Die Bibel wird von Christinnen und Christen als das Heilige Buch verehrt. Ein Buch, in dem sich Gott offenbart. Ein Buch, in der das Evangelium verkündet wird. Ein Buch, das als ethisch-moralischer Kompass für ein gottesfürchtiges Leben dient.
Das ist ein hehrer Anspruch. Wer die Bibel aber unvoreingenommen liest, wundert sich, denn Gott entpuppt sich an vielen Passagen als rachsüchtiger und zorniger Schöpfer. Vor allem im Alten Testament.
Das Theologische Seminar St. Chrischona, das freikirchlich ausgerichtet ist und ein Theologiestudium anbietet, schreibt in einem Artikel: «Ungefähr 1000 Bibelstellen bringen Gott in direkte Verbindung mit brutaler Gewalt. Sein Zorn entbrennt, er bestraft mit Tod und Untergang, rächt sich. (…) An ca. 600 Stellen erzählt die Bibel, wie Völker, Könige oder einzelne Menschen sich grausam an anderen vergehen. (…) Sein Zorn entbrennt, er bestraft mit Tod und Untergang, rächt sich. An über 100 Stellen befiehlt Gott ausdrücklich, menschliches Leben zu vernichten.»
Man staunt über die Gewaltphantasien von Gott und Jesus. Oder von den Autoren der biblischen Schriften.
Vor allem wundert man sich, dass strenggläubige Christen trotzdem glauben, die Bibel sei von Gott inspiriert. Für gewisse Freikirchen besteht sogar kein Zweifel, dass das heilige Buch das Wort Gottes widerspiegelt.
So schreibt der freikirchliche Verband BewegungPlus Schweiz: «Wir vertrauen der Bibel als Wort Gottes: Sie ist massgeblich für unser Leben.» Und die Freien Evangelischen Gemeinden (FEG) «bekennen sich zu der in den Schriften des Alten und Neuen Testaments gegebenen Offenbarung des dreieinigen Gottes». Die evangelischen Christen glauben an die «göttliche Inspiration», wie sie festhalten.
Pflückt man ein paar Zitate aus der «Heiligen Schrift», erscheinen Gott und die Bibel in einem eigenartigen Licht. Sie wirken nicht wirklich göttlich oder heilig.
Im Alten Testament (AT) spricht Gott: «Denn ich, Jahwe, ich, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott. Wer mich verachtet und beiseitestellt, bei dem verfolge ich die Schuld der Väter noch bis zur dritten und vierten Generation.» (2. Mose 20,5)
Und: «Ich werde Raubtiere auf euch loslassen, die werden eure Kinder und euer Vieh fressen und so viele von euch umbringen, dass die Strassen verlassen daliegen.» (3. Mose 26,22)
Bei Deut 22,18 geht es darum, ob eine Frau noch jungfräulich sei: «Wenn der Vorwurf aber zutrifft, wenn sich keine Beweise für die Unberührtheit des Mädchens beibringen lassen, soll man das Mädchen hinausführen und vor die Tür ihres Vaterhauses bringen. Dann sollen die Männer ihrer Stadt sie steinigen, und sie soll sterben.»
Bei Matthäus heisst es im Neuen Testament (NT): «Wie nun das Unkraut aufgesammelt und im Feuer verbrannt wird, so wird es auch am Ende der Welt sein: Der Menschensohn wird seine Engel aussenden und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere verführt und Gottes Gesetz übertreten haben, und werden sie in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt. Dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen.» (Mt 13,40–42)
Verstörend ist auch der Psalm 137. Er geht auf das babylonische Exil der Gottesgläubigen zurück. «An den Strömen von Babel, da sassen wir und weinten, wenn wir an Zion dachten. Tochter Babel, du Zerstörerin! Wohl dem, der dir heimzahlt, was du uns getan hast! Wohl dem, der deine Kinder packt und sie am Felsen zerschmettert!»
Bei Ezechiel 9 steht: «Euer Auge soll kein Mitleid zeigen, gewährt keine Schonung! Alt und Jung, Mädchen, Kinder und Frauen sollt ihr erschlagen und umbringen. Beginnt in meinem Heiligtum! Macht den Tempel unrein, füllt seine Höfe mit Erschlagenen!»
Würde man der Bevölkerung erklären, wie viele brutale Verbrechen Gott und teilweise auch Jesus in der Bibel androhen oder anordnen, wären wohl die meisten Leute und viele Gläubige bass erstaunt. Denn den Pfarrern ist es gelungen, bei den Sonntagspredigten den Sohn Gottes als Erlöser und Gott als barmherzigen «Vater im Himmel» darzustellen.
Zorn und Rachsucht der beiden wurden tunlichst verschwiegen oder schöngeredet. Die Geistlichen verklären die Bibel und das himmlische Personal, um nicht noch mehr Gläubige zu vergraulen.
Deshalb ist es Zeit, auch die dunklen Seiten der christlichen Glaubenslehre ans Tageslicht zu fördern. So wie es in jüngster Zeit bei den jahrzehntelangen erfolgreichen Vertuschungen der sexuellen Übergriffe der Fall war.