Zum Tod von Antonio Carluccio – meine 9 Lieblingsrezepte des Commendatore
Letzte Woche erreichte uns die traurige Nachricht aus London: Antonio Carluccio ist tot. Er wurde 80 Jahre alt.
Und so wurde mir einmal mehr bewusst, wie viel meiner Alltags-Küche ich diesem kurligen Opa aus dem Piemont verdanke. Leute, Carluccio ist der Grösste; so viele Rezepte und Gerichte, zu denen ich immer und immer wieder zurückkehre, lernte ich erstmals von seinen diversen Kochbüchern, die ihren Weg in mein Küchen-Büchergestell fanden.
Erst mit der Zeit wurde mir dann bewusst, welche grosse kulturelle Bedeutung Carluccio als Koch und Restaurantbetreiber in London seit den späten 80ern hatte. Etwa dass man es nicht zuletzt seinem Status als Celebrity Chef zu verdanken hat, dass heutzutage das durchschnittliche italienische Restaurant in Grossbritannien tendenziell besser ist als das Äquivalent in anderen Ländern ausserhalb Italiens. Dass er einem internationalen Publikum klar machte, dass Regionalismus die Kochtradition seiner Heimat prägte. Dass anno dazumal ein junger Koch namens Jamie Oliver bei ihm im Neal Street Restaurant in Covent Garden anfing und bis heute seine Liebe für alles Italienische dieser Erfahrung verdankt.
Es gab grossartige BBC-Dokus, in denen der Commendatore (diesen Verdienstorden der Italienischen Republik bekam er 1998 für seine Leistungen in der italienischen Lebensmittelindustrie verliehen) quer durch Italien reist und alle erdenklichen Arten von Gerichten probiert – und diese stets mit «Mmh, is-a good-a!» quittiert. Jahrzehnte später folgte die ungemein unterhaltsame Serie «Two Greedy Italians» mit seinem langjährigen Kumpan Gennaro Contaldo.
Letztlich ist es aber stets Carluccios Credo «Mof! Mof!» (Minimum of fuss; maximum of flavour), das einen immer wieder zu seinen Rezepten zurück bringt. Carluccio war nie ein «Zauberer» in der Küche, nie einer dieser selbsternannten «kreativen Köche». Das Rad musste er nicht neu erfinden. Vielmehr konnte er aus den unerschöpflichen diversen regionalen Kochtraditionen Italiens schöpfen und als kulinarischer Ethnologe diese für die Nachwelt zusammentragen.
Stellvertretend dafür hier nun neun meiner Lieblingsrezepte, die ich allesamt von Carluccio lernte:
Insalata di porcini
Ist das überhaupt ein Rezept? Letztlich geht es hier nur darum, die qualitativ besten Steinpilze zu finden und diese mit ein wenig Dressing zu geniessen. Gut so.
- Olivenöl extra vergine
- ein paar Zitronen
- Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
- eine Handvoll fein gehackter Knoblauch-Schnittlauch (oder gewöhnlicher Schnittlauch)
Zucchini e melanzane alla scapece
Als Antipasto oder als Hauptgang-Beilage. Warm oder kalt. Als Sandwich-Einlage oder zu Rühreiern zum Zmorge. Dies ist eines der besten Gemüsegerichte EVER.
- 4 Zucchini, in 5 mm dicke Scheiben geschnitten
- Olivenöl zum Braten
- eine Handvoll Minze, grob geschnitten
- 1 EL Weissweinessig
- 1 Knoblauchzehe, grob gehackt
- Salz
Aus «Antonio Carluccio's Southern Italian Feast».
Lingue di passero con salsa cruda
Cruda – «roh»: Diese Pasta-Sauce aus Eigelb und frischen Kräutern wird nicht gekocht. Dabei sieht die Mischung zuweilen etwas abenteuerlich aus, ist aber dafür umso leckerer.
