Schweiz
Deutschland

SPON-Kolumnistin und Feministin Margarete Stokowski

margarete stokowski
«Radikalität ist keine Keule», sagt Margarete Stokowski. Sie will Genauigkeit. Und Whisky.Bild: Rowohlt verlag

Margarete Stokowski ist Deutschlands feministische Präzisions-Waffe

Die 30-jährige SPON-Kolumnistin kommt mit ihrem Buch «Untenrum frei» nach Zürich. Es ist lustig, laut – und tragisch.
06.02.2017, 15:2906.02.2017, 21:41
Simone Meier
Mehr «Schweiz»

Unter all den hirnverbrannten Nestern, in denen im Internet ein paar irre Gestalten ihren Blödsinn ausbrüten, ist der Blog WikiMANNia eines der grusligsten. Die deutsche Ausgabe schreibt «Welcome, Mr. Trump» und «Make Russia, Make Germany Great Again».

In den Einträgen zu prominenten Frauen heisst es bei Angela Merkel «führende Obama-Versteherin». Bei Literaturnobelpreis-Trägerin Elfriede Jelinek steht: «Dieser Artikel behandelt ekelerregende Themen.» Bei Margarete Stokowski: «Versucht feministische Phamplete als Journalismus zu tarnen.» Ja, sie schreiben da «Phamplete». 

24 unfassbar sexistische Werbungen, die tatsächlich mal gedruckt wurden

1 / 26
24 krass sexistische Werbungen, die tatsächlich mal gedruckt wurden
In einer fernen Zukunft werden gar Frauen auf den Mond fliegen!
Und dort werden sie ... putzen.
quelle: thoughtcatalog/neatdesigns/huffpo / thoughtcatalog/neatdesigns/huffpo
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Nun hat Margarete Stokowski noch nie versucht, etwas als irgendwas anderes zu tarnen. Erst recht nicht ihren Feminismus. Und schon gar nicht als Journalismus. Sie schreibt nämlich Kolumnen für «Spiegel Online», und Kolumnen sind per se persönlich, anwaltschaftlich und gelegentlich sehr emotional. Kolumnen sind der brennende Shot Whisky nach dem ausgewogenen Mahl der Zeitungslektüre.

Margarete Stokowski ist in ihren Kolumnen auf elitäre Art salopp, geisteswissenschaftliche Fächer an der Uni nennt sie «Laberfächer» (stimmt ja auch), um dann wieder mit einem Hölderlin-Zitat gegen Trump zu ziehen und die rosa «Muschimützen» zu analysieren. Und sie ist ein Lichtblick: Sie ist die deutschsprachige Laurie Penny.

Okay, fast. Die Britin Laurie Penny, 30, ist die schärfste, intelligenteste und radikalste junge Frau, die auf der Oberfläche unseres Planeten schreibt. Für den «Guardian», die «Times», den «Independent». Und: Laurie Penny hat Zugang zu den Weltzentren der Macht, es gibt für sie keine Grenzen. Da ist also noch ein kleiner Unterschied zwischen den beiden Autorinnen. Eigentlich ist das unfair. Denn Margarete Stokowski ist auf dem deutschsprachigen Markt zweifellos eine der ganz Grossen. Nicht nur unter dem Nachwuchs.

Zur Abwechslung schauen wir einfach mal Typen auf ihren mühevoll gebuildeten Bauch

1 / 26
Und wie gebuildet bist du? 24 Gründe für (oder auch gegen) Beach Bodys.
Ronaldo ist ein total gebuildeter Mann.
quelle: men's health
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Jetzt hat sie ein Buch geschrieben. Es heisst «Untenrum frei» und ist ihr feministisches Manifest. Es ist – wie ihre Kolumnen – enorm lustig. «In der Vorschule bin ich beim ‹Vater-Mutter-Kind›-Spielen ziemlich oft der Hund», schreibt sie. Oder dass das Wort «Vulva» für sie «irgendwo zwischen Volvo und Pulpo» liege. Ihr Buch ist total persönlich. Ganz nach der klassischen Frauenbewegungs-Maxime, dass das Private politisch sei.

Ihr Buch erzählt ihr Leben. Gut, das Leben ist noch nicht besonders lang, gerade mal 30 Jahre, aber bietet schon genug Erinnerungsgewebe, um die ganze verdammte Geschlechterproblematik unserer Tage durchzudeklinieren. Genau in der Mitte des Buches ist sie 16, magersüchtig und wird von Schachlehrer Rüdiger vergewaltigt.

Das war Jahrzehnte lang die einzige Sexualerziehung: Die seltsamsten Fragen an Dr. Sommer in der «Bravo»

1 / 22
Weil es Sommer ist: Die seltsamsten Fragen an Dr. Sommer
bild: screenshot youtube/elramonitochannel, bearbeitung watson
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Vorher ist sie in einem naiven rosa Nebel aus «Bravo»-Kolumnen und mangelnder Sexualerziehung gefangen. Danach beginnt, was Beyoncé «Formation» nennt. Danach studiert sie Philosophie und Sozialwissenschaften, frisst sich voll mit Wissen, Fakten, Zahlen, Argumenten, liest jedes Buch seit Simone de Beauvoirs «Das andere Geschlecht», macht ihr Wort zur Waffe: «Denn Radikalität ist keine Keule, sondern eine Frage der Präzision.»

Margarete Stokowski glaubt mit aller Kraft an den Wandel zum Guten. Durch die Gemeinschaft Gleichgesinnter. Natürlich liest sich das auch pathetisch, aber sie hat ja Recht. Denn ohne das Pathos der Überhöhung und Übertreibung, der Idealisierung und Idolisierung würden so schöne Dinge wie die Popmusik oder die Liebe schliesslich niemals zustande kommen. Und erst recht keine Revolution.

Margarete Stokowski tritt am Dienstag, 7. Februar, um 19.30 Uhr im Literaturhaus Zürich auf. 

Ihre britische Kollegin Laurie Penny ist am Mittwoch, 8. März, im Zürcher Kaufleuten Club zu Gast.

Frauen-Themen, Feminismus, Sexismus, Gesellschaft

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
15 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Ruefe
06.02.2017 18:15registriert August 2015
Dank den Men's Health Covers fühle ich mich jetzt unglaublich männlich. Und heiser, da ich alle Schlagzeilen getreu der Schriftgrösse in rauer, tiefer und extrem männlicher Stimme vor mich hin reden musste.
Worum gings nochmal in dem Artikel?
10
Melden
Zum Kommentar
avatar
Marbek
07.02.2017 09:16registriert September 2015
Stokowski gehört absolut zu meinen Spiegel-Highlights. Sie ist allerdings für Männer, die sich und ihre Männlichkeit durch den Feminismus bedroht sehen, ziemlich ungeniessbar :-)
01
Melden
Zum Kommentar
avatar
Abraxas
06.02.2017 17:45registriert Juni 2016
Oh mein Gott! Gebt euch mal ein paar Wiki-Einträge auf WikiMANNia. Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es zum Schreien komisch.
00
Melden
Zum Kommentar
15
Hausbrand in Nidfurn GL von Selbstmörder gelegt

Der Hausbrand in Nidfurn GL von letzter Woche ist nach neuen Erkenntnissen der Polizei vom tot aufgefunden Hausbewohner gelegt worden. Wie die Kantonspolizei Glarus am Donnerstag mitteilte, erschoss sich der 48-Jährige unmittelbar nach der Brandlegung.

Zur Story