Der spektakuläre Unfall vom vergangenen Sonntag an der Axenstrasse hat öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Ein Automobilist durchschlug mit seinem SUV das Geländer, stürzte 45 Meter die Felswand hinunter und versank im tiefen Urnersee.
Dieses Szenario regte die Fantasie der Medienkonsumenten an. Viele stellten sich wohl vor, wie das dramatische Ereignis im Detail abgelaufen ist. Es sind Horrorvorstellungen.
Was mich aber auch bewegte, war die Bemerkung einer Bekannten. Sie tröstete sich mit der Aussage, das Schicksal sei vorbestimmt gewesen, der Unfall habe so sein müssen.
Dieses deterministische Weltbild ist weit verbreitet. Radikale Esoteriker glauben an die Vorbestimmung. Alle Ereignisse sind in ihren Augen in der angeblichen Akasha-Chronik festgehalten, die das ganze Weltgedächtnis enthalten sollen.
Auch viele Christen sind überzeugt, dass Gott die Welt lenkt und einen festen Plan für alle Menschen hat. Viele ängstliche oder hochsensible Menschen trösten sich mit der Vorstellung, dass alles so passiert, wie es Gott oder eine magische Kraft festgelegt hat.
Diese deterministischen Ideen gehören ins Reich des Aberglaubens, der viel Leid in die Welt bringt. Spinnt man nämlich den Gedanken weiter, verstrickt man sich bald in einem Netz von Widersprüchen.
Warum halten Menschen an der Idee von der Vorbestimmung fest? Ich vermute, dass viele Verfechter dieser Weltsicht Angst vor schwerwiegenden Ereignissen haben. Sie trösten sich damit, keinen Einfluss auf das Geschehen zu haben.
Dahinter versteckt sich auch eine grundsätzliche Angst vor dem Leben. Diese fördert eine fatalistische Weltsicht. Es kommt, wie es kommen muss, sind sie überzeugt.
Leute, die an die Vorbestimmung glauben, stehlen sich auch aus der Verantwortung. Ihr Motto: Ich kann ohnehin nichts tun. Sie neigen wohl auch dazu, stets den anderen die Schuld für ihr Leid zu geben.
Viele Gläubige suchen Trost und Halt im Gebet. Gott oder ein höheres Wesen sollen ihn beistehen, sie beschützen, ihnen ein sorgenfreies Leben schenken. Damit ist oft auch ein diffuses Gefühl der Ohnmacht verbunden.
Sicher ist aber, dass diese Menschen Meister im Verdrängen sind. Sie blenden aus, dass das Leben an sich eine endlose Aneinanderreihung von Ungerechtigkeiten sein kann.
Sollten Unfälle und Todesfälle vorbestimmt sein, wäre der Weltenlenker ein grausames Wesen. Und an einen despotischen Gott wollen die Gläubigen sicher nicht glauben. Das würde ihre Ängste weiter befeuern.
Unfälle sind meist das Produkt einer Verkettung unglücklicher Umstände. Also Schicksal, das jede und jeden von uns im nächsten Augenblick treffen kann.
Deshalb ist es besser, der Realität ins Auge zu schauen und Vorsichtsmassnahmen zu ergreifen, die Unfälle verhindern helfen. Dies bedeutet, das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen und es nicht einer göttlichen Instanz anzuvertrauen.