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Wieso liess Gott es zu, dass sein Sohn ans Kreuz genagelt wurde?

Bewohnerinnen und Bewohner aus der Region stellen waehrend der Prozession vom Gruendonnerstag in Mendrisio, am 13. April 2017, als biblische Persoenlichkeiten verkleidet den Leidensweg Christi nach Go ...
Im Zentrum der Ostergeschichte steht die Kreuzigung von Jesus. Bild: keystone
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Wieso liess Gott es zu, dass sein Sohn wie ein Mörder ans Kreuz genagelt wurde?

Ostern sind für viele Christen das wichtigste religiöse Fest des Jahres. Fragen zur martialischen Kreuzigung stellen sie offenbar nicht.
19.04.2025, 08:00
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Für viele Christen sind Ostern die höchsten religiösen Feiertage im Jahr. Sie glauben an die Barmherzigkeit Gottes, der seinen Sohn geopfert hat, um uns von den Sünden zu befreien.

Und Jesus Christus nahm das Kreuz im wahrsten Sinn des Wortes auf sich und starb für uns Menschen. Wobei er Todesqualen erlitt wie alle gekreuzigten Zeitgenossen. Laut Psalm 22 rief er in der Stunde des Todes: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?»

Tod von Jesus am Kreuz

Da stellen sich Fragen: Warum hat Jesus nicht gesagt: «Mein Vater, warum hast du mich verlassen?» Als Sohn Gottes wäre dies die naheliegende Bezeichnung gewesen. Bemerkenswert ist auch, dass Jesus das Gefühl hatte, Gott – oder eben sein Vater – habe ihn verlassen.

Wusste Jesus nicht, was sein Vater mit ihm vorhatte? Hat Gott ihn nicht in seinen Plan eingeweiht? War Jesus als Sohn Gottes nicht ähnlich allwissend wie sein Vater? Konnte er sein Leben nicht vorhersehen?

Der Leidensweg von Jesus wurde oft filmisch dargestellt.Video: YouTube/Werist․Jesus․Net

Es gibt auch ganz grundsätzliche Fragen zum Tod von Jesus am Kreuz. Wir können davon ausgehen, dass die Geschichte von der Kreuzigung von den Gläubigen und Geistlichen nicht als Gleichnis oder Metapher verstanden wird, sondern als wahre Begebenheit.

Deshalb: Wie konnte es Gott ertragen, dass sein Sohn wie ein Mörder ans Kreuz geschlagen wurde und höllische Qualen litt? Galt seine sprichwörtliche Barmherzigkeit seinem Sohn gegenüber nicht? Hätte Gott der allmächtige Schöpfer, der die Erde in sechs Tagen kreierte, nicht andere Wege gefunden, uns Menschen zu erlösen? Weshalb brauchte es diesen martialischen Akt?

Wäre die Ostergeschichte ein Märchen, würden Pädagogen den Warnfinger erheben und sagen: Es ist problematisch, Kindern solche Gewaltszenen zuzumuten.

Betrachten wir die Ostergeschichte aus der Perspektive von Kindern. Was sagen wir ihnen, wenn sie dem Osterhasen die Ohren abbeissen und dann fragen: «Weshalb wurde Jesus ans Kreuz genagelt?»

Wäre die Ostergeschichte ein Märchen, würden Pädagogen den Warnfinger erheben und sagen: Es ist problematisch, Kindern solche Gewaltszenen zuzumuten. Sensible Kinder könnten Ängste entwickeln, im schlimmsten Fall ein Trauma.

Menschen stellen die Kreuzigung von Jesus in einer Freilicht-Theaterauffuehrung nach, fotografiert am Mittwoch, 17. April 2019 in Coldrerio, Kanton Tessin. Die Auffuehrung der biblischen Szene ist ein ...
Die Kreuzigung von Jesus wird oft theatralisch dargestellt.Bild: KEYSTONE

Es stellt sich auch die Frage, ob sich Theologen und Geistliche nicht auch solche Fragen stellen. Blenden sie diese Aspekte der Ostergeschichte einfach aus? Sehen sie keine Ungereimtheiten und – aus psychologischer und theologischer Sicht – Widersprüche? Finden beim Theologiestudium und bei der Ausbildung der Religionswissenschaftler solche Diskussionen nicht statt?

Angst vor den Antworten

Hat es damit zu tun, dass es bei der Ostergeschichte um eine Glaubensfrage geht, die man nicht hinterfragt, weil sie so in der Bibel steht und seit Jahrhunderten auf diese Weise gelehrt wird? Geht es darum, dass man solche Fragen umschifft, damit nicht das ganze Glaubenskonstrukt ins Wanken gerät? Oder glauben Gläubige, dass der Glaube ein Geheimnis ist, das sich dem gesunden Menschenverstand verschliesst, weil Gottes Wege unergründlich sind?

Um das Leben erfolgreich zu meistern, müssen wir laufend Fragen in alle Richtungen stellen, um gute Entscheidungsgrundlagen zu bekommen. Bei vielen Fragen um den religiösen Glauben ist dies offensichtlich nicht der Fall. Es scheint, dass viele Gläubige Angst vor den Antworten haben.

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Hugo Stamm, Sektenblog
Bild: zvg
Hugo Stamm
Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig: Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
Mit seinem Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.

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1428 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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T13
19.04.2025 12:13registriert April 2018
Naja die Bibel ist was sie ist.
Ein Buch welches vor tausenden Jahren geschrieben wurde von Menschen die wenig Verständnis für Naturgesetze hatten und Dinge die sie sich nicht erklären können einer höheren Existenz zuordneten.
Über die Zeit wurden diese Märchen so angepasst das es zur Unterdrückung der Massen durch die Kirchen angewendet werden konnte.
Wenn man heute Beweise für die Existenz von Gott oder Jesus anfragt, kommen z.b. Sätze wie die Biebel beweist deren Existenz.
Aha dann beweist der Herr der Ringe auch die Existenz von Sauron? 🤷‍♂️
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Trude45
19.04.2025 10:05registriert März 2015
Vor allem ist es doch auch einfach krank.

Oh, die Menschen sind schlecht und sündigen, ich müsste eigentlich alle töten!
Lösung: Ich schicke meinen Sohn, den müssen die dann töten.
Als Belohnung für den Mord gibt's die Option Himmel.

Gott der Liebe, hüstel...
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der/die Waldpropaganda
19.04.2025 10:52registriert September 2018
"Wieso liess Gott es zu, dass sein Sohn wie ein Mörder ans Kreuz genagelt wurde?"

Weil es die Fantasy-Story besser macht. Genauso könnte man bei Herr der Ringe fragen - "Wieso liess Illuvatar Melkor, ein Ainur, erschaffen von Illuvatar, zu einem bösen Wesen werden, welcher Sauron zu seinem Schützling hochzog?"
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