkes Bildrauschen zu sehen.
Die Selfie-Kamera ist gut, kann aber nicht ganz mit den Front-Kameras in doppelt so teuren Smartphones mithalten
An der 8-MP-Front-Kamera gibt es angesichts des moderaten Preises nichts auszusetzen. Wissen sollte man, dass die Bildqualität bei schlechtem Licht deutlich nachlässt.
Bei Videos hat das Honor 9 deutlich mehr Mühe
Bei einem Preis von rund 400 Franken musste Huawei irgendwo sparen: Während teurere Smartphones mit 4K-Videos und Superzeitlupe-Funktion punkten, gibt sich das Honor 9 bescheidener: Bei Full-HD ist Schluss und die Bildstabilisierung kann ebenfalls nicht mit den absoluten Top-Smartphones mithalten.
Auch hier gilt: Wer nicht gerade ein ambitionierter Hobby-Filmer ist, sollte sich von der nicht überragenden Videoqualität nicht abschrecken lassen. Für ein kurzes Ferien-Video reicht das Gebotene allemal.
Der Akku ist mit dem USB-C-Anschluss nach 30 Minuten zu rund 40 Prozent geladen. Das ist ok, aber nicht rekordverdächtig.
Für ein 5,15 Zoll grosses Display ist der Akku mit 3'200 mAh gut bemessen. Bei normalem Einsatz kommt man problemlos durch den Tag. Wie bei fast allen modernen Smartphones ist der Akku nicht mehr selbst wechselbar.
Kleine Abstriche muss man bei der Akkuladezeit machen: Das Aufladen mit dem mitgelieferten Schnellladegerät dauert zum Beispiel länger als beim Nokia 8, das einen moderneren USB-C-Standard unterstützt. Die Akkus in beiden Smartphones sind mit gut 3000 Milliamperestunden (mAh) fast gleich gross. Beim Honor 9 ist der Akku nach 30 Minuten zu maximal 40 Prozent geladen, beim Nokia 8 sind es rund 50 Prozent. Beim Huawei Mate 9 mit einem riesigen 4000 mAh-Akku steht die Akkuanzeige nach 30 Minuten gar bei 57 Prozent.
Auf der Unterseite findet sich der USB-C-Port sowie ein Kopfhöreranschluss
Der USB-C-Anschluss im Honor 9 ist deutlich schneller als die früheren micro-USB-Ports, aber Huawei hat etwas gespart und nicht die allerneuste Technik verbaut. Die Datenübertragung an einen PC ist so etwas langsamer als bei teureren Android-Smartphones.
Auch damit dürften sich die allermeisten Nutzer gut abfinden können. Für die Mehrheit im Alltag weit wichtiger: Der Kopfhörer-Anschluss ist weiterhin vorhanden.
Leider ist das Honor 9 nicht vollständig wasserdicht und es lässt sich auch nicht kabellos laden
Es läuft dafür ohne den kleinsten Ruckler und Apps (abgesehen von Games) starten in Sekundenbruchteilen
Das Honor-Smartphone nutzt einen schnellen Achtkern-Prozessor des Mutterkonzerns Huawei. Der Kirin 960 ist im Alltag genau so schnell wie ein Snapdragon 835, der in den aktuellen Top-Modellen von Samsung, Google, Sony, HTC, Nokia etc. zu finden ist. Kurz gesagt: Das Honor 9 mit 4 GB Arbeitsspeicher (RAM) ist im Alltag genau so schnell wie doppelt so teure Handys.
Dies ist insbesondere erwähnenswert, weil mein Testgerät ein Vorserienmodell ist und mit einer veralteten Betriebssystem-Version läuft. Die Verkaufsversion ist also kaum langsamer.
Im Honor 9 steckt der selbe Prozessor wie in Huaweis Top-Geräten Mate 9, P10 und P10 Plus
Beim Einrichten lassen sich Apps und Daten von Smartphones anderer Marken problemlos übertragen
Wahlweise lässt sich statt einer SD-Speicherkarte auch eine zweite SIM-Karte einfügen
Auf dem Handy ist leider Bloatware vorinstalliert (also Apps und Spiele von Drittanbietern), die sich aber löschen lassen
Das Honor 9 wird mit Android 7 ausgeliefert. Laut Huawei ist «ein Update auf Android 8 per Ende Januar 2018 geplant».
