Damals, als in den Zügen der SBB gequalmt wurde, was das Zeug hielt
Schaut euch mal dieses Bild an – aufgenommen im Zürcher Hauptbahnhof am 16. Oktober 1974! Was fällt auf?
Genau hinsehen!
Jap – das ist ein Raucherwagen der SBB.
Anno dazumal war das Rauchen weitverbreitet – im Privaten wie auch im öffentlichen Raum. Auch im öffentlichen Verkehr. Ob im Bahnhofsbereich (hier ein Bild von Genève-Cornavin, 1962) ...
... oder im Zug selbst (Zürich HB, 1958) ...
... überall wurde geraucht.
Ob alleine unterwegs (Bild aus dem Jahr 1951) ...
... oder beim Familienausflug (1960).
In den Bahnhöfen der Schweiz (hier ein Foto der Zürcher Bahnhofshalle im September 1941) war Zigarettenwerbung allgegenwärtig, ...
... und im Angebot der SBB-Minibar gab es nicht nur Kaffee, Snacks und Erfrischungsgetränke, sondern auch Zigis (Bild aus dem Jahr 1962):
Und so blieb es jahrzehntelang (Foto von 1976) ...
... bis ins neue Jahrtausend (Bild von 2003).
Und nicht bloss Zigaretten: Im Raucherabteil der ersten Klasse konnte es gut und gerne geschehen, dass ein Fahrgast sich einen Stumpen anzündete (Foto aus dem Jahr 2003).
Vielleicht mag sich der eine oder andere erinnern, ...
... an jene Mini-Aschenbecher in der Armlehne, ...
... die ziemlich genau IMMER übervoll waren.
Oder daran, dass die Raucher- und Nichtraucher-Abteile mal farbkodiert waren: rote Sitzpolster im Raucher-, grüne im Nichtraucher-Abteil.
Und manch ein Nichtraucher mag sich erinnern, weshalb er sich trotz Zigi-Geruch gerne mal im Raucherwagen setzte:
Es hatte meist mehr Platz. Und keine quengelnde Kinder.
Okay, wenn die Reisestrecke von Rekruten genutzt wurde, war es mit dem Platzangebot schnell mal vorbei.
Doch über die Jahrzehnte wurden die Raucherabteile immer weniger genutzt. Bereits im Jahr 2000 reduzierten die SBB die Zahl der Raucherplätze von 50 auf 20 Prozent aller Sitzplätze pro Zug.
Am Schluss sei pro Vierer-Raucherabteil durchschnittlich höchstens noch eine Person gesessen.
Hier ein Bild aus dem Jahr 2005 – zwei Sachen fallen auf:
Eine Rauchende im Zug und eine Pendlerzeitung – beides Relikte einer vergangenen Ära.
Am 11. Dezember 2005 war dann endgültig ausgequalmt. Gleichzeitig mit dem Fahrplanwechsel führten die SBB das Rauchverbot in Zügen ein. Im Vorfeld kündigten sie den Wechsel mit einer Plakatkampagne an:
Ob die Kids von heute den Zusammenhang checken? So omnipräsent war die Bildsprache der Zigarettenindustrie anno 2005, dass damals wohl jedes Kind die Assoziation zu einem Kamel oder einem Cowboy verstand.
(Gemeint sind Camel- und Marlboro-Zigaretten, liebe Gen-Z-ler!)
Am Tage der Einführung des Verbots schickte die Bildagentur Keystone ihre Fotografen los, um Bilder von Rauchenden zu machen, ...
... die sich nun urplötzlich daran gewöhnen mussten, fünf Minuten vor Abfahrt des Zuges vor Ort zu sein, wollten sie sich noch ihren Nikotin-Flash für die Zugfahrt noch reinziehen.
Das Rauchverbot galt auch für geschlossene Räume wie Schalterhallen, Wartesäle und «Perronhallen mit beschränkter Luftzufuhr». Letzteres sorgte ab und an für Unklarheit.
2019 verboten die SBB den Reisenden flächendeckend auch das Rauchen an Bahnhöfen und auf den Perrons.
