Es ist wieder soweit: Die Stunde, die uns im Frühling gestohlen wurde, haben wir in der Nacht auf Sonntag zurückbekommen. Die Umstellung von Sommerzeit auf Normalzeit erfolgte heute Sonntag, den 30. Oktober 2016: Um 03.00 Uhr wurden die Uhren um eine Stunde auf 02.00 Uhr zurückgestellt.
Die Zeitumstellung – die streng genommen nur eine Uhrumstellung ist – bringt manche Menschen jedes Mal, zweimal im Jahr, durcheinander. Grund genug, wieder einmal ein paar Fakten dazu in Erinnerung zu rufen.
Beim Wechsel von der Sommerzeit zur Normalzeit, der in Mitteleuropa stets am letzten Sonntag im Oktober erfolgt, müssen die Uhren um eine Stunde zurückgestellt werden – man gewinnt eine zusätzliche Stunde. Als Eselsbrücke kann man sich den Spruch «Im Winter stellt man die Uhr hinter» merken. Eine andere Eselsbrücke ist, dass die Uhren immer in Richtung auf den Sommer gestellt werden. Im Frühling also vor und im Herbst zurück.
Im Frühling beginnt die Sommerzeit jeweils am letzten Sonntag im März. Die Uhr springt dann von 2.00 Uhr direkt auf 3.00 Uhr vor – man verliert eine Stunde (die man im Herbst dann gewissermassen zurückerhält).
Die Sommerzeit ist eine Abweichung von der Normalzeit (die manchmal auch als «Winterzeit» bezeichnet wird, was aber zumindest offiziell nicht korrekt ist).
Wenn ein Zug in der Nacht über die Stunde der Zeitumstellung hinweg unterwegs ist, kommt der Fahrplan durcheinander. In Deutschland halten die betroffenen Züge deshalb an einem Bahnhof auf der Strecke und warten eine Stunde – um dann pünktlich anzukommen. Wenn im Fahrplan eine Abfahrt zwischen 02.00 und 03.00 Uhr vorgesehen ist, müssen zwei Züge starten – jeweils einer nach neuer und alter Zeit.
Dies geschieht auch in der Schweiz, zumindest im Grossraum Zürich, wo die Nachtzüge in der betreffenden Stunde ebenfalls doppelt geführt werden. Auch das ZVV-Nachtnetz passt sich der Zeitumstellung an und ist eine zusätzliche Stunde in Betrieb. Dagegen kommt es nicht vor, dass Züge eine Stunde am Bahnhof warten müssen, wie SBB-Mediensprecher Reto Schärli sagt. Um diese Zeit ist in der Schweiz kein Fernverkehr auf den Schienen.
Beim Flugverkehr hat die Zeitumstellung kaum Auswirkungen: Die Flugzeuge richten sich generell nach der koordinierten Weltzeit (UTC), die 1972 eingeführt wurde.
Erstmals eingeführt wurde die Sommerzeit mitten im Ersten Weltkrieg, wenn auch nur vorübergehend: 1916 gingen das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn zur Sommerzeit über, um durch die Nutzung des natürlichen Tageslichts Energie zu sparen. Die Schweiz führte die Sommerzeit vorübergehend im Zweiten Weltkrieg ein: 1941 und 1942 galt sie von Anfang Mai bis Anfang Oktober.
Als Reaktion auf die Ölkrise 1973 entschieden sich die Länder der Europäischen Gemeinschaft zur Einführung der Sommerzeit. Um keine Zeitinsel zu werden, beschloss die Schweiz 1977, ab 1980 ebenfalls zur Sommerzeit überzugehen. Doch dagegen wurde das Referendum ergriffen, und am 29. Mai 1978 schickte das Stimmvolk die Sommerzeit klar bachab. Besonders die Bauern waren gegen die Einführung; sie fürchteten um die Milchleistung ihrer Kühe.
1980 kam die Quittung: Die Schweiz war im Sommer dieses Jahres eine Zeitinsel mit Normalzeit in einem Meer von Nachbarstaaten mit Sommerzeit. Ein neues Zeitgesetz beendete den unhaltbaren Zustand; diesmal kam das Referendum nicht zustande. Im Sommer 1981 gingen die Schweizer Uhren wieder im Gleichklang mit denen der Nachbarländer.
Die Zeitumstellung bringt unseren Biorhythmus durcheinander. Das liegt am Hormon Melatonin, das den Tag-Nacht-Rhythmus steuert: Seine Ausschüttung passt sich der Zeitumstellung mit einer gewissen Verzögerung an. Tröstlich für uns: Die jetzt anstehende Zeitumstellung wird uns körperlich weniger fordern als jene im Frühling, weil wir nicht plötzlich früher aufstehen müssen.
Unser Körper gewöhnt sich allerdings in der Regel schnell an die Umstellung. Innerhalb von drei Tagen verkraftet ein gesunder Mensch auch bedeutend längere Zeitverschiebungen, wie sie zum Beispiel bei Fernreisen vorkommen. Dennoch sind wir in diesem Zeitraum anfälliger für Infekte und Erkältungen, denn die Immunabwehr leidet unter der Störung des Rhythmus.
Die meisten europäischen Länder und beinahe alle US-Bundesstaaten kennen die Sommerzeit. Russland hat die Zeitumstellung 2011 abgeschafft und lebt jetzt in permanenter Sommerzeit.
Heute kennt kaum ein Land in Äquatornähe die Sommerzeit. Der Grund dafür ist, dass es dort keinen Sinn hat, die Uhr umzustellen, denn die jahreszeitlichen Schwankungen der Dauer des Tageslichts werden Richtung Äquator immer kleiner. In Norddeutschland dagegen schwankt die Länge eines Tages – von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang – im Laufe eines Jahres um nicht weniger als zehn Stunden.
Auch an den Polen hat eine Zeitumstellung im Frühling und Herbst keinen Sinn, denn im Sommer geht die Sonne jenseits der Polarkreise gar nicht unter.
Das Argument für die Einführung der Sommerzeit war ursprünglich die Einsparung von Energie. Es ist jedoch umstritten, ob die Veschiebung der Tageslichtphase wirklich diesen Effekt hat. Eine Untersuchung des Energieverbrauchs in privaten Haushalten im US-Bundesstaat Indiana ergab 2008 sogar einen leichten Anstieg nach Umstellung auf Sommerzeit. Schuld daran waren ein erhöhter Heizbedarf in den Morgenstunden und ein Mehrverbrauch durch Klimaanlagen in den Abendstunden.
Auch in Deutschland wurde kein Energiespar-Effekt festgestellt, wie das Umweltbundesamt schon in den Neunzigerjahren feststellte.
Dieser Artikel wurde ein erstes Mal am 25. Oktober 2015 publiziert und erscheint nun in leicht angepasster Form erneut.