Nach der Entscheidung für die 48er-WM beschäftigt sich die FIFA offenbar bereits mit neuen Reformen – diesmal sind allerdings die Spielregeln an der Reihe. «Wir müssen den Fussball beobachten und immer prüfen, ob und wie wir ihn verbessern können, um das Spiel ehrlicher, dynamischer, interessanter zu machen», sagt Marco van Basten, der Technische Direktor der FIFA, in einem Interview mit der «Sport Bild». Ihm schwebt so manche Neuerung vor. Mit folgenden acht Ideen möchte der einstige holländische Star-Stürmer den Fussball revolutionieren.
Eishockey ist hier das grosse Vorbild: Van Basten schwebt bei Gleichstand nach 90 Minuten ein Penaltyschiessen mit Anlauf vor: «Jede Mannschaft hat fünf Versuche. Der Schiedsrichter pfeift, dann läuft der Spieler aus 25 Metern auf den Torwart zu. Innerhalb von acht Sekunden muss die Aktion abgeschlossen sein. Der Torwart darf den Strafraum nicht verlassen, wenn er pariert, ist es vorbei.»
Das sei spektakulär für die Zuschauer und interessant für den Spieler. «Beim Penaltyschiessen ist in einer Sekunde für ihn alles vorbei, beim Shootout hat er mehr Möglichkeiten: Er kann dribbeln, schiessen, abwarten, wie der Torwart reagiert.»
Ebenfalls vom Eishockey, aber auch vom Juniorenfussball bekannt. Wer eine entsprechende Regelwidrigkeit begeht, muss für eine bestimmte Zeit vom Feld. «Von einer Gelben Karte für den Gegenspieler hast du als angreifende Mannschaft wenig. Eine Idee ist, die Gelbe Karte durch eine Zeitstrafe von fünf oder zehn Minuten zu ersetzen. Das schreckt ab. Es ist doch schwieriger mit 10 gegen 11, geschweige denn mit 8 oder 9», sagt van Basten dazu.
Die Abseitsregel polarisiert seit ihrer Einführung: Einerseits, weil sie oft zu Fehlentscheidungen führt. Andererseits, weil sie für Laien ziemlich kompliziert ist. Für van Basten könnte man gut auf Abseits verzichten. «Der Fussball ähnelt inzwischen immer mehr dem Handball», erklärt van Basten. «Neun Spieler plus Torwart machen den Strafraum dicht, das ist wie eine Mauer. Ein Durchkommen ist nur sehr schwer möglich.» Ohne Abseits könnten die Stürmer hinter den Verteidigern stehen, die es dann viel schwerer hätten zu verteidigen.
Für van Basten beschweren sich die Spieler viel zu oft beim Schiedsrichter, was nicht nur ärgerlich sei, sondern auch viel zu viel Zeit koste. «Es wäre daher eine gute Idee, wenn wie im Rugby nur der Captain mit dem Referee sprechen dürfte», so van Basten.
Hier ist Basketball das Vorbild. Nach fünf persönlichen Fouls wird ein Spieler automatisch des Feldes verwiesen. Allerdings dürfte er durch einen anderen Spieler ersetzt werden.
Für van Basten ist das Zeitschinden eines der grössten Probleme im Fussball: «Die Zuschauer wollen Action sehen, Tore und Zweikämpfe. Je länger eine Auswechslung, die Ausführung eines Freistosses oder die Behandlung eines verletzten Spielers dauern, desto mehr Spielzeit geht verloren.» Deshalb sollen die letzten 10 Minuten mit effektiver Spielzeit gespielt werden. In jeder Sekunde dieser zehn Minuten muss der Ball rollen. Damit würde allerdings die gesamte Spieldauer deutlich verlängert werden.
Mit mehr als drei Wechselmöglichkeiten könnte die Verletzungsgefahr der Spieler minimiert werden und gäbe einem Trainer mehr taktische Möglichkeiten. Van Basten würde eine solche Neuerung begrüssen. «Wir sprechen über ein oder zwei zusätzliche Einwechslungen in der Verlängerung. Jedoch sollten das Spiel und der Spielfluss nicht darunter leiden und nicht grundlegend verändert werden.»
Für van Basten wird den besten Fussballern zu viel abverlangt, das Jahr mit zusätzlichen Wettbewerben immer mehr aufgebläht. «Wir müssen uns auf die Qualität des Spiels konzentrieren. Wir sollten die Anzahl von 80 Saisonspielen auf einem Niveau, das nicht das Höchste ist, auf 50 Spiele auf Top-Niveau senken», so der Holländer. «Wir müssen den Topstars wie Ronaldo, Messi und Ibrahimovic, die die Fans sehen wollen, helfen, damit sie mental frisch und körperlich fit sind, weil sie weniger Spiele absolvieren müssen.»