Neulich, beim Feierabend-Bier, ist es uns aufgefallen. Es gibt Songs, die wir früher – also irgendwann zwischen gestern und vor 15 Jahren – beherzt mitgegrölt haben, weil wir sie für harmlose Pop-Schnulzen oder banale Liebeslieder hielten. Dabei lagen wir, so wurde uns klar, aber völlig daneben. Wir verstanden die Songs einfach nur noch nicht.
Tja. Manchmal ist die Unschuld der Jugend im Weg, manchmal vielleicht auch eher das englische Hörverstehen. Wir haben daher mal eine Liste erstellt mit den grössten Missverständnissen unserer Pop-Geschichte:
Einer der unerträglichsten Ohrwurm-Songs ALLER Zeiten. Die Melodie: sehr nervig. Das Video: poppig und pink. Was soll daran missverständlich sein?
Nun, der Text ist viel düsterer, als man denken könnte. Barbie wird als Frau besungen, die man angrabschen und mit der man spielen kann. Es geht um stete Verfügbarkeit, und die Anspielungen auf sexuelle Belästigung lassen den Refrain mittlerweile in der Kehle stecken blieben.
Den Song haben wir oft genug mit gefalteten Händen, theatralisch zur Decke guckend betanzt und dabei heimlich gedacht, dass es doch eigentlich vor allem um Sex geht.
So wird der Song auch in der Anfangsszene von Quentin Tarantinos «Reservoir Dogs» interpretiert. Der Song sei «eine Metapher für grosse Schwänze» oder es gehe um «ein verletzliches Mädchen», heisst es dort.
Weder noch.
So schrieb es Madonna höchstselbst in ein CD-Booklet, das sie Tarantino schenkte. Es ginge vielmehr darum, dass eine besonders tiefe Liebe wie das erste Mal empfunden werde.
Der Boss in Jeans vor einer Amerika-Flagge, hymnische Klänge, krachendes Schlagzeug. Und wir dachten konsequenterweise, der Song sei eine Liebeserklärung an das Land der Tausend Möglichkeiten.
Wir lagen falsch. «Born in the USA» ist keine patriotische Feierei, sondern eine bittere Kritik am Umgang mit Vietnam-Veteranen. Eine Abrechnung mit dem «American Dream».
Diesen Refrain haben wir früher einfach mit «Wenn es keine Frauen gibt, muss kein Mann weinen» übersetzt und ihn so für eine Art romantische Hymne gehalten. Ein Sänger, der den Verlust einer Frau beklagt. Damit lagen wir allerdings völlig falsch.
Denn bei dem zweiten «no» handelt es sich um jamaikanisches Patois, einen Dialekt. Eigentlich ist «nuh» gemeint, was so viel wie «don't», also «Tu das nicht», bedeutet. Die korrekte Übersetzung lautet also: «Nein, Frau. Weine nicht!» Es ist also eigentlich genau umgekehrt: Nicht der Mann weint der Frau hinterher, sondern die Frau soll dem Mann nicht hinterherweinen.
Wer das Lied im Ohr hat, dem läuft es schmalzig den Rücken runter. Sorry für das schräge Bild, aber so fühlt es sich doch an, oder?
Doch in dem Jürgens-Klassiker geht es nicht um laue Sommernächte, sondern um ein trauriges Thema. Die Einsamkeit von griechischen Gastarbeitern in Deutschland.
Das Alanis in dem Song ihren Ex-Freund vor seiner Neuen anbrüllt, das haben wir mitgekriegt. Dafür haben wir sie auch gefeiert. Aber dass es auch um Oralsex im Kino ging, haben wir nicht mitgekriegt. Wir hielten damals noch Knutschen in der letzten Reihe für verrucht. 🤷
Was für'n Liebessong! Dachten wir. Und wedelten ganz gerührt mit Feuerzeugen in den Nachthimmel.
Dabei ist «The One I Love» kein Liebeslied, im Gegenteil:
Aua.
(watson.de)