Huaweis Benutzeroberfläche bietet unzählige Einstelloptionen und erinnert ein bisschen an Apples iOS
Die Huawei-eigene Benutzeroberfläche wirkt wie ein Mix aus Android und iOS. Ob man das mag, ist Geschmacksache. Auf jeden Fall sollten Android- und iPhone-Nutzer so gleichermassen schnell mit einem Huawei- bzw. Honor-Smartphne klarkommen.
Huaweis eigene Benutzeroberfläche hat den Nachteil, dass es auch mal länger dauern kann, bis Updates eintreffen.
Der Fingerabdruck-Scanner im Home-Button arbeitet schnell und zuverlässig
Die Zurück- und App-Wechseln-Buttons werden auf dem Gehäuse nur als punktförmige LEDs links und rechts des Home-Buttons angezeigt. Das sieht schick aus und funktioniert in der Praxis einwandfrei.
Das Fazit:
Das Honor 9 bietet ein gelungenes Gesamtpaket zu einem vernünftigen Preis und macht den Geräten aus dem eigenen Haus (Huawei P10, Mate 9) aber auch jedem anderen Smartphone aus der Oberklasse Konkurrenz. Es ist eines der aktuell besten Smartphones für alle, die Qualität und gutes Design möchten – und damit leben können, auch mal etwas länger auf ein Update zu warten.
Was mir am Honor 9 gefällt:
- Schickes Design und sehr gute Verarbeitung
- Gerät liegt sehr gut in der Hand
- Gutes Display
- Gute Dual-Kamera
- Gute Akkulaufzeit
- Fingerabdruck-Sensor im Home-Button ist schnell und zuverlässig
- Speicher erweiterbar (bzw. alternativ zweite SIM-Karte nutzbar)
- Kopfhöreranschluss vorhanden
- Huaweis eigene Benutzeroberfläche läuft flüssig
- Sehr guter Preis für das Gebotene (400 bis 450 Franken)
Was mir nicht gefällt:
- Nicht vollständig wasserfest
- Akkuladezeit könnte schneller sein
- Kein kabelloses Laden
- Akku nicht wechselbar
- Display nicht für VR-Anwendungen geeignet
- Videokamera eher schwach
- Mit USB-C 2.0 ist keine superschnelle Datenübertragung möglich
- Andere Smartphones erhalten Updates schneller (wer schnellere Updates möchte, sollte sich Googles Pixel-Phones Nokia-Smartphones oder Apples iPhone mit iOS anschauen)
Das Honor 9 in Zahlen
- Display: 5,15-Zoll-IPS-Display (1920 x 1080 Pixel), 429 PPI
- Prozessor: HiSilicon Kirin 960 (4 Cortex A73 x 2,4GHz, 4 Cortex A53 x 1,8GHz, entspricht ungefähr Snapdragon 835)
- Arbeitsspeicher: 4 GB RAM
- Speicher: 64 GB, erweiterbar per microSD-Karte
- Kamera: Dual-Kamera, 20 MP (Monochrom) plus 12 MP (Farbe), f/2.2, Phase-Detection-Autofokus, Laserfokus, 2-facher Hybrid-Zoom, Dual-LED-Flash, elektronische Bildstabilisierung (EIS)
- Front-Kamera: 8 MP, f/2.0
- Akku: 3200 mAh, nicht auswechselbar
- Sensoren: Fingerprintsensor (vorne), Beschleunigungssensor, Gyrosensor (Drehbewegungen), Licht und Annäherungssensor, Kompass, Infrarotsensor
- Konnektivität: WiFi 802.11 a/b/g/n/ac, Bluetooth: 4.2, A2DP, LE, NFCA-GPS, GLONASS, BDS, Dual-Sim
- Gewicht: 155 Gramm
- Betriebssystem: Android 7.0 (EMUI 5.1), Update auf Android 8 für Ende Januar 2018 geplant
Hinweis: Das Testgerät wurde uns für die Dauer des Tests von Huawei zur Verfügung gestellt.