Ein Schuss von «Castlevania» sowie «Metroid» plus eine Prise von «Ghosts and Goblins» und fertig ist dieser Retro-Streich, möchte man meinen. Doch in «Infernax» steckt viel, viel mehr als der Titel auf den ersten Blick preisgibt.
Nach längerer Abwesenheit kehrt der Held unserer Geschichte aus der Ferne zurück, um seine Geburtsstätte aufzusuchen. Nach intensivem Heimweh und Weltschmerz in der Brust zieht es den holden Krieger in den Schoss der Heimat zurück. Die Vorfreude ist gross, doch schnell zerbricht diese, als er erkennt, dass Untote, Monster und andere Geisterwesen die Heimat überfallen haben. Wo liegt die Quelle dieses Fluches und wie kann sie zerstört werden?
So schnetzelt er sich denn durch herannahende Zombie-Gruppen und andere Ausgeburten der Hölle in sein Dorf und hinterlässt eine Blutspur. Es wird nicht die letzte sein. Nach den ersten Gesprächen mit Gelehrten und anderen Dorfbewohnerinnen wird klar, dass hier dämonische Kräfte das Land heimgesucht haben und diese nun Schritt für Schritt vernichtet werden müssen.
Um wieder für Recht und Ordnung zu sorgen wird ein weitläufiges Gebiet durchforstet. Es gibt die klassischen Friedhöfe, düstere Burgen und Kirchen sowie Wälder und andere Landschaften zu entdecken, die oft in einer Sackgasse enden und nur mit einer bestimmten Waffe oder mit noch nicht erworbenen Fähigkeiten passierbar sind.
So irrt der Retter vorerst ein bisschen in der Gegend herum, bis das eine zum anderen führt und endlich der Weg fortgesetzt werden darf. Hinweise zur Story gibt es vereinzelt immer wieder mal von Weggesellen oder man widmet sich einzelnen Nebenschauplätzen um Zusatzfähigkeiten oder spezielle Items zu erhaschen.
Für welchen geografischen Kurs sich der Held auch entscheiden mag, das Spielprinzip orientiert sich dabei an der klassischen Abenteuer-Struktur. Doch wer sich den Nebenquests widmet erkennt bald, dass diese Auswirkungen auf den weiteren Spielverlauf haben.
Rette ich einen Handwerker vor Dieben oder vertrete ich gar die Absichten eines mysteriösen Kultes, der mich anwerben möchte? Bestimmte Entscheidungsmomente haben klare Auswirkungen auf den weiteren Spielverlauf. Da wird das erneute Durchspielen nach etwa acht Stunden zur Pflicht, wenn man vom Spiel alle Geheimnisse und Weggabelungen entdecken möchte.
Ist die Anzahl der Angriffsmöglichkeiten zu Beginn noch sehr überschaubar, kommen im Verlaufe des Spiels immer neue Waffen und Zauber-Fähigkeiten hinzu, die den Charakter stärker machen.
Dann macht es plötzlich Klick und der vorerst versperrte Weg ist endlich passierbar und die Jagd darf weitergehen. Und natürlich dürfen auch Zwischenbosse und grössere Level-Endgegner in Burg-Dungeons nicht fehlen, die euch eine besondere Belohnung nach dem Ableben schenken.
Wer nicht warten möchte, kann die Goldmünzen, die von den Gegnern hinterlassen werden, beispielsweise beim Schmied gegen eine bessere Ausrüstung eintauschen. Herrlich: Trotz Auflevel-Optionen und kleinen Rollenspiel-Elementen bleibt das Spiel, vor allem die Steuerung, immer schön übersichtlich.
Einige Abschnitte wirken zu Beginn ganz schön verschachtelt. Ein Blick auf die Karte sorgt dabei für die nötige Übersicht. Verspürt man derweilen öfters den Frust und die Hilflosigkeit im Nacken, ist das Gefühl der Erlösung oder der Erkenntnis des Weiterkommens dann umso grösser.
Frust liefert auch der ganz schön happige Schwierigkeitsgrad, der auf normaler Stufe für eine Reihe von Fluchwörtern sorgt. Denn die Gegner, auch wenn sie noch so klein scheinen, sind ganz schön aggressiv und fast jeder braucht eine bestimmte Strategie, wenn man nicht sofort wichtige Energie beim Zusammenprall verlieren möchte.
Auch die einzelnen Sprung-Passagen, die eine punktgenaue und rechtzeitige Navigation erfordern, sorgen für Nervenflattern. Zum Glück gibt es einen tieferen Schwierigkeitsgrad, der das Ganze erträglicher macht aber immer noch eine Herausforderung ist. Wer sich aber reinfuchst und die Monster sowie die Levels genau studiert, wird auf seinem blutigen Pfad regelmässig einen Fortschritt verzeichnen können.
«Infernax» sieht auf den ersten Blick simpel und spartanisch aus. Aber unter der Pixel-Oberfläche verbirgt sich viel mehr. Je länger man in diese Welt voller Fantasy und Horror hinabtaucht, desto mehr und mehr offenbart sich, wie viel Detailliebe Berzerk Studio hier reingesteckt hat. Klar, das Oldschool-Sidescrolling-Gerüst ist optischer Minimalismus, aber dennoch gibt es in den unterschiedlichen Schauplätzen viel zu entdecken und versteckte Gebiete zu erkunden.
Viele Hintergründe und Objekte wurden herzallerliebst animiert und zitieren bekannte Genre-Vertreter aus der Vergangenheit. Hübsch und einfach animierte Zwischensequenzen sorgen für zusätzliches Retro-Flair und pumpen die Dramaturgie nach oben.
Auch die zahlreichen Gore- und Splatter-Effekte, vor allem wenn unser Held wieder mal ins digitale Gras beissen muss, sind eine wahre Augenweide für den Genre-Fan und wunderschöne Pixelkunst. Ebenfalls wunderschön: Das Abenteuer wurde zusätzlich mit dem passenden Retro-Soundtrack beglückt. Und zwar genau so wie wir Puristen es aus der Vergangenheit kennen und lieben.
Fazit: «Infernax» ist ein kompaktes, sehr gut strukturiertes Retro-Abenteuer geworden, das nicht nur durch die charmante Aufmachung überzeugt, sondern auch mit seiner überraschenden Spieltiefe für unterhaltsame Stunden sorgt.
Der Schwierigkeitsgrad bleibt jederzeit bissig und kann schon mal zur Verzweiflung führen. Aber wer sich mit dem Spiel richtig auseinandersetzt und die Herausforderung annimmt, bekommt einen besonderen Leckerbissen serviert, der das Retro-Herz erfreut und mit der blutigen Optik jederzeit für grosse Augen sorgt.
«Infernax» ist erhältlich für Nintendo Switch, Playstation 4, Xbox Series X/S, Xbox One und PC. Freigegeben ab 16 Jahren.