Kopftuch ist in der Öffentlichkeit okay, aber nicht an Schulen
Sie ist Lehrerin, Muslimin und Trägerin eines Khimar. Das ist ein besonderes Kopftuch, das eng am Gesicht anliegt und auch Hals und Schultern bedeckt. Den Khimar trägt sie konsequent in der Öffentlichkeit.
Das ist nichts Aussergewöhnliches und voll ok. Dass sie mit diesem Symbol für ihren muslimischen Glauben auch vor der Klasse stehen will, sorgte in Eschenbach SG für Aufregung und eine politische Diskussion.
Kein Problem, sagen manche, wir kennen in der Schweiz die Religionsfreiheit und das Selbstbestimmungsrecht. Geht gar nicht, erklären andere. Die Lehrerin ist eine radikale Muslimin mit einer Mission, die ihre religiöse Überzeugung direkt oder indirekt ins Klassenzimmer trägt.
Zum Islam konvertiert
Die junge Frau, die ursprünglich aus Bayern stammt, konvertierte 2021 als Mittelschülerin vom katholischen Glauben zum Islam und trägt seither das Kopftuch. Ihren Namen verrät sie aus verständlichen Gründen nicht.
Die junge Frau kam in die Schweiz und erwarb an der pädagogischen Schule St. Gallen das Lehrerinnenpatent. Als sie ihre Stelle in Eschenbach antreten wollte, protestierten manche Eltern. Medien berichteten über den Fall, was den Druck auf die Schulleitung erhöhte. Schliesslich knickte sie ein und annullierte den Vertrag.
Die Muslimin hielt sich anfänglich bedeckt, doch diese Woche sprach sie mit dem «Tages-Anzeiger» und legte ihre Sicht der Ereignisse dar. Dabei bekräftigte sie ihren Entscheid, am Tragen des Kopftuches festzuhalten. Sie trage den Khimar freiwillig und voller Stolz, weil es im Koran so festgehalten sei, erklärte sie.
Das bedeute nicht, dass sie deshalb ein reaktionäres Weltbild vertrete. «Was ich trage, ist Privatsache», sagte sie. Für den Khimar habe sie sich aus praktischen Gründen entschieden, erklärte sie dem Tages-Anzeiger. So entfalle das Rumfummeln an den Haaren. Na ja.
«Viele glauben mir nicht, wenn ich das sage: Aber der Khimar gibt mir Freiheit.» Das Kopftuch sei Privatsache und ein Akt der Selbstbestimmung, eben eine private Sache.
Das halte sie aber nicht davon ab, als Lehrerin die Vielfalt einer Gesellschaft aufzuzeigen. Dazu gehörten auch Homosexualität und queere Themen. Sie bestätigte gleichzeitig, dass man sich als Lehrperson immer auch ein Stück weit selber einbringe.
Die Auseinandersetzung um Lehrerinnen und Lehrer mit muslimischem Hintergrund ist nicht neu. Bei religiös moderaten Lehrpersonen ist das kein Problem, bei strenggläubigen schon.
Bundesgericht entscheidet, dass Schulen ein religionsfreier Raum sind
Das Bundesgericht fällte bereits 1997 ein Urteil. Es entschied gegen eine Lehrerin mit Kopftuch und wies darauf hin, dass Schulen ein religionsfreier Raum bleiben müssen. Die meisten Kantone kennen keine klaren Regeln. Allerdings haben Bern und Schwyz das Kopftuch in den Schulen verboten. Im St. Galler Kantonsrat unterstützten kürzlich Politikerinnen und Politiker von rechts bis links eine Motion, die das Tragen eines Kopftuches verbieten will.
Mein Kommentar: Verfechter des Kopftuches in Schulen führen in erster Linie die Religionsfreiheit an, die unter allen Umständen gewahrt werden müsse. Das gleiche Recht gilt aber auch für Schülerinnen und Schüler. Der Staat muss unter dem Gesichtspunkt der religiösen Neutralität sicherstellen, dass die Kinder und Jugendlichen nicht religiös beeinflusst werden.
Die islamische Lehrerin betont zwar, dass sie ihren Glauben nicht ins Schulzimmer tragen will. Ihr Verhalten und ihre Haltung lassen aber handfeste Zweifel an ihren Aussagen aufkommen.
Wer dem Tragen des Khimars eine solch grosse religiöse Bedeutung beimisst, ist sehr wahrscheinlich fundamentalistisch unterwegs. Der Glaube prägt ihr Bewusstsein, was den Missionswunsch verstärkt.
Persönliche Haltung färbt auf Schüler ab
Der Koran bestimmt ihr Weltbild, das man nicht an der Garderobe abgeben kann, sondern mit ins Schulzimmer trägt. Die Haltung dominiert die Persönlichkeit, die mehr oder weniger direkt auf die Schülerinnen und Schüler abfärbt. Ausserdem sind Konvertiten meist besonders radikal.
Wäre ihr der Beruf als Lehrerin sehr wichtig, hätte sie sich wenigstens zum Kompromiss durchringen können, ein gewöhnliches Kopftuch zu tragen. Doch sie nimmt lieber in Kauf, ihre berufliche Karriere aufs Spiel zu setzen, als auf ein Stück Tuch zu verzichten.
Kopftuch ist ein religiöses Symbol
Für Restriktionen in gewissen Fällen spricht auch, dass ein Kopftuch und erst recht ein Khimar ein religiöses Symbol sind. Solche haben in Schulzimmern nichts zu suchen wie das Kruzifix.
Die Lehrerin tut auch der grossen Mehrheit der moderaten Muslime keinen Gefallen. Mit ihrem Verhalten bedient sie die Vorurteile jener Leute, die islamophob sind und den Islam als existentielle Gefahr für die Schweiz sehen.
Mit seinem Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.
Du kannst Hugo Stamm auf Facebook folgen und seinen Podcast findest du auf YouTube.
