Vanessa Willi will einfach nur ein neues WG-Zimmer finden. Seit dem Frühling kommt sie bei einer Bekannten unter, arbeitet abends als Komikerin – und kämpft tagsüber mit Tausenden Mitbewerbern auf dem Berliner Wohnungsmarkt um ein Zimmer.
Doch statt mit Vermietern über Kautionen zu diskutieren, spricht die 25-Jährige viel öfter mit ihnen über Sex. Über «schöne Stunden». Und über Öl-Massagen.
Das Spiel beginnt immer gleich: Auf WG-gesucht oder einer anderen Plattform im Netz findet Vanessa eine Anzeige für ein WG-Zimmer. Die Lage scheint nett, die Wohnung schön – und der Preis sieht auch ganz gut aus.
Also schreibt sie den Vermieter an. Und was kommt dann?
Vanessa sagt, sie habe sich an die Anfragen mittlerweile gewöhnt.
Die Screenshots dieser Sex-Anfragen von Berliner Vermietern, die Vanessa auch auf ihrem Twitter-Account teilt, sind laut Vanessa nur ein Bruchteil von den vielen Sex-Anfragen, die junge Frauen auf Wohnungssuche täglich erreichen. Auch Freundinnen erzählen ihr davon.
Vanessa hat eine Vermutung: «Gerade in Berlin ist der Wohnungsmarkt echt verdammt hart. Es ist fast unmöglich, hier ein gutes Zimmer zu bekommen. Und dann gibt es eben Typen, die die Not von jungen Frauen gnadenlos ausnutzen.»
Die sexuelle Belästigung geht über das Chatten hinaus. Vanessa erinnert sich: «Ich war auch schon bei Wohnungsbesichtigungen, wo die Vermieter anfangs noch wirklich nett waren. Als ich dann in der Wohnung stand, begannen die Anspielungen, die Blicke. Da bin ich sofort abgehauen.»
Mittlerweile geht Vanessa nicht mehr alleine auf Wohnungsbesichtigungen, sie nimmt eine Freundin mit.
Jungen Frauen auf Wohnungssuche rät sie ausserdem, sich die Wohnungsangebote genau anzuschauen: «Wenn das Zimmer in einem Trend-Bezirk liegt, und dann auch noch wahnsinnig günstig ist – dann hat der Vermieter meist etwas anderes im Sinn.»
Vanessa bleibt also weiter auf Wohnungssuche. Bis sie irgendwann auf einen Vermieter trifft, der sich einfach nur eine Mieterin wünscht.