Die Sehnsucht der Action-Fans nach einem würdigen Erben des Klassikers «Dark Messiah of Might and Magic» ist gross, denn die besten Magie-Shooter erschienen vor inzwischen mehr als 15 Jahren. «Immortals of Aveum» will diese Lücke schliessen und kombiniert seine spektakuläre Zauber-Action mit Tugenden der überaus erfolgreichen «Call of Duty»-Reihe. Bislang konnte man über die Qualität von «Immortals of Aveum» nur spekulieren. Nun konnten wir das rein auf Solospieler zugeschnittene Debütwerk der kalifornischen Ascendant Studios mehrere Stunden im Hauptquartier von Publisher EA anspielen.
übernehmt ihr den Part von Waisenkind Jak, der inmitten der Wirren des sogenannten Everwar aufwächst. Nach dem Tod seiner Eltern wird er in die Reihen der Unsterblichen aufgenommen, einer Gilde mächtiger Kampfmagier, die dem Krieg ein Ende bereiten wollen – und Oberfiesling Sandrakk, der auch für den Tod von Jaks Eltern verantwortlich ist. Gekämpft wird im Science-Fantasy-Spiel weder mit Schwert noch mit fetten Wummen, sondern ausnahmslos mit Magie. Die unterscheidet sich aber primär visuell und weniger spielerisch von einem gewöhnlichen First-Person-Shooter. Denn die roten, blauen und grünen Zaubersprüche, die wir aus Jaks rechtem Arm schiessen, sehen zwar anders aus, fühlen sich aber letztlich sehr ähnlich an wie Schrotflinten (rot), Repertiergewehre (blau) oder eher für mittlere Distanzen geeignete MGs (grün). Ihr müsst die unterschiedlichen Magieformen, die rote Close-Quarters-Magie umfasst etwa auch Varianten die an Flammenwerfer erinnern, sogar nachladen, so wie ihr es auch in einem klassischen Militärshooter tun müsst.
Auch sonst sind die Parallelen zu «Call of Duty» kaum zu übersehen. Die Entwickler um Creative Director Bret Robbins, der zuvor unter anderem bei «CoD»-Macher Sledgehammer Games in verantwortlichen Positionen mitwirkte, legen also viel Wert auf eine präzise Steuerung, ein gefälliges Movement oder auch konstante 60 Frames, um eine hohe Spielbarkeit zu gewährleisten. Ähnlich wie in manchem «CoD»-Ableger geht das aber auch auf Kosten der Präsentation. Schlecht sieht «Immortals of Aveum» besonders mit Blick auf die Zaubereffekte gewiss nicht aus, aber bisweilen stilistisch nach Fantasy-Einheitsbrei. Wüssten wir nicht, dass mit der Unreal 5.1 die Next-Gen-Engine von Epic Games zum Einsatz kommt, angesehen hätten das dem Spiel an vielen Ecken nicht unbedingt.
