Nun beginnt auf der politischen Weltbühne die schlimmste Zeit des Jahres: der Machtkampf Biden gegen Trump. Ein Battle, das lang dauert. Quälend lang. Bis zum November. Dann wissen wir, ob die Welt, die ja heute schon aus den Fugen geraten ist, endgültig zum Tollhaus wird.
In dieser Zeit rücken die christlichen Fundamentalisten aus den Tausenden Freikirchen in den Brennpunkt des politischen Interessens. Denn rund 30 Prozent der Amerikaner zählen sich zu den Evangelikalen. Diese bekommen von den rechtskonservativen Katholiken Unterstützung.
Die Mehrheit der Gottesfürchtigen schlägt sich erfahrungsgemäss auf die Seite des begnadeten Sünders Donald Trump, der Frauen als Freiwild betrachtet und dem mehr als 10'000 Lügen nachgewiesen werden konnten. Und der sich plötzlich als von Gott gesandter Heilsbringer gebärdet.
Dieses Etikett schreit förmlich zum Himmel, was eigentlich auch die christlichen Fundis realisieren müssten. Denn von christlicher Demut, Nächstenliebe und Barmherzigkeit ist bei ihm nichts zu spüren.
Statt die andere Wange hinzuhalten, nennt er seine politischen Gegner Ungeziefer. Selbst Parteikollegen, die kritische Fragen stellen, macht er zur Schnecke. Mehr Egozentrik geht nicht.
Dieses narzisstische, menschenverachtende Gebaren ihres Idols kümmert die Evangelikalen nicht. Lieber bemühen sie die Geschichte von Saulus, der nach seinem Erweckungserlebnis zum Paulus mutierte. Und der dafür sorgte, dass die kleinen urchristlichen Gemeinden nicht als Sekten einen kurzen Auftritt in der Weltgeschichte hatten, sondern sich zur grössten Kirche aufschwingen konnten.
Dabei übersehen die heutigen Evangelikalen, dass Trump bestenfalls ein Wahlkampf-Christ ist, der sich aus taktischen Gründen einen Heiligenschein über seine voluminöse Frisur stülpt. Es ist ihnen auch egal, dass Trump nach der Wahlniederlage den Mob aufgefordert hat, das Capitol zu stürmen, um die Einsetzung von Biden zu verhindern.
Trump steckte die christlichen Fundis beim Wahlkampf vor acht Jahren mit drei taktischen Kniffs in seine Tasche. Er schlüpfte in die Rolle des frommen Christen, outete sich als beinharter Abtreibungsgegner und verlegte in seiner Amtszeit die amerikanische Botschaft von Tel Aviv in die heilige Stadt Jerusalem, in der sich die Heilsgeschichte vollenden soll.
Seine wundersamen Wandlungen kosteten ihn so gut wie nichts, brachten ihm aber die nötigen Stimmen, um über Hillary Clinton zu triumphieren. Ganz abgesehen davon, dass es dem Narzissten schmeichelte, von den christlichen Hardlinern als Nachfolger von Jesus verehrt zu werden.
Was vor acht Jahren funktionierte, soll sich nun wiederholen. Die frommen Christen müssen es wieder richten. Diese unheilige Allianz könnte dieses Mal weit gravierendere Folgen haben, denn Trump hat heute eine klare Agenda, auf die seine Vasallen akribisch hinarbeiten: die Abschaffung der Demokratie.
Er macht kein Geheimnis daraus, und die hart gesottenen Evangelikalen freut's – träumen sie doch schon lang von einem Gottesstaat, in dem die religiösen Ideen und Ziele über der Verfassung stehen.
Auf seiner politischen Mission hat Trump bereits die republikanische Partei handstreichartig übernommen. Seine parteiinternen Kritiker Liz Cheney und Mitt Romney konnte er schon abservieren.
Kürzlich erwischte es auch Ronna McDaniel, die Vorsitzende des einflussreichen Parteiarms Republican National Committee. Zum Verhängnis wurde ihr unter anderem der Umstand, dass sie die Nichte von Mitt Romney ist. An ihrer Stelle wurde der Trump-Fan Michael Whatley installiert, als Vice inthronisierte Trump seine Schwiegertochter Lara.
Auch bei der Wahl des Speakers im Repräsentantenhaus gelang es Trump und seinen Helfershelfern, den treuen Begleiter Mike Johnson auf den Schild zu heben. Mit diesem Schachzug holte er viele fromme Christen ins Boot, ist Johnson doch ein strammer Evangelikaler. Er bezeichnete die Abtreibungen als «amerikanischen Holocaust».
Trump hat auch schon verraten, wie er seine Macht als neuer alter Präsident untermauern und Amerika umbauen will: Indem er die Ämter säubert und seine treuen Adlaten als Chefbeamte einsetzt. Unter ihnen werden mit Sicherheit fromme Christen sein.
Der Einfluss von Trump und seinen christlichen Lakaien geht so weit, dass sich die evangelikalen Leader nicht mehr scheuen, die Idee vom Gottesstaat und dem christlichen Nationalismus öffentlich zu proklamieren.
Der rechtsradikale Hardliner Jack Posobiec sagte beispielsweise an der Konferenz der Conservative Political Action Conference: «Wir müssen die Demokratie begraben und zu Ende führen, was am 6. Januar 2021 begonnen hat. Aller Ruhm gebührt nicht der Regierung, aller Ruhm gebührt Gott.»
Bezeichnend für die von Trump geprägte radikale Atmosphäre ist der landesweite Kampf der frommen Christen gegen die Abtreibung. Mit dem Rückenwind des Präsidentschaftskandidaten starten sie neue Aktionen.
So hat Tom Parker, der oberste Richter des Bundesstaates Alabama, entschieden, dass befruchtete menschliche Eizellen als «Personen» gelten. Wer diese vernichte, könne juristisch verfolgt werden.
Der Hintergrund: Bei der In-Vitro-Fertilisation entstehen überzählige Zellen, die nun nicht mehr entsorgt werden dürfen. Parker fügte bei seiner Begründung Bibelzitate an, wonach menschliche Wesen Ehrfurcht vor Gott haben müssen, der uns nach seinem Ebenbild geschaffen habe.
Die amerikanischen Fundamentalisten, die einen Gottesstaat anstreben, verraten die Ideale ihrer Ahnen. Diese waren aus Europa geflüchtet, weil sie wegen ihres Glaubens verfolgt worden waren.
Um als Minderheit besser geschützt zu sein, kämpften sie erfolgreich für die Religionsfreiheit. Nun sind sie dank Trump zu einem politischen Machtfaktor geworden und wollen ihre einstigen Errungenschaften auf der Abfallhalde der Geschichte entsorgen.
Wenn Trump und die Evangelikalen Hand in Hand in den Wahlkampf steigen, wird es zappenduster. Die Kommunisten Putin und Xi Jinping reiben sich bereits erwartungsfroh die Hände und überschwemmen die USA mit Fake News. Sollte der «Christ» Trump gewinnen, gehen in der halben Welt die Lichter aus.