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Die Schweiz scheidet an der EM in Holland in der Gruppenphase aus

Frauen-EM, Gruppenphase
Schweiz – Frankreich 1:1 (1:0)
Island – Österreich 0:3 (0:2)
Switzerland's midfielder Lara Dickenmann, left, comforts her teammate goalkeeper Gaelle Thalmann after taking a goal, right, during the UEFA Women's Euro 2017 group C preliminary round match ...
Torhüterin Gaëlle Thalmann mit dem entscheidenden Fehler – Captain Lara Dickenmann tröstet.Bild: KEYSTONE

«Es tut mir Leid für die Mannschaft» – Goalie-Flop kostet der Schweiz den Viertelfinal

Die Schweizer Frauen-Nationalmannschaft hat an der EM in der Niederlande die Qualifikation für die Viertelfinals verpasst. Beim 1:1 gegen Frankreich in Breda verfehlte die SFV-Auswahl den zwingend nötigen Sieg, nachdem sie bis zur 76. Minute noch 1:0 geführt hatte.
26.07.2017, 22:5227.07.2017, 08:00
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» Hier gibt's den Liveticker der Partie zum Nachlesen.

Ein direkt verwandelter Freistoss von Camille Abily eine Viertelstunde vor Schluss liess die Schweizer Träume vom grossen Coup gegen die Nummer 3 des FIFA-Rankings platzen. Die Nummer 10 von «Les Bleues» glich den Führungstreffer von Ana-Maria Crnogorcevic (19.) zum 1:1 aus und bewahrte den Turnier-Mitfavoriten vor dem blamablen Ausscheiden nach der Vorrunde.

Zur tragischen Figur im Schweizer Team avancierte Torhüterin Gaëlle Thalmann, die den nicht allzu scharf und platziert geschossenen Ball passieren liess. Ausgerechnet Thalmann, die zuvor keine Schwächen gezeigt und in der ersten Halbzeit die Schweizerinnen mit zwei Glanzparaden vor einem Gegentreffer bewahrt hatte.

«Ich wollte den Ball über die Latte lenken.»
Gaëlle Thalmann
Das eine Gegentor zuviel – ein klarer Goalie-Fehler.Video: streamable

«Es tut mir Leid für die Mannschaft», sagte Thalmann. «Wir haben super gekämpft und gespielt. Es war ein Handfehler. Ich wollte den Ball über die Latte lenken.»

Die toll herausgespielte Führung der Schweiz.Video: streamable

In der Schlussphase stemmte sich die SFV-Auswahl zwar noch einmal gegen das Ausscheiden. In der 83. Minute traf Ana-Maria Crnogorcevic nach einem Corner aus aussichtsreicher Situation den Ball nicht richtig, Sekunden vor dem Schlusspfiff bot sich Ramona Bachmann noch eine Freistosschance. Der Schuss der Chelsea-Stürmerin parierte Sarah Bouhaddi im französischen Tor aber souverän.

«Wir haben versucht zu kämpfen und Gas zu geben, es hat nicht gereicht. Im Nachhinein ärgere ich mich über das erste Spiel, welches wir völlig verkackt haben.»
Ana-Maria Crnogorcevic

Als «Spiel des Jahres» hatte Martina Voss-Tecklenburg das Spiel gegen die Nummer 3 der Weltrangliste bezeichnet. Dementsprechend engagiert und konzentriert traten die Schweizerinnen von der ersten Minute an auf. Sie waren sich der Wichtigkeit der Aufgabe bewusst und boten eine disziplinierte und kämpferisch einwandfreie Leistung. Und nach dem Platzverweis gegen Eve Perisset (17.) und dem 1:0 durch Crnogorcevic kontrollierten sie gegen die technisch und spielerisch starken Französinnen über weite Strecken die Partie – bis sie durch den Faux-pas Thalmanns um die Früchte ihrer Arbeit gebracht wurden.

Immer wieder Wirbelwind Bachmann

Die Taktik der Schweizerinnen war bis zu diesem Zeitpunkt perfekt aufgegangen. Voss-Tecklenburg organisierte ihre Mannschaft in einem 4-1-4-1-System, um die Räume in der Defensive eng zu machen. Auf der rechten Seite brachte sie erstmals an diesem Turnier von Beginn an die schnelle Eseosa Aigbogun, die zusammen mit Lara Dickenmann auf der linken Seite die einzige Stürmerin Bachmann unterstützen sollte.

Der Plan funktionierte. Mit ihrer Schnelligkeit stellte Bachmann die französische Defensive immer wieder vor Probleme. Sowohl Wendie Renard (14.) als auch Perisset (17.) konnten die Chelsea-Angreiferin nur mit einem Foul stoppen, wobei Perisset wegen einer Notbremse folgerichtig des Feldes verwiesen wurde. Der anschliessende Freistoss führte zum Führungstreffer durch Crnogorcevic, die ihren 48. Länderspieltreffer erzielte, was der SFV-Auswahl noch mehr in die Karte spielte.