Trotz der Ähnlichkeiten ist «Immortals of Aveum» mehr als ein «Call of Duty» im Science-Fantasy-Setting. Das Spieltempo ist deutlich höher, wobei insbesondere die oft in Massen angreifenden Gegner die Kämpfe mitunter hektischer machen, als sie sein müssten. Gerade bei Feinden, die sich in den oft arenaartigen Schlachten innerhalb von Sekunden mehrfach von einer Ecke in die andere teleportieren, sorgen zwar für Vielfalt, können aber auch nerven. Es gibt neben den grundlegenden magischen Skills aber weitere Mittel, die auch gegen diese und andere Feindtypen helfen. Die meisten kleineren Gegner zieht ihr etwa mit einer magischen Peitsche auch aus grösserer Entfernung zu euch heran und gebt ihnen etwa mit der roten Magie den Rest. Zum Eigenschutz aktiviert ihr einen magischen Schild oder verlangsamt einzelne Ziele, um sie besser attackieren zu können. Hinzu kommen mächtige Spezialzauber, mit denen ihr einen Felswall aus dem Boden schiessen lasst oder auf kurze Distanz eine mächtige Explosion auslöst. Diese Specials oder auch die auf der linken Hand liegenden Skills wie den Schild erhaltet ihr offenbar recht linear im Spielverlauf. Die normalen Angriffsfähigkeiten könnt ihr aber auch teils selbst durch Crafting an Schmieden verbessern oder sogar neue Varianten freischalten. Etwas übertrieben für eine Solospiel wirkt das Angebot an Items wie Ringen, Amuletten, die in Seltenheitskategorien eingeteilt sind. In einem «Division» passt das, in einem Spiel, das nach der rund 25-stündigen Kampagne vorbei ist, hingegen weniger
Den bisherigen Eindrücken nach, verläuft «Immortals of Aveum» ziemlich linear. Es gibt zwar immer wieder optionale Aufgaben, etwa Höhlen am Rande oder nicht auf direktem Weg erreichbare Beutetruhen, die zusätzliches Gold oder bessere Ausrüstung bringen. Ansonsten hatten bis bislang kaum eine Möglichkeit, vom zentralen Pfad abzuweichen. Grössere Zusatzbereiche gibt es aber sehr wohl auch, wo euch dann unter anderem zusätzlichen Schlachten und Bosse erwarten oder ihr sogar weitere Zaubersprüche auflest, die euch ansonsten verwehrt bleiben. Just diese Bereiche konnten wir allerdings noch nicht betreten, da Jak noch ein bestimmter Skill fehlte, um den Durchgang zu öffnen. Dahinter könnte aber auch Prinzip stecken, was auch die in den überwiegend schlauchig aufgebauten Levels platzierten, bei uns inaktiven Schnellreiseportale andeuten.
Wie viel Mehrwert diese Zusatzgebiete bieten und wie entscheidend sie für den Erfolg in der Kampagne sind, bleibt also abzuwarten. Spektakuläre Schlachten gibt es aber auch so. Unter anderem mussten wir uns einem waschechten Drachen entgegenstellen, der uns teils nah am Boden, manchmal im Vorbeiflug attackiert. Vielen seiner Angriffe entgehen wir, indem wir per Doppelsprung seine roten magischen Kugeln überspringen oder bedingt präzise per Dash einem Sturmangriff ausweichen. Visuell und akustisch beeindruckend ist dieser Kampf in jedem Fall, spielerisch ist dieser wohl früh im Spiel stattfindende Kampf allerdings eher primitiv geraten. Richtig schlimm wird es allerdings erst ganz am Schluss. Dort treten wir einem Felsgolem auf einem kleinen Kampffeld entgegen. Immer wieder teilt er Schwinger mit seinen massiven Steinpranken aus, unter denen wir regelrecht begraben werden. Wir stehen dann also wirklich mitten in seinen Armen und werden dabei unrealistisch durch die Gegend geschubst. Eindruck macht der Gigant schon, aber der Kampf ist so peinlich schlecht designt, dass man nur hoffen kann, dass er eine Ausnahme bildet. Denn wenn das auch nur halbwegs der Standard ist, dann würde «Immortals of Aveum» mehr als nur ein paar Punkte in der B-Note kassieren.
Man könnte «Immortals of Aveum» leicht als Magie-Shooter mit massiven «Call of Duty»-Vibes beschreiben. Denn trotz aller Besonderheiten fühlt sich das Spiel der Ascendant Studios oft wie ein «CoD» mit Magie an. Das ist an sich nicht schlecht und macht insbesondere in den normalen Kämpfen Spass. Aber gerade der hochnotpeinliche Bosskampf zum Ende der Demo bietet ordentlich Raum für Skepsis. Nein, «Immortals of Aveum» wird kein schlechtes Spiel, aber ob der Magie-Shooter über ein solides Mittelmass hinaus geht, ist auch nach dem mehrstündigen Hands-on noch nicht gesichert.