Wichtig dabei ist, die Eier früh genug aus dem Kühlschrank zu nehmen, damit die Sauce die fertige Pasta nicht abkühlt.
- 2 EL fein gehackter prezzemolo (flachblättrige italienische Petersilie)
- 2 EL fein gehacktes Basilikum
- 4 Eigelb
- 75 g frisch geriebener Parmesan
- 8 EL Olivenöl extra vergine
- Salz
- frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
- etwas frisch geriebene Muskatnuss
Aus «Antonio Carluccio's Passion for Pasta».
Penne rigate con salsiccia
Ich kenne insgesamt vier Rezeptvariationen von pasta con salsiccia, doch diese leichtfüssige Version hier, ohne Tomaten, ist die Beste.
- 1 kleine Zwiebel, geschält und fein gehackt
- 300 g Luganighe
oder ähnliche italienische Würste
- 1 Zweiglein Rosmarin, fein gehackt
- 150 ml trockener Weisswein
- eine Prise frisch geriebene Muskatnuss
- eine Prise gemahlene Nelken
- Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
- 375 g penne rigate
- 75 g frisch geriebener Parmesan
Aus «Antonio Carluccio's Passion for Pasta».
Finocchi gratinati
Ein typisches Beispiel von Carluccio-Küche: eine kleine Handvoll Zutaten, einfachste Zubereitung, Maximum Genuss.
- Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
- 75 g Butter
- 1/2 TL frisch geriebene Muskatnuss
- 4 EL Brotkrümel
- 4 EL frisch geriebener Parmesan
Orecchiette con broccoli e prosciutto
Antonios Abwandlung des traditionellen orecchiette con le cime di rapa aus Puglia. Ich weiss nicht, wie viele hundert Mal ich das schon gekocht habe.
- 50 g Schinken, in Würfeli oder Streifen geschnitten
- 1 Knoblauchzehe, fein gehackt
- 1/2 Peperoncino, fein gehackt
- 6 Cherry-Tomaten, geviertelt
- 200 g Brokkoli-Röschen
- 2 EL Prezzemolo, fein gehackt
- 400 g Orecchiette
- 40 g Pecorino, gerieben
- Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
Aus «Antonio Carluccio's Southern Italian Feast».
Scaloppine al Marsala secco
Wieder so ein Klassiker. Wieder denkbar einfach. Wieder vom Commendatore gelernt.
- etwas Mehl zum Bestäuben
- 4 EL Olivenöl und/oder 50 g Butter
- 1 Glas trockener Marsala
- Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
- etwas feingehackter Prezzemolo
Aus «Antonio Carluccio's Southern Italian Feast».
Peperoni al balsamico
Eines der leckersten – und einfachsten – Gemüserezepte der Welt. Dabei darf man gerne die Zutatenliste erweitern – etwa wie in meinem Bild mit angebratenen Pinienkernen –, doch bereits die Grundrezeptur ist grossartig:
- 3 gelbe Peperoni
- 6 EL Olivenöl
- 2 Knoblauchzehen, grob gehackt
- 2 EL aceto balsamico
- etwas Salz
Aus «Antonio Carluccio's Italian Feast».
Ossobuco al Barolo
Auch hier gilt: Ich habe Ossobuco auf diverseste Arten gekocht. Doch im Zweifel ist dieser Klassiker hier immer noch die beste aller.
- etwas Mehl zum Bestäuben
- 6 EL Olivenöl
- 1 grosse Zwiebel, fein gehackt
- 4 Stangen Sellerie, fein gehackt
- 1 Zweiglein Rosmarin, fein gehackt
- 4 EL trockener Rotwein, vorzugsweise Barolo
- 1 EL trockener Vermouth
- 4 EL Rindsbouillon (oder ein Bouillonwürfel und etwas Wasser)
- Meersalz
- frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
Aus «Antonio Carluccio's Italian Feast».
Nun gilt: Addio Commendatore! Gone but never forgotten!