Der frühe Platzverweis, herausgeholt durch Ramona Bachmann.Video: streamable

Hypothek des Startspiels wog zu schwer

Der grosse Coup wäre für die SFV-Auswahl zum Greifen gewesen. Die Qualifikation für die K.o.-Phase vergaben die Schweizerinnen allerdings nicht im Duell mit der Nummer 3 der Weltrangliste. Auch wenn die Französinnen sich durch die Gruppenphase zitterten, «Les Bleues» sind unter Coach Olivier Echouafni seit mittlerweile 14 Spielen ungeschlagen.

«Ich glaube, wir haben eine tolle Leistung gezeigt. Mehr geht nicht, was Leidenschaft und Einsatz angeht. Es ist einfach ein Scheissgefühl. Mit schwindender Kraft fehlte etwas die Präzision.»
Trainerin Martina Voss-Tecklenburg

Die letzte Niederlage kassierte Frankreich an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro in den Viertelfinals gegen Kanada. Seither bezwangen die Französinnen unter anderen England, Spanien, die USA und die Niederlande, spielten gegen Brasilien und Deutschland Remis und triumphierten im Frühjahr am topbesetzten SheBelives Cup in den USA.

Aus Sicht der Schweizerinnen wog letztlich die Hypothek aus dem Startspiel gegen Österreich zu schwer, als sie mit ihrer Rolle des Favoriten nicht klar kamen und nach einem schwachen Auftritt 0:1 verloren. Dieser Aussetzer liess sich nicht mehr korrigieren, auch wenn gegen Island und Frankreich eine klare Leistungssteigerung gelang und der erste Sieg und die ersten Tore in der EM-Geschichte resultierten.

«Es ist schwer, jetzt Trost zu spenden (an Goalie Gaëlle Thalmann). Das ist halt das Leben eines Torhüters, mal bist du der Held, dann lässt du eine rein. Gaëlle ist aber stark genug, um damit umzugehen.»
Martina Voss-Tecklenburg

Österreich erstmals im EM-Viertelfinal

Im Gegensatz zur Schweiz qualifizierten sich Österreichs Fussballerinnen gleich bei ihrer ersten EM-Teilnahme für die Viertelfinals. Im letzten Gruppenspiel setzten sie sich auch gegen das punktelose Island durch. Sarah Zadrazil und Nina Burger vor der Pause und Stefanie Enzinger kurz vor Schluss schossen die Tore zum nie gefährdeten 3:0-Sieg.

Österreich, das zum Auftakt die Schweiz überraschend 1:0 bezwungen hatte, sicherte sich damit ungeschlagen und noch vor Mitfavorit Frankreich den Gruppensieg.

Das Telegramm

Schweiz - Frankreich 1:1 (0:1) Breda. - 3347 Zuschauer. - SR Kulcsar (HUN).
Tore: 19. Crnogorcevic (Freistoss Moser) 0:1. 76 Abily (Freistoss) 1:1.
Schweiz: Thalmann; Crnogorcevic, Kiwic, Wälti, Maritz; Bernauer; Aigbogun (79. Terchoun), Zehnder (80. Reuteler), Moser (65. Calligaris), Dickenmann; Bachmann.
Frankreich: Bouhaddi; Perisset, Mbock, Renard, Karchaoui; Geyoro, Henry; Abily (88. Thiney); Diani (83. Houara), Le Sommer, Lavogez (71. Delie).
Bemerkungen: 17. Platzverweis Perisset (Notbremse). Verwarnungen: 14. Renard (Foul). 43. Henry (Unsportlichkeit). 66. Bernauer (Foul). 68. Calligaris (Foul). 72. Dickenmann (Unsportlichkeit/im Viertelfinal gesperrt).

Island - Österreich 0:3 (0:2) Rotterdam (NED). - SR Hussein (GER).
Tore: 36. Zadrazil 0:1. 44. Burger 0:2. 90. Enzinger 0:3. (sda)

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52 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Kieran Murphy
27.07.2017 07:34registriert Januar 2016
Die Bildunterschrift "die toll herausgespielte Führung der Schweiz" (es war eine 08/15 Standardsituation) zeigt wunderbar, wie übertrieben die Medien versuchen diese Kick-and-Rush-Truppe zu hypen.
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fcsg
27.07.2017 07:41registriert Juni 2015
Ganz ehrlich, was ich gestern gesehen habe, enttäuscht mich masslos. Da redet man immer davon, das Frauenfussball technisch auf Augenhöhe sei etc. Es gibt aber während 90 Minuten nicht einen (!) sauber herausgespielten Angriff, ja nicht einmal desn Ansatz eines Spielaufbaus. Die CH-innen versuchten den Ball einfach irgendwie zu Bachmann durchzuwürgen und hofften auf ein Wunder. Frankreich war aber auch nicht besser, obwohl das noch Favoritinnen sein sollen! Da haben U-13 Spiele mehr Qualität.
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beaetel
26.07.2017 23:58registriert Januar 2014
Kämpferisch super - aber Ball halten, zusammenspielen, den Gegner laufen lassen scheint nicht zum Konzept zu gehören. Einfach nur den Ball nach vorne hauen und hoffen, Bachmann macht es schon, hat mich schon ein bisschen enttäuscht. Die Spielerinnen könnten das mit Sicherheit. Warum die Trainerin so spielen lässt, ist für mich unverständlich. Aber das war schon an der WM so. Schade für die Mühe.